China als Bedrohung für die westliche Demokratie?

Das würde ich nicht unbedingt so sehen. Ein Krieg zwischen den USA und der PRC würde sich ja vermutlich am Taiwan-Konflikt entzünden. Und für Peking ist Taiwan lediglich eine abtrünnige Provinz und kein fremdes Territorium; insofern sollte man davon ausgehen, dass die PRC hier durchaus bereit ist, Taiwan auch militärisch zu erobern. Insbesondere der chinesische Nationalismus könnte bei solch einer Entscheidung eine Rolle spielen. Die Vereinigten Staaten haben ja auch kein Verteidigungsabkommen mit Taiwan (mehr), sodass Peking hierbei (nicht ganz unberechtigt) denken könnte, dass Washington Taiwan nicht beistehen wird.

Natürlich könnte es im Laufe eines solchen Konflikts auch zu einer nuklearen Eskalation kommen, aber die Situation ist nicht vergleichbar zum Kalten Krieg. China hat ja trotz der Aufrüstung deutlich weniger Nuklearsprengköpfe als die USA. Wichtiger sind konventionelle Fähigkeiten; die PRC hofft, die USA mit einer Überlegenheit in sogenannten „Emerging Technologies“ (also vor allem AI) schnell besiegen zu können.

Stimmt, der wichtigste Chip-Hersteller von High-Tech-Chips ist aber TSMC auf Taiwan, was natürlich die Bereitschaft der USA steigern könnten, das Land im Falle einer Invasion der PRC zu verteidigen.

Diese Frage ist in meinen Augen eigentlich schon beantwortet. Die Idee vom „Ende der Geschichte“ nach dem Kalten Krieg, also dass andere Staaten durch Handel und Wohlstand liberaler und demokratischer werden, hat sich als „Pipe Dream“ erwiesen. In Deutschland scheint man da irgendwie immer noch dran festzuhalten, während man das in anderen Staaten schon längst realisiert hat. Die Beispiele sind ja auch umfassend:

Das ist, meiner Meinung nach, nicht völlig klar. Ich sehe hier zwei Hemmnisse, welche den Aufstieg zur „Weltmacht“ verhindern können.
Zum einen schließe ich mich der Argumentation der Wirtschafts- und Politikwissenschaftler Daron Acemoğlu und James A. Robinson an , welche sie in ihrem Buch „Why Nations Fail“ beschreiben. Sie legen anhand zahlreicher historischer Beispiele dar, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg vom Vorhandensein sog. „inklusive“ Institutionen abhängig ist. Darunter verstehen sie letztendlich die staatliche Garantie einer fairen Teilhabe eines Großteils der Bevölkerung am Wirtschaftsgeschehen. Es sollte also prinzipiell jeder das Recht auf Gründung eines Unternehmens haben und die Unternehmen in ein legislativ/exekutives Konstrukt eingebettet sein, das fairen Wettbewerb unter den Unternehmen aber auch faire Teilhabe der Unternehmer und ihrer Angestellten erlaubt. Anders ausgedrückt müssen staatliche Institutionen verhindern, dass nur eine kleine Elite etwas vom Kuchen abbekommt.
Der letzte Satz schreit danach die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland zu zitieren, was ich allerdings ziemlich daneben fände, wenn wir uns den allgemeinen Lebensstandard in Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt anschauen.
Jedenfalls sehe ich bezüglich des Vorhandenseins inklusiver Institutionen in China ein großes Defizit. Abzulesen ist dies auch anhand des aktuellen Corruption Perception Index (CPI) von Transparerency (https://www.transparency.org/en/cpi/2020). Die Rangfolge der Länder im CPI bestätigt die Hypothese aus dem oben zitierten Buch recht gut, wie ich finde.
Als zweites Hindernis sehe ich einen Widerspruch im Bestreben Chinas eine hoch entwickelte Wirtschaftsnation zu werden und gleichzeitig ein autoritäteres Gesellschaftsmodell aufrecht erhalten zu wollen. Für eine leistungsfähige Wirtschaft braucht es vor allem gut ausgebildete, kreative und motivierte Arbeitnehmer. China ist zweifelsfrei dabei diese auszubilden. Es fragt sich nur, wie lange intelligente und hochqualifizierte Menschen ein Leben in einem autoritären Staat akzeptieren und tolerieren. Hier gibt es, meiner Meinung nach, zwei mögliche Szenarien. Entweder passt sich das politische System den Realitäten an und wandelt sich zusehends in ein demokratisches System oder die Menschen werden resignieren und die Wirtschaft einen deutlichen Abschwung hinlegen.
Wie die letzten Jahrzehnte gezeigt haben, ist ein wirtschaftlicher Aufschwung unter einem autoritären System in China möglich, aber dessen Nachhaltigkeit ist in Gefahr, sollte sich politisch in den kommenden Jahren nichts ändern. Historische Vergleiche kann man hier zum Beispiel mit der Sowjetunion anstellen, die nach dem 2.Weltkrieg auch einen deutlichen wirtschaftlichen Aufstieg nahm, nur um dann nach und nach zurück zu fallen.

