Contraction & Convergence: Ein Plan für globalen Klimaschutz?

Das Konzept, Stärken und Schwächen wird auf Wikipedia recht gut, kurz und bündig beschrieben: Kontraktion und Konvergenz – Wikipedia .

Ich möchte hier noch einmal kurz ausführen, warum es sinnvoll ist, wenn auch Entwicklungsländer feste Emissionsrechte haben und das Argument „Die Industrieländer sind hauptsächlich für den Klimawandel verantwortlich, also müssen die Entwicklungsländer nichts machen“ zwar richtig ist, aber mögliches Potential vernachlässigt.

Ein Entwicklungsland hätte im Contraction & Convergence - Modell erst einmal ansteigende Emissionsrechte. Wenn das Land Emissionen senkt, kann es Emissionsrechte verkaufen. Wenn die Reduktionsmaßnahmen günstiger sind, als der Erlös der Zertifikate, ist das profitabel.

Beispielsweise wäre es ziemlich sicher profitabel, aus der Kohle auszusteigen (Kohle ist extrem effizient, wenn man Emissionen ignorieren kann, aber ziemlich effizient, wenn Emissionen relevant sind).

Das Vorgeben der Emissionsrechte ist eben nicht nur eine Einschränkung, sondern sorgt auch dafür, dass Unterschreiten dieser Vorgabe Vorteile bringt (man kann Emissionsrechte verkaufen).

Meines Erachtens ist ein Framework, das Emissionsrechte auf Länder verteilt essentiell, um beispielsweise zeitnah den globalen Kohleausstieg zu erreichen.

Contraction & Convergence ist meiner Einschätzung nach ein Modell, dass für nahezu alle Länder einen Vorteil gegenüber dem status quo (freiwillige Reduktionsziele im Rahmen des Paris-Abkommens) erreicht (man profitiert davon, dass die anderen auch Klimaschutz betreiben).

Mein Vorschlag, um historische Emissionen und ein immer kleiner werdendes CO2-Budget bis 2100 zu kompensieren: Industrieländer kaufen (freiwillig oder verpflichtet) Emissionsrechte auf, ohne sie zu nutzen. Dadurch wird die vorgegebene Menge an Emissionen unterschritten und die Emissionsrechte können initial etwas großzügiger vergeben werden (sodass beispielsweise Entwicklungsländer nicht sofort Emissionen reduzieren müssen).

Unwahrscheinlich, denke ich.

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Warum genau?

Bei verpflichtend: Das ist mir vollkommen unklar. Ist es nicht vielleicht sinnvoller als Reperationszahlungen, die wesentlich schwieriger zu verhandeln sind, weil die Empfänger auch verhandelt werden müssen? Letztendlich ist der Vorschlag eine Reperationszahlung für die Allgemeinheit über Klimaschutz.

Bei freiwillig: Vielleicht ja, aber meines Erachtens sind die Gründe nicht rational.

In der Theorie sorgt diese Maßnahme für extrem effizienten Klimaschutz. CO2 wird genau dort eingespart, wo es am einfachsten ist. Ich denke auch, dass es nicht unmöglich ist, das System so aufzusetzen, dass es in der Praxis nicht so weit weg von der Theorie ist.

Wenn das Argument ist, dass Länder sich nicht auf diese Weise altruistisch verhalten würden, warum legen sie sich dann selbst Klimaschutzmaßnahmen auf? Das ist letztendlich genauso altruistisch, nur ziemlich sicher weniger effizient.
Es ist vielleicht besser sichtbar wenn man lokalen Klimaschutz betreibt, als globale Zertifikate aufzukaufen, aber rational ist es nicht (außer es wäre unmöglich, dieses Konzept für die Allgemeinheit zu erklären).

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Wenn ich mir allein die Regierungen mancher Entwicklungsländer ansehe, wieviel Rationalität einerseits können wir erwarten, und wie hoch wird dort Klimaschutz im Vergleich zu regionalen Problemen bewertet?

Für ein Entwicklungsland bedeutet der Vorschlag mittelfristig wohl (je nach Parametern), dass bei keiner Reaktion (also weiterer Anstieg von Emissionen) keine Belastung ensteht. Ob sie Klimaschutz als relevant bewerten, ist also nicht entscheidend für die Frage, ob sie dem Vorschlag zustimmen würden.

Beispielsweise Indien hatte sich (vor Ewigkeiten…) positiv zu so einem Vorschlag geäußert: (siehe hier: https://www.researchgate.net/publication/239410492_Contraction_and_Convergence, Seite 28)

Ich stimme Martin zu. Es gab doch vor ein paar Jahren den Versuch den Regenwald in Bolivien zu schützen und zu vermeiden, dass im Regenwald Öl gefördert wird.
Kostenpunkt hierfür, ca 10 Milliarden Euro
Diese Summe investiert, dass Bolivien darauf verzichtet Erdöl zu fördern. Dies kam jedoch nicht zustande, so dass nun Bolivien Erdöl fördert und damit den CO2-Ausstoß weltweit indirekt unterstützt. Und wie in Deutschland zahlen jetzt nun doch, weil wir über Zertifikate genau unsere eigenen Emissionen vermeiden. Billiger wäre es wahrscheinlich gewesen, das Erdöl im Boden zu lassen und Bolivien mit dieser Zahlung eine entwicklungschance in eine andere Richtung zu geben.

Belegen lassen sich Aussagen oder Vermutungen über die Zukunft wohl kaum, aber es ist nicht anzunehmen, dass Staaten freiwillig ausreichend viel tun, weil sie sich auch jetzt schon mehrheitlich nicht an ihre eigenen Zusagen halten. https://www.unep.org/resources/emissions-gap-report-2022

Die Idee, die Reparationszahlungen durch so einen Kauf zu ersetzen, ist sympathisch, aber erstens sind Ausgleichszahlungen und Hilfen für besonders betroffene Staaten trotzdem notwendig und zweitens halten sich die meisten Staaten auch an diese Versprechen nicht. Noch nicht?
https://www.klimareporter.de/klimakonferenzen/konto-ohne-einlage

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Und genau deswegen braucht es ja erst einmal ein wesentlich besseres Grundgerüst, das nicht auf Freiwilligkeit basiert.

Man kann aber freiwillige Klimaschutzambitionen von beispielsweise Europa dazu nutzen, dass andere Länder dem (dann etwas schächeren) Grundgerüst (beispielsweise eben Contraction & Convergence) eher zustimmen.