Corona - Global denken und handeln / Protektionismus schadet

Hallo Philip , hallo Ulf,

ich komme aktuell (leider) nicht ganz hinterher Eurem Podcast gänzlich zu folgen; aber kann es sein, dass ihr ein Sub-Thema rund um Corona bisher ausgelassen habt?

Wenn ich es richtig sehe, habt ihr zwar schon mehrmals die Europäische Dimension der Impfstoffherstellung, -beschaffung und -verteilung beleuchte; die weltweite Dimension aber bisher weitgehend außen vor gelassen.

Geht es so weiter wie bisher, ist die westliche Welt durchgeimpft und im Süden sterben weiterhin die Menschen und es können weiterhin Mutationen entstehen, da für die ärmeren Regionen keine Impfstoffe da sind oder auch einfach das Geld fehlt welchen zu kaufen.

Wenn ich es richtig verstanden habe, kommt es jetzt erst zu einer länderübergreifenden Diskussion, wie und ob Lizenzen zur Produktion z.B. in Indien oder Südafrika - die wohl grundsätzlich Infrastruktur zur Herstellung vorweisen können - vergeben werden. Die Pharmaindustrie sperrt sich aber weitgehend (so mein Kenntnisstand), will augenscheinlich die Gewinnmargen maximieren und nicht die Eindemmungsrate der Pandemie - trotz der vielen Milliarden öffentlicher Gelder, die in die Forschung und Entwicklung der Impfstoffe geflossen sind.

Wobei mir unverständlich ist, warum jetzt erst diskutiert wird / evtl erfährt man es auch jetzt erst (vereinzelt).
Hier wäre es doch nötig gewesen, rechtzeitig (letzten Sommer) und weltumspannend eine Strategie / Gelder / Ressourcen zu erarbeiten und aufzubauen, dass sobald die ersten Impfstoffe verfügbar sind, die Produktion und Verteilung mit ganz anderen Zahlen als heute angeschoben werden kann.

Wer versagt / wer sperrt sich hier?
Welchen Informationsstand habt ihr dazu?

Schöne Grüße
Fritz

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Bitte unbedingt behandeln, das ist wirklich ein Thema das in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommt…

Und selbst wenn man das politisch nicht als humanitäre Hilfe verkauft kriegt weil wir zuerst an uns selbst denken, dann doch wenigstens mit dem Argument dass man ansonsten einen Brutkasten für neue Mutanten schafft gegen die die Impfungen dann schlechter wirken und uns das unsere schöne Herdenimmunität versauen kann.

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@fritz_mw @Kenny - ganz genau! Die Ignoranz und der Egoismus der Westler (als wären wir noch die Kolonialherren) ärgert mich extrem, und zwar schon seit Sommer. Und in DE sind wir sauer, weil uns die Extremegoisten Trump und Johnson noch um ein paar Wochen Impfzeit abgehängt haben. Gehts noch? Und Leute lassen ihren Impftermin sausen, weil sie neuesten Gerüchten zufolge glauben, der Vektorimpfstoff wäre für sie nicht gut genug.

Wie nahe Egoismus und Kurzsichtigkeit (oder darf man Blödheit sagen?) beisammen sind, zeigt sich, wenn so viele Wohlstandsmenschen vor allem an ihre nächsten Fernreisen denken, die sie, sobald geimpft, wenn nötig einklagen werden. Sie werden damit rechnen, dass in den abgeschirmten Ressorts alles sicher ist. Dann sparen sie sich für die nächsten Male halt das Betrachten der Armut draussen. Aber sie werden mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit trotzdem alle möglichen Mutanten einschleppen.

Zu dem Thema passt gut der Text im Newsletter von Sven Giegold:

Zur Vorstellung der Pläne der EU-Kommission zur europäischen Impfstoff-Beschaffung durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Die Freigabe von Patenten und Produktionswissen fehlt als zentraler Baustein der Impfstoff-Strategie der EU-Kommission. Priorität muss die Ausweitung der Impfstoffproduktion haben und dazu sollten wir alle global verfügbaren Kapazitäten nutzen. Europa hat die Verantwortung, dass Impfstoffe global zur Verfügung stehen. Die EU kann über den Notfall-Artikel 122 des EU-Vertrags die Freigabe von Impfstoffpatenten ermöglichen. Ratspräsident Charles Michel hat die rechtlichen Möglichkeiten für die Freigabe der Lizenzen mittels des Artikels 122 kürzlich dargelegt. Es ist unverständlich, warum von der Leyen den Vorschlag von Michel nicht aufgreift. Die Corona-Krise ist Rechtfertigung genug zur Anwendung dieses Notfall-Artikels im EU-Vertrag. Artikel 122 kann uns helfen, die Möglichkeiten des Marktes bei der Impfstoffproduktion voll auszuschöpfen.

Wenn der Impfstoffentwickler die Ausweitung der Produktion selbst nicht leisten kann, sollten wir auf die Freigabe der Patente und der zum schnellen Aufbau der Produktion notwendigen Geschäftsgeheimnisse zurückgreifen. Die Unternehmen sollten für die Freigabe dieses Wissens großzügig entschädigt werden. Der Impfstoff von AstraZeneca kann beispielsweise von vielen weiteren Unternehmen produziert werden. So produziert der Verband DCMN, ein Zusammenschluss von über 40 Unternehmen in Entwicklungsländern, bereits jedes Jahr 3,5 Milliarden Dosen verschiedener Impfstoffe, darunter auch Vektorimpfstoffe. Dieses Potenzial nicht zu nutzen ist grob fahrlässig. Wir sollten die globalen Produktionskapazitäten voll ausnutzen, damit allen Menschen auf der Welt zügig ein Impfstoff zur Verfügung gestellt werden kann. Indische Produzenten haben schon mehrfach angeboten, die Produktion zu unterstützen. Impfstoffentwickler sollten großzügig vergütet werden, damit der Impfstoff in ein Gemeingut überführt und mit allen Kräften des Marktes produziert werden kann. Der Patentschutz darf in dieser Situation nicht verhindern, dass wir die Produktionsmöglichkeiten der Industrie voll ausnutzen.”

Das ist m.E. ein schweres Versagen der Show-Frau von der Leyen, unglaublich eigentlich. Das Thema müsste ganz vorne sein in den Medien und ich wünsche mir das auch für die LdN.

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