Die wirtschaftliche Macht liegt da wo die Patentrechte liegen und das Know-how vorhanden ist. Produktionsstätten sind innerhalb überschaubarer Zeiträume verlegbar. Hier herrscht in Wahrheit eine Co-Abhängigkeit zwischen den USA (den westlichen Industrienationen) und China. Unsere Smartphones und Laptops wären teurer, wenn sie nicht im Billiglohnland China produziert werden würden. Das könnte deren Marktdurchdringung beeinträchtigen, aber die Produktion wäre prinzipiell auch woanders möglich.
Andererseits ist Chinas wirtschaftlicher Aufschwung auch von ausländischen Investitionen und der exportlastigen Handelsbilanz abhängig. Poltische Zerwürfnisse mit den etablierten Industrie- und Handelsnationen würden zu wirtschaftlichen Sanktionen (wie wir sie mit dem „Zollkrieg“ bereits gesehen haben) führen. Dies würde China langfristig mehr schaden als dem „Westen“.
Zudem sehen wir im „Westen“ erste Reaktionen auf das Hegemonialstreben Chinas. In Europa sind zum Beispiel mehrere große Batteriefabriken im Bau bzw. geplant (• Infografik: Europas Batteriefabriken | Statista).

Aus deutscher Sicht sollte eine Stärkung der Europäischen Union nicht nur bezüglich der wirtschaftlichen, sondern vor allem politischen und militärischen Handlungsfähigkeit eine wirkungsvolle Strategie sein, um unsere Demokratie und unseren Wohlstand zu erhalten. Allen EU-Skeptikern muss klar sein, dass hier enormes Potenzial liegt, weil die EU-Staaten wirtschaftlich ebenfalls eine Weltmacht sind (Die EU: Welthandelsmacht mit Schönheitsfehlern - Wirtschaftsdienst). Um also einmal die Nomenklatur hier zu ändern, wir sind keine Opfer, sondern Täter. Es liegt in unserer Hand als fairer Handelspartner weltweit aufzutreten, denn nur dann werden wir erfolgreich und wohlhabend bleiben.
Die EU-innenpolitischen Zerwürfnisse stellen hier natürlich eine Gefahr da und Protektionismus macht sich breit. Aber das ist ein anderes Thema.

Genau das würden die USA meiner Meinung nach auch tun, wenn China versucht Taiwan zu erobern. Sie werden Taiwan Waffen und so weiter liefern aber nicht für sie mit China einen Krieg anfangen. Haben sie für die Ukraine gegenüber Russland auch nicht getan.

Da gebe ich dir recht. Ich sehe da aber kein großes Problem in China.
Die chinesischen Löhne steigen immer noch jedes Jahr ordentlich. Und die privaten Vermögen auch. Damit profitiert also die gesamte Bevölkerung und es gibt meiner Meinung nach dadurch auch die notwendige Motivation für Kreativität und Unternehmergeist.

