Zuletzt hat das VG Berlin zu ähnlichen Situationen Stellung bezogen - und die Argumentation ist durchaus überzeugend. Dort hatte die Berliner Stadtverwaltung versucht, einer Diskothek die Öffnung zu verbieten, wobei die Diskothek von sich aus nur „2G“ zulassen wollte.
Die Gerichte sind der Argumentation der Diskothek gefolgt - eben weil es keinen hinreichenden sachlichen Grund gibt, einen Betrieb zu verbieten, Dienstleistungen für Kunden anzubieten, die durch eine Impfung selbst im Falle einer Infektion vor schweren Verläufen geschützt wären. Zwar gibt es natürlich immer noch das Risiko, dass ein infizierter Geimpfter nach dem Disko-Besuch einen Ungeimpften ansteckt, aber das Risiko sei verhältnismäßig gering.
Insofern wurde hier die Frage, ob man „Getestete“ zwangsläufig wie „Geimpfte und Genesene“ bewerten muss, klar beantwortet. Und die nachvollziehbare Antwort lautet: Nein, man muss diese Gruppen nicht gleichbehandeln, weil zum einen von den Geimpften ein geringeren (nicht: null!) Risiko ausgeht, vor allem aber, weil die Geimpften zuverlässig vor schweren Verläufen geschützt sind, daher das Risiko eines das Gesundheitssystem massiv belastenden Infektionsclusters bei einer 2G-Veranstaltung signifikant niedriger ist als bei einer 3G-Veranstaltung.
Im Kern bedeutet das die klassische Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 GG: Gleiches muss gleich behandelt werden, ABER - und das wird gerne vergessen - Ungleiches darf nicht nur, sondern muss auch ungleich behandelt werden. Es wäre daher gerade ein Verstoß gegen Art. 3 GG, wenn man Geimpfte nicht anders als Getestete behandeln würde, wenn man Geimpften etwas verbieten würde, was für Geimpfte sicher ist, nur, weil es für Getestete u.U. zu unsicher ist.
Das bezweifle ich. Kritiker sind grundsätzlich lauter als Befürworter, das ist jedoch kein Spiegel der Gesellschaft. Typisches Beispiel der letzten Monate: Nur weil 100x so viele Menschen gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren wie für die Maßnahmen heißt das nicht, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land die Maßnahmen ablehnen würden. Das Gegenteil ist der Fall.
Wie populär die Maßnahmen daher in Hamburg sind müsste man mit den Mitteln der Meinungsforschung herausfinden - es würde mich nicht wundern, wenn da gerade schon Befragungen laufen. Man sollte sich aber keinesfalls vom Eindruck der kritischen Öffentlichkeit täuschen lassen.
Die Frage, wie lange die Maskenpflicht noch juristisch als Zulässig definiert wird, ist sehr schwierig zu beantworten. In einigen Bundesländern gibt es bei Veranstaltungen mit festen Sitzplatzzuweisungen aktuell keine Maskenpflicht mehr, aber es gilt 3G. Andere Bundesländer sind da härter. Aktuell würde ich schätzen, dass das Ganze noch von der sog. Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt ist, aber das könnten einzelne Gerichte auch anders sehen.
Wie so oft im Bereich der Justiz gibt es hier erst Sicherheit, wenn das ganze bis in die letzte Instanz durchgeklagt wurde - und bis dahin wird Corona vermutlich lange nicht mehr aktuell sein
Die am häufigsten vertretene Rechtsauffassung dazu sagt: Ja, das darf der Arbeitgeber.
Das lässt sich juristisch auch gut begründen. Letztlich muss man abwägen. Ja, beim Impfstatus handelt es sich um sensible, personenbezogene Gesundheitsdaten, die der Arbeitnehmer grundsätzlich erstmal nicht preisgeben muss. Aber das muss abgewogen werden sowohl mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für seine Angestellten als auch mit den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers.
Im Bezug auf die Fürsorgepflicht bedeutet das, dass der Arbeitgeber diese nur erfüllen kann, wenn er weiß, wer geimpft ist, um z.B. dafür zu sorgen, dass sich in seinem Betrieb keine Infektionscluster unter der Belegschaft entwickeln. Bezüglich der wirtschaftlichen Interessen gilt, dass der Arbeitgeber, z.B. im Falle eines Restaurants, Kinos oder Theaters, ein nachvollziehbares Interesse daran hat, seinen Gästen zu vermitteln, dass der Besuch bei ihm sicher ist. Das funktioniert nur, wenn der Arbeitgeber zumindest alles halbwegs sinnvolle unternehmen kann, um zu verhindern, dass infektiöse Mitarbeiter die Kunden bedienen.
Bei der Abwägung beider Interessen dürften die Interessen des Arbeitgebers die Interessen des Arbeitnehmers in diesem Fall deutlich überwiegen. Wie gesagt, sicher ist im Bereich Recht nichts, daher: Gerichte können das durchaus anders sehen. Aber es ist im Hinblick auf die andere Rechtsprechung in ähnlichen Fällen unwahrscheinlich, dass die Gerichte das anders sehen werden.
Der Arbeitgeber ist in solchen Fällen grundsätzlich verpflichtet, erst mal zu prüfen, ob ein Einsatz der Nicht-Geimpften in einem anderen Bereich möglich ist oder ob andere Maßnahmen möglich sind, um das Risiko zu vermeiden. Im Kino z.B. wäre der Nicht-Geimpfte dann vermutlich eher in der gläsernen Box am Eingang, als im Gang auf dem Weg zum Kinosaal, einzusetzen. Theoretisch darf der Arbeitgeber die Nicht-Geimpften aber nicht benachteiligen und auch keinen Druck ausüben, daher: Es wäre ein ziemliches Problem für den Arbeitgeber.
Das wäre generell nur möglich, wenn es eine staatliche Impfpflicht gäbe. Kurzum: Nein.
Die Frage ist extrem strittig und auf die Frage, wie viele Nachteile für Ungeimpfte zulässig sind, kann vermutlich nur das BVerfG eine endgültige Antwort geben. Da jedoch grundsätzlich auch eine Impfpflicht (wie z.B. gegen Masern) vor dem BVerfG bisher Bestand hatte (zumindest im einstweiligen Rechtsschutz, das Hauptverfahren läuft noch) und eher davon ausgegangen wird, dass das BVerfG die Impfpflicht auch im Hauptverfahren abnicken wird, würde ich hier grundsätzlich davon ausgehen, dass eine starke Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften unproblematisch ist. Mehr noch, im Hinblick auf Art. 3 GG muss man eigentlich sogar argumentieren, dass diese Ungleichbehandlung zwingend nötig ist. Ich denke daher, dass der Spielraum für den Gesetzgeber und auch die Privatwirtschaft sehr groß ist.