Corona Kritiker / V-Leute bei Demos?

Seit diesem Jahr höre ich Woche für Woche die LdN-Folgen und bin sehr zufrieden. Ich finde euch sympathisch, die Informationen sind gut aufbereitet, werden differenziert diskutiert und nachvollziehbar dargestellt. Und vor allem entsprechen eure politischen/moralischen Ansischten und Denkweisen den meinen.

Aktuell singe ich in einer Band und es stellte sich heraus, dass zwei der Bandmitglieder Corona-Kritiker sind und einer von Ihnen auch regelmäßig auf Demonstrationen unterwegs ist. Von Ihnen wurde kritisiert, dass sie sich in ihrem Umfeld kaum differenziert über die Themen unterhalten könnten, sondern gleich abgeblockt würden. Wortlaut des einen: „Früher konnte man am Stammtisch über Atomkraft etc. diskutieren, jetzt ginge das nicht mehr“. Die beiden verleugnen Corona nicht; sehen aber die Maßnahmen und die Art der Berichtserstattung in den Medien kritisch. Ich fand es tatsächlich ganz interessant ins Gespräch zu gehen und mir einmal andere Meinungen anzuhören. Dabei wurde mir dann erst bewusst, dass aktuell Corona-KritikerInnen sehr häufig über einen Kamm geschert und als eine homogene Gruppe stigmaitisert werden. Ich habe mich dann gefragt,ob so ein „sich überhaupt gar nicht auf ein Gespräch einlassen“ und Abwehrhaltung nicht zum Gegenteil des Gewünschten führt - nämlich dass sich diese Menschen immer ausgeschlossener fühlen und sich erst recht mehr unter Ihrergleichen aufhalten und sich dadurch ihre Meinungen und Ansichten noch verstärken und die Gefahr besteht einen Teil der Gesellschaft auszugrenzen. Daher plädiere ich hier für etwas mehr Offenheit und Obacht und weniger Verallgemeinerung und Pauschalisierung. Und dies sage ich, obwohl ich selbst die Maßnamen durchaus als vernünftig und nachvollziehbar erachte.

Nun komme ich zu einem weiteren Thema: Das Bandglied, dass auch auf den Demonstrationen unterwegs ist erzählte von einer Webseite (wo ich leider die Quelle nicht weiß), auf der ehemalige PolizistInnn erzählen würden, dass es V-Leute unter den DemomonstrantInnen gäbe, die Demos in eine bestimmte Richtung lenken würden. (z. B. für Unruhe sorgen oder im Falle des Sturms auf den Bundestag diesen angezettelt hätten). Hier wurde ich hellhörig und habe mich gefragt, ob hier doch etwas dran sein könnte oder dies völliger Quatsch ist. Hat hierzu vielleicht schon einmal jemand etwas gehört?

Es gab in Telegram (und gibt es bestimmt immer noch) eine öffentliche Gruppe mit entsprechenden Namen. Von der Bühne der Demonstration vor dem Reichstag hat eine heilpraktizierende Rechtsextreme zu der Aktion aufgerufen (die Videos sind öffentlich auf Youtube, ich verlinke aber keine Rechtsextremen).

Sprich - wie immer - fabrizieren die angeblichen „Querdenker“ ihre eigene Wirklichkeit. Das hat Methode. Man kann ähnlich wie bei Trump diesen Menschen nichts glauben, weil das meiste auf eigenen erfundenen Geschichten basiert. Die Reichsfahnen bei der Demo? „Ja, die wurden verteilt, ich trag die nur. … Ist die verboten?“ Wissendes Grinsen, das eben die spezifische Fahne es nicht ist.

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Es kommt schwer drauf an, was „kritisch sehen“ hier bedeutet.

  • Kritisieren sie die Priorisierung von Wirtschaftszweigen untereinander?
    Das kann man täglich in jedem Medium im Liveticker nachlesen. Das fordern Vorsitzende von Interessenvertretung XY regelmäßig die Öffnung des eigenen Zweiges ab in zwei Wochen, weil bis dahin ja alles nicht so schlimm ist und überhaupt die Arbeitsplätze. Und es gibt genug Politiker aus etablierten Parteien, die da gerne mitmachen.
    Solche Statements dienen dazu, die (öffentliche) Meinung über die Abwägung von Interessen gegeneinander zu beeinflussen.

  • Oder kritisieren sie eher die Maßnahmen im Allgemeinen und die Berichterstattung, die diese Maßnahmen nicht als fiese Unterdrückung einordnet?
    Der Übergang ist fließend, weil die Bewertung der Corona-Gefahr und die Angemessenheit von Maßnahmen natürlich direkt zusammenhängen. Da lässt man sich schnell mal dazu hinreißen, die Gefahr herunterzustufen (Stichwort: normale Grippe), um den eigenen Standpunkt halten zu können.

Ein Bandmitglied (1) erzählt von einer Webseite (2), auf der PolistInnen erzählen (3), es gäbe V-Leute (4). Das ist doch etwas viel Hörensagen, findest du nicht? Vor allem, wenn wir die Webseite nicht kennen und die PolizistInnen nicht überprüfbar sind. Und selbst dann hat sich ja gezeigt, dass man PolizistInnen auch nicht alles glauben sollte.

Sorry, aber wer sich zum Sturm auf den Bundestag „anzetteln“ lässt, stürmt den Bundestag.
Ob das jetzt V-Leute, andere Teilnehmer oder man selbst angezettelt hat, ist für mich in der Bewertung irrelevant. Jeder Teilnehmer dieses „Sturms“ hatte die Möglichkeit, einfach auf der Wiese stehen zu bleiben; oder einfach wegzugehen.