Ich vermute auch, dass China langfristig zumindest etwas liberaler wird. Allerdings sieht man an China auch wunderbar, dass der Kapitalismus keine echte Demokratie braucht. Wichtiger noch, ist da die Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg, wie du ja auch gesagt hast. Aber die kann man auch ermöglichen ohne z.B. freie Meinungsäußerung oder echte demokratische Wahlen zu haben.

Wenn das so einfach geht, wieso wird das dann nicht gemacht? Der Aufstieg Chinas wird doch schon so lange diskutiert, warum zieht „der Westen“ nicht großflächig sein Geld aus China ab und investiert wo anders?
Ich meine, weil es einfach zu lukrativ ist, in China zu fertigen. Die Entscheiden in den Konzernen müssen halt schauen, dass die nächsten Quartalszahlen stimmen.

Da gebe ich dir Recht. Wenn Europa und die USA morgen ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu China beenden würden, hätten die ein großes Problem, so wie wir aber auch . Also machen alle so weiter und das macht China langfristig immer reicher.

Das klingt zwar erst mal schön, aber was soll daraus, bezogen auf China, folgen?

Könnte passieren, muss aber nicht. Taiwan hat mit dem Chiphersteller TSMC strategische Bedeutung für die USA und Westeuropa. Darüber hinaus ist Taiwan auch aus geostrategischer Sicht von enormer Bedeutung, denn die Volksrepublik China hätte enorm leichten Zugang zum Westpazifik, wenn sie Taiwan militärisch (oder anderweitig) einnehmen würde. Sofern Taiwan de-facto unabhängig bleibt, wird der militärische Einfluss der PRC hingegen auf das Gebiet westlich der sogenannten „First Island Chain“ eingedämmt.

Teilweise geschieht das nun wieder, weil Unternehmen Liefersicherheit haben möchten. Ich denke, hier muss man ein bisschen nach Branche unterscheiden. In der New York Times stand kürzlich, dass wohl besonders Industrien, die komplexe und teure Produkte herstellen, ihre Fabriken zurück nach Europa und in die USA holen könnten. Also Autos, Verteidigung, Luftfahrt, Halbleiter, Pharma. Alles, was sich nur schwer automatisieren lässt, wird nicht zurückkommen; dafür sind die Arbeitskosten im Westen einfach zu hoch.

Trotzdem ist es schwer ein Unternehmen zu gründen, man kann davon ausgehen, dass dies nur mit Zustimmung der Kommunistischen Partei (KP) möglich ist. Hier fließt also entweder Schmiergeld oder man verlangt politische Treue oder beides. Es ist nicht vorstellbar in China ein großes Unternehmen zu führen ohne Mitglied der Partei zu sein oder zumindest parteitreu zu agieren. Das sind enorme Hemmnisse für eine freie Wirtschaft.
Zudem ist der Einfluss der KP auf die wirtschaftliche Tätigkeit wohl kaum zu unterschätzen. Die Partei lenkt den Geldfluss. Verkalkuliert sich die politische Klasse demnach bei der Lenkung der Investitionsströme kann es schnell bergab gehen. Der Staat ist das zentrale Wirtschaftsorgan und historisch betrachtet ist das in den letzten 100 Jahren nie gut gegangen.
Auch mit der wirtschaftlichen Teilhabe sieht es nur bedingt rosig aus. Gewerkschaften sind verboten, die Löhne werden von der Partei festgelegt und das soziale Absicherungssystem ist nicht besonders leistungsfähig, geschweige denn gut finanziert.

Zunächst einmal verhindert eine geschlossen auftretende EU, dass China auf einzelne EU-Staaten politisch Einfluss nimmt und damit Konflikte innerhalb der EU fördern kann.
Politischer und wirtschaftlicher Einfluss gehen Hand in Hand. China versucht im pazifischen Raum, aber auch in Afrika, seinen Einfluss auszubauen indem es dort als Investor auftritