Compact Verbot gekippt

Heute hat das Bundesverwaltungsgericht das Verbot des rechtsextremen Magazins Compact aus dem letzten Jahr gekippt. Das Bundesministerium des Inneren hatte die herausgebende GmbH 2024 unter Bundesinnenministerin Faeser verboten.

Das Gericht kommt erst- und letztinstanzlich zur Einschätzung, dass einige Aussagen in dem Heft zwar durchaus verfassungsfeindlich seien, diese aber nicht so prägend seien, dass ein Verbot gerechtfertigt wäre.

Das Compact Magazin konnte dennoch die ganze Zeit weiter herausgegeben werden, da das Verbot bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt war.

Mich würde die Einschätzung der Hosts zu diesem Vorgang interessieren. Außerdem wäre spannend wie die verwandten Themen, Einschätzung der AfD als gesichert rechtsextrem und AfD Verbotsverfahren in diesem Lichte scheinen. Ich hätte große Sorgen, dass Gerichte hier ähnlich argumentieren werden/würden. Andererseits wäre es wirklich langsam notwendig das AfD Problem zu lösen.

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Im Prinzip hat das Gericht gesagt, dass die gegen die Menschenwürde vorstoßenden Publikationen im Thema Asyl und Einwanderungsrecht nur ein Teil der Berichterstattung sind, und daher nicht alleinig prägend.
Es wurde festgestellt, dass auch Verschwörungstheorien geteilt wurden, diese aber von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.
Schlussendlich wurde die Meinungs- und Pressefreiheit höher priorisiert.

Da es in der AFD noch vielschichtigere Stimmen als im Compact Verlag gibt, sehe ich für ein Verbotsverfahren komplett schwarz. MMn ist das Verbotsverfahren damit vom Tisch.

Und im Prinzip ist es auch eine Gebrauchsanweisung für solche Magazine. Man benötigt nur genügend „Füllmaterial“ aus anderen Themenbereichen, um einzelne verfassungsfeindliche Artikel drucken zu können.

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Ich denke auch, dass bei der AfD gerade die Sektkorken knallen, weil man nun quasi offiziell gesagt bekommen hat, wie man ein Parteiverbot - und vielleicht sogar schon die Einschätzung als „gesichert rechtsextrem“ vor Gericht erfolgreich bekämpfen kann. Die AfD, aber auch diverse rechte Medien, Social-Media-Accounts etc. müssen sich dabei noch nicht mal groß verstellen, bieten sie noch ohnehin für diverse Gruppen (Windkraftgegner, Reichsbürger, Coronaskeptiker etc. pp.) genau die Inhalte an, die diese gerne hören wollen, um sie diese bei der Stange zu halten und für ihre Kernbotschaft empfänglicher zu machen.

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Warum hat das Relevanz für das Parteiverbot? Ich verstehe den Zusammenhang nicht, das sind doch zwei völlig verschiedene Sachen mit unterschiedlichen Kriterien zur Beurteilung.

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Ich verstehe das Argument so: Bei einem Parteiverbot ginge es um die Frage, wie aktiv die Partei daran arbeitet, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen. Wenn das Gericht aber zu der Einschätzung kommt, dass die Punkte, die als verfassungsfeindlich anzusehen sind (etwa das völkisch-ethnische Nationsverständnis) nur einen Teil ihrer Aktivitäten ausmacht, während andere Forderungen (u. a. ein Ende der Windkraft, mehr Polizisten etc.) nicht zu beanstanden sind, kann das analog zu dem Compact-Urteil die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit der Partei in Gänze zugunsten der AfD beeinflussen.

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Verstehe diese Einschätzung auch nicht. Es sind unterschiedliche Themen, es gelten völlig andere Rechtsgrundlagen und verfassungsrechtliche Maßstäbe und es sind andere Organe zuständig. Ich persönlich warte gespannt ab, was die Lage dazu zu sagen hat.

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Ja es sind unterschiedliche Rechtsformen, aber die selben Argumente und Aussagen.

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Es ist doch trotzdem grotesk. Wenn also auf zehn Seiten verfassungsfeindliche Hetze noch fünfzehn Seiten Verschwörungsgeschwurbel und zwanzig Seiten Gartenpflege- und Hauswirtschaftstipps kommen, ist die Hetze nicht prägend.

