Corona-Immunitätsnachweis

Moin.

In den letzten Tagen und Wochen höre ich - auch in diesem Podcast - vermehrt den Gedanken, ob ein Immunitätsnachweis o.ä. nicht vllt doch ganz praktisch wäre. So könnte man für geimpfte diverse Privilegien wie z.B. die Teilnahme an Flügen, live Events etc. einräumen.
Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, würde die Teilnahme am öffentlichen Leben eingeschränkt und somit sollten diese eine geringere Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.
Klingt auf den ersten Blick gar nicht so schlecht, aber…

Neben den Schwurblern, die sich nicht impfen lassen möchten und eine echte Gefahr für die Gesellschaft sind, gibt es auch Menschen die sich nicht impfen lassen dürfen.
Für diese gesundheitlich eingeschränkten Menschen würden Privilegien, die von einem Immunitätsstatus abhängen, eine Diskriminierung bedeuten und ein Ausschluss von Teilen des öffentlichen Lebens.
So wäre es auch vorstellbar, dass sich einige Menschen dadurch genötigt sehen, ihre persönliche Krankengeschichte gegenüber ihrem Arbeitgeber zu offenbaren, da sie entsprechende Impfangebote aus gesundheitlichen Gründen ablehnen müssen. Normalerweise sind Arbeitnehmer aus gutem Grund nicht dazu verpflichtet, ihre Erkrankungen detailliert anzugeben.

Nicht umsonst reden wir von einem „Herdenschutz“. Das Prinzip besagt, dass auch die Schwachen von der Immunisierung der Herde geschützt werden.
Wir sollten uns versuchen zusammen zu reißen und die überschaubare Zeit, bis der Herdenschutz besteht, durchzuhalten ohne einen Teil der Gesellschaft einer lebenslangen Diskriminierung auszusetzen.

Schöne Grüße

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Hallo @StbX , willkommen im Forum!

Ich habe es an anderer Stelle schon mal geschrieben: Ich halte die Wortwahl für falsch, und nicht nur wegen des Vokabulars sondern auch wegen der rechtlichen Implikationen: Denn es sollen ja nicht Privilegien an Menschen verteilt werden, sondern man hat den Menschen Rechte genommen (was gute Gründe hatte). Diese Rechte sollen sie wieder erhalten, wenn diese Gründe für die Einschränkungen entfallen.
Ich sehe allerdings schon, dass die Benachteiligung von jemandem, der/die nichts dafür kann, ein Problem darstellt. Aber dürfen wir Handicaps für Alle einführen (oder beibehalten), damit nicht eine Gruppe benachteiligt wird?

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Eine ausführliche Auseinandersetzung des deutschen Ethikrates mit dem Thema findest Du in deren Stellungnahme: https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-immunitaetsbescheinigungen.pdf

Soweit ich das sehe, hat der Ausweis wie Du ihn beschreibst (Freifahrtsschein für Freizeitaktivitäten) zumindest im Rat keine großen Aussichten.

Kurz zusammengefasst lautet die Stellungnahme des Ethikrates folgendermaßen:
Da wir noch nicht genug zur Immunität wissen und manche Tests keine sicheren Ergebnisse liefern, rät er einstimmig derzeit vom Einsatz von Immunitätsausweisen ab.

Was aber wäre, wenn die Immunität sich sicher belegen ließe? Hierzu ist der Rat gespalten.

Gruppe A wollen Immunitätsbescheinigungen anlass- und bereichsbezogen für vulnerable Gruppen wie Bewohnerinnen von Altenheimen oder Berufsgruppen in besonders risikoreicher Umgebung (bspw. Pflegerinnen, aber auch Polizei oder Feuerwehr). Die Ausweise können aber auch zu besonders risikoreichen Aufgaben im Interesse des Gemeinwohls verpflichten.

Gruppe B lehnt die Bescheinigung prinzipiell ab. Gründe sind die „Gefahr einer Verstärkung bestehender Benachteiligungen und Risikodispositionen“ und die einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“. Der einzige Bereich, bei eine „individuelle Rückgewähr von Freiheit“ sinnvoll wäre, sei zugunsten besonders vulnerabler Gruppen im Bereich der Alten- oder Behindertenhilfe. Nahestehende Personen sollten von bestimmten Auflagen befreit werden, da die Menschen in diesen Einrichtungen besonders leiden. Dafür wäre allerdings kein Immunitätsausweis nötig. Eine Bescheinigung eines Arztes würde reichen.
Weitere praktische Gründe: Es sei „illusorisch anzunehmen, dass der Einsatz von Immunitätsbescheinigungen einen relevanten Effekt auf die Erholung der Wirtschaft oder die Versorgungslage im Sozial- oder Gesundheitswesen hätte“. Außerdem könnten sich Personen mutwillig Risiken aussetzen, um einen solchen Ausweis zu bekommen.

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Auch eine Andersbehandlung kann verhältnismäßig sein. Vorausgesetzt, eine Impfung verhindert auch die Übertragung der Krankheit, finde ich es durchaus gerechtfertigt, hier Unterschiede zu machen. Wenn ich selber nicht mehr krank werden kann und auch andere nicht anstecken kann, wie sollte dann eine Einschränkung meiner Grundrechte zu rechtfertigen sein? Meine Rechte hören doch nur dort auf, wo die anderer verletzte werden. Ich bin als Geimpfter dann keine potentielle Gefahr mehr für andere. Ungeimpfte hingegen schon, unabhängig davon, ob es deren Entscheidung ist. Ich fände es daher legitim, wenn Kinos, Theater, Wirtshäuser etc. ab morgen wieder für Geimpfte öffnen dürften, weil dort dann keiner mehr einem potentiell tödlichen Krankheitsverlauf ausgesetzt ist. Immerhin wird es vermutlich noch bis Ende des Sommers dauern, bis die meisten geimpft sind. Wir können doch auch den Leuten, die gerade keinerlei Einkommen haben, um uns alle zu schützen, nicht zumuten, diesen Zustand noch monatelang auszuhalten, bis der Zustand des Herdenschutzes erreicht wurde.

Das der Impfstatus abgefragt wird, ist doch schon jetzt in einigen Berufen so. Meine Mutter arbeitet in der Pflege und sie muss auch nachweisen, gewisse Impfungen erhalten zu haben.

Selbst wenn ein rechtlicher Anspruch des Arbeitgebers bestünde, als ArbeitnehmerIN eine Corona-Impfung nachweisen zu müssen, dies aber aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, sollte doch ein Wisch vom Arzt/Ärztin ausreichen, dass eine Impfung nicht möglich ist. Die konkreten Gründe gehen den Arbeitgeber dann immer noch nichts an.

Die meisten ArbeitgeberInnen dürften sowieso keinen rechtlichen Anspruch darauf haben, den Impfstatus einer nach wie vor freiwilligen Impfung zu erfragen. Insofern sehe ich da nicht die Gefahr, einer dauerhaften arbeitsrechtlichen Diskriminierung.