Liebe Gemeinde,
es freut mich, dass in der letzten Lage (225) doch noch einmal das Thema über die Begründung des status quo (vor der Pandemie) für Geimpfte diskutiert wurde.
Auch die Annahme (Geimpfte erkranken höchst wahrscheinlich nicht selbst und können andere nicht weiter infizieren) fand ich gut gewählt, denn diese soll ja gerade der Idealzustand sein.
Unter dieser Prämisse komme ich allerdings zu dem Ergebnis, dass eine weitere Einschränkung der Grundrechte „der Geipften“ verfassungsrechtlich unzulässig ist.
In Bezug auf das „Solidaritätsargument“ würde ich genauso wie in der Lage bereits gesagt sagen, dass dieses ein Scheinargument aus Egoismus ist. Unabhängig von den eigentlich nachvollziehbaren Motiv, dass wenn jemand zuerst eine Impfung erhält, diese Person(engruppe) auch „solidarisch“ sein soll mit den ihr den Vortritt lassen, ist dieses Argument mEn nicht relevant.
Denn es gibt in unserer Gesellschaft grundsätzlich kein !rechtliches! Gebot zur Solidarität: Für die Einschränkung eines Grundrechts bedarf es entsprechend entgegenstehender Güter von Verfassungsrang (Grundrechte oder Grundrechtsgleiche Rechte). Wollte man hier ein Grundrecht auf Solidarität zur Einschränkung heranziehen, müsste ein solchen sich aus dem Grundgesetz ergeben. Das sehe ich bei aller Mühe aber nicht. (So sieht es, jedenfalls soweit ich es richtig verstanden habe, auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Herr Professor Papier [FAZ Einspruch vom 31.12.2020).
Auch wenn ich die psychologischen Effekte (Compliance der noch nicht Geimpften) als Argument rein menschlich nachvollziehen kann, sehe ich hier die gleichen Bedenken. Solche rein praktische Erwägungen (Aufrechterhaltung von Maßnahmen gegen ungefährliche Personengruppen, damit die gefährlichen Personengruppen nicht rebellieren) sind zwar nachvollziehbar, rechtlich aber wohl kaum haltbar. Folglich komme ich bei obiger Prämisse dazu, dass eine Aufrechterhaltung der Grundrechtseinschränkungen verfassungsrechtlich nicht haltbar wäre.
Ich freue mich auf Eure Rückmeldungen!
Übrigens: Die Kritik über eine „verfrühte“ Diskussion, finde ich zwar unberechtigt, schließlich kann man bereits jetzt unter einer Prämisse eine Diskussion führen, damit die zukünftige Debatte leichter und schneller voran geht.