Unabhängig von meinem Letzten Punkt stimme ich Dir zu: Man muss fein differenzieren zwischen

  • Rechtsextremen,
  • Verschwörungserzählern,
  • Impfgegnern
  • Menschen, die sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft machen
  • Menschen, die sich Sorgen um seine Freiheitsrechte machen.

Aber eines haben sie alle gemein: Wer mit Nazis in einer Demo läuft und dabei keinerlei Anstalten macht, sich von denen abzugrenzen, hat seinen Anspruch auf eine differenzierte Bewertung verloren.

Und noch etwas haben sie gemein: Wer sein eigens Wohl über das der Gemeinschaft stellt - und das gilt für die letzten drei Gruppen - ist schlicht und einfach … ein Egoist.

„ … erzählte von einer Webseite (wo ich leider die Quelle nicht weiß), auf der …“

Echt jetzt? Bis zu diesem Satz hatte ich Deinen Beitrag mit Interesse gelesen. Aber das jetzt? „Im Internet“ findest Du Belege für alles, was Du suchst. D.h., noch wichtiger als der Inhalt ist die Quelle. Wenn Du die nicht kennst, ist der Inhalt nichts wert.

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Also ich würde auch davon ausgehen, dass V-Leute geheim halten, dass sie V-Leute sind. Sobald das irgendwo online steht oder allgemein bekannt ist, macht das ja keinen Sinn mehr. Ich halte es also für sehr unrealistisch, dass V-Leute sich als solche outen.

Was das Lenken von Demos in eine bestimmte Richtung betrifft halte ich das auch für unrealistisch. Die Aufgabe von V-Leuten ist ja, dass sie aus geschlossenen Kreisen nicht-öffentliche Informationen an Behörden weiter geben, sich ansonsten aber als ganz normales Mitglied in dem Kreis verhalten. Eine Einflussnahme durch die Behörden wäre zumindest illegal. Die Frage ist dann wieder, wie sollte sowas an die Öffentlichkeit kommen? Wer der Beteiligten sollte ein Interesse haben, dieses Vorgehen öffentlich zu machen?

Nun komme ich zu einem weiteren Thema: Das Bandglied, dass auch auf den Demonstrationen unterwegs ist erzählte von einer Webseite (wo ich leider die Quelle nicht weiß), auf der ehemalige PolizistInnn erzählen würden, dass es V-Leute unter den DemomonstrantInnen gäbe, die Demos in eine bestimmte Richtung lenken würden. (z. B. für Unruhe sorgen oder im Falle des Sturms auf den Bundestag diesen angezettelt hätten).

sowas nennt man afaik nicht v-leute sondern Agent Provocateur

Vielen Dank, dass sich bereits einige Menschen hier an der Diskussion beteiligt haben.
Da ja mehrfach kritisiert wurde, dass die Quellen nicht bekannt sind für diese eher fragwürdige V-Leute Behauptung habe ich jetzt bei dem entsprechenden Bandmitglied einmal nachgefragt.
Mir wurde www.kritische-polizisten.de und ein Interview des Bundessprechers dieses Vereins Bundessprecher der kritischen Polizisten äußert sich zu Polizeieinsatz in Berlin und Leipzig - YouTube
Nach erstem Anschauen scheint mir das doch recht einseitig geschildert zu sein und wenig differenziert.

Ich würde dir dahingehend zustimmen, dass die gesamte „Bewegung Querdenken“ medial sehr über einen Kamm geschert wird. Allerdings tut sie auch viel dafür, indem Menschen Reden halten und Aussagen tätigen, die den Boden sachlicher Kritik oft zu Beginn bereits verlassen (siehe Jana aus Kassel o.a.) oder auf absolut unseriöse Quellen stützen, was sicherlich der Hauptgrund ist, weshalb die Bewegung in der breiten Öffentlichkeit mindestens nicht für voll und oftmals auch belächelt wird.
Die Betonung liegt dabei auf medial. Nahezu jede Bewegung wird in den (Sozialen-) Medien über einen Kamm geschert und die Interessen homogen dargestellt, wahrscheinlich weil es einfacher ist und die RezipientInnen nicht so sehr überfordert. Wenn man hingegen (politik-) wissenschaftliche Artikel über verschiedene Bewegungen liest, findet man oftmals differenziertere Betrachtungsweisen. Auch, weil dann Hintergrundstudien über das Motiv der Teilnahme geführt wurden.

Dass man heute nicht mehr über kontroverse Positionen streiten könne „wie früher“, sehe ich jedoch keineswegs so. Vielmehr kommt mir das wie eine larmoyante Opferrolle vor, weil die eigenen Aussagen in einer sprachsensibleren Welt schneller in Zweifel gezogen oder kritisiert werden. Dabei kommt es nämlich ganz darauf an, in welchem Kreis man seine Aussagen tätigt. Wenn man über Atomkraft in den Spalten des Cicero, auf einer Vattenfall-Betriebsversammlung o.ä. diskutiert, so wird man dort eher Zustimmung als Ablehnung erfahren. Mache ich das bei einem Greenpeace-Ortsgruppentreffen natürlich umgekehrt. Das betrifft alle möglichen Themen.

Ich finde es btw. gut, dass du dich auf ein Gespräch eingelassen hast. Denn ich glaube im Dialog ist es sehr wohl wichtig, seinen eigenen Standpunkt klarzumachen und sich die Argumente der Gegenseite anzuhören. Im Dialog wohlgemerkt, das heißt nicht, dass jedeR „QuerdenkerIn“ (oder Ballweg, oder Schiffmann, oder Bhakdi…) das Recht hat, bei Anne Will eingeladen zu werden; das halte ich vielmehr für gefährlich.