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Wieder ein Glanzstück der Gerichte. Ich kann es nicht verstehen. Wenn ständig dort gehetzt wird sind die 80% Kochen für Anfänger total egal. So kann sich die Demokratie natürlich selbst abschaffen.

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Genau das. Leider ist unsere Justiz traditionell viel besser darin Rechtsextremisten zu schützen, als vor Rechtsextremisten zu schützen. Hier mal wieder so ein Fall. Die Logik ist „nur weil da ein Kellner ihr Steak abgeleckt hat, ist das für das Steak nicht hinreichend prägend“.
Es gibt immerhin zwei Punkte, in denen sich das Gericht weniger dumm stellt und die hinsichtlich eines AfD Verbots wichtig wären. So wird festgestellt, dass „Remigration“ klar verfassungswidrig ist und dass die Zeitung sich diese Positionen auch zurechnen lassen muss. Das dürfte für die Äußerungen führender Parteimitglieder umsomehr gelten.
Insgesamt aber ein weiterer Fall in der langen Serie juristischen Versagens in der Abwehr einer rechtsextremen Bedrohung.
Trotzdem muss der Verbotsantrag endlich gestellt werden. Dann können sich die Gerichte hinterher nicht rausreden. Wenn die das ablehnen hat man wenigstens dokumentiert, dass die entweder nicht verbieten, weil die Potentialität nicht gegeben ist, oder weil sie gegeben und es zu spät ist. Dann wäre ein weiteres Mittel ausgeschöpft, was wichtig ist, um andere Mittel zu legitimieren, die Rechtsextremisten zu stoppen.

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Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Das Gericht als dumm darzustellen und Versagen vorzuwerfen find ich äußerst bedenklich. Damit begibt man sich auf die selbe Ebene wie die Rechten, getreu dem Motto „nur wenn einem das Urteil passt, ist das Gericht gut“.

Liberale Demokratie heißt Recht auf Presse- Partei- und Meinungsfreiheit. Und das eben bis zu sehr weit gesteckten Grenzen, die im Vergleich zu den USA aber z.B. Ja schon enger sind.
Liberale Demokratie und Einschränkung dieser Rechte schließen sich eben in gewisser Weise gegenseitig aus. Man kann nicht beides haben.

Ähnliches habe ich mir auch schon bei der Diskussion hier um Social Media gedacht. Manchen wollen hier scheinbar ein Wahrheitsministerium oder Wahrheits-KI die alles andere verbietet. Aber so funktioniert das in einer liberalen Demokratie eben nicht.

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„sich dumm stellen“ ist was anderes, als es zu sein. Im Ergebnis bleibt, dass Mein Kampf veröffentlicht werden dürfte, wenn nur zwischen den Kapiteln genug Kochrezpete stehen. Überzeugt mich nicht und lässt die Tür für die nächste Tour de Diktatur offen. Und da hat die deutsche Justiz einfach keine gute Bilanz in den letzten 100 Jahren, da gibt es ganz bedauerliche Statistiken von Weimar bis in die Gegenwart. Stark, wenn es um den Schutz der Rechtsextremisten ging, schwach, wenn es um den Schutz vor Rechtsextremisten ging. Darüberhinaus hatte ich das Urteil auch nicht pauschal kritisiert, sondern differenziert. Ich hatte auch nicht gefordert, sich nicht an das Urteil zu halten oder so. Von daher sehe ich nicht, dass das auf derselben Ebene steht.

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Bin gespannt auf die schriftliche Begründung. Da sind einige Fragen offen. Das Gericht scheint sich, so weit es sich mir darstellt, um eine klare Begründung oder gar ein Grundsatzurteil gedrückt zu haben, das finde ich angesichts der Tragweite dieses Urteils sehr schwach.
Jetzt daraus zu schließen, dass das in irgendeiner Weise ein Parteiverbot schwieriger machen würde kann man jedenfalls unter Wunschdenken verbuchen.
Im Gegenteil: wenn rechte Medien grundsätzlich unter das Vereinsverbot fallen, aber die Meinungsfreiheit dem entgegen steht, ist die Verantwortung der Parteien, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen und dieses zu schützen noch höher zu bewerten.

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Ich würde mich angesichts des Strategiewechsels innerhalb der AfD lieber keine allzu große Hoffnungen machen. Abgesehen davon, dass der Artikel des Volksverpetzers schon eine leichte Tendenz zur Selbstbeweihräucherung hat: Teile der AfD - u. a. Krah - scheinen erkannt zu haben, was der Partei tatsächlich gefährlich werden könnte und streben hier aus strategischen Gründen einen Kurswechsel an. Das als Schwäche zu interpretieren, wie es der Artikel tendenziell tut, halte ich für einen Fehlschluss. Vielmehr reagieren zumindest Teile der Partei relativ flexibel - zumindest gemessen daran, wie fest ihre ideologische Ausrichtung eigentlich ist. Und dass es der Partei mit dieser partiellen Neuausrichtung „nebenbei“ noch gelingen könnte, neue Wählerschichten zu erreichen (nämlich konservativ-nationalistische Wähler mit Migrationshintergrund), halte ich keineswegs für reines Wunschdenken von Krah & Co.

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Noch ein m. E. treffender Kommentar aus der Zeit. Darin heißt es u. a.:

Vor allem muss sie sich klarmachen, dass Repression keine echten Maßnahmen ersetzt. Keine politische Bildung, keine Extremismusprävention, keine gesellschaftliche Teilhabe. […] Demokratiefördernde Projekte, soziale Einrichtungen, Kulturzentren, Räume also, die Radikalisierung nachweislich vorbeugen, müssten gefördert werden, statt dass man ihnen reihenweise die Gelder kürzt. Wenn die liberale Demokratie all das weiter vernachlässigt und stattdessen auf ideenlosen Aktionismus setzt, wird das heutige Urteil nicht der letzte Anlass gewesen sein, zu dem bei Rechtsextremen die Korken knallen.

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Der Kommentar geht völlig fehl. Niemand fordert das Verbot um an Bildung und Prävention zu sparen. Die, die das Verbot ständig ausbremsen, sind allerdings oft die gleichen, die Inhalte und Rhetorik der Rechtsextremisten kopieren, die diese Projekte ständig diffamieren (kleine Anfrage bspw.) und Gelder kürzen und Übergriffe auf zivilgesellschaftliche Akteure relativieren. Wenn man nachfragt, wie das konkret und wirksam aussehen soll, diese Prävention, dieses Wegregieren, inhaltlich stellen Blablabla, gibts ein Floskelgewitter ohne Inhalte. Genau wie bei den Russland-Appeasern nur dass die AfD nicht mal Gas liefern kann. Hier wird ein Gegensatz konstruiert, den es nicht gibt.
Speziell die Zeit könnte sich auch einfach mal die regelmäßige Normalisierung und positive Kommentierung rechtextremer Propaganda sparen, so als ganz direkter Beitrag der eigenen Redaktion

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Ich denke beides zielt auf die CDSU. Sie war es, die die Gelder für Demokratieprojekte gestrichen hat, sie ist es, die den Diskurs kaputt macht, sie ist verantwortlich wenn Mieten immer weiter steigen und der Klimawandel für arme Menschen immer mehr zum Problem wird. Sie ist es, die öffentliche Begegnungsstätten vernachlässigt und kaputt gehen lässt.
Die Zeit sollte allerdings in sich gehen und sich fragen welchen Anteil Medien am Diskurs haben, wie Medien dazu beitragen können, Menschen zusammenzubringen und welches Bild von Deutschland Medien den Menschen vermitteln.

Edit: mich würde ein Vergleich zum Fall linksunten-Media interessieren

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Hätten doch die Nazis früher so viel Verständnis für linke Medien und insgesamt Andersdenkende gehabt. Es ist immer abenteuerlich, dass man so viele Werkzeuge zum Schutz der Demokratie hat, aber solche Faktoren aus der Vergangenheit bei der Entscheidungsfindung nie relevant sind.

Sollte die AfD die Macht übernehmen, wird mit dem politischen Gegner doch ganz anders wiederfahren werden.

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Dann kann man vlt die Frage diskutieren, wie das Presserecht oder andere Gesetze reformiert gehören, damit man sowas wie Campact treffen kann, wenn sie verfassungsfeindliche Inhalte teilen.
Z.B. exorbitante Geldstrafen und Klagerecht gegen einzelne Artikel und Autoren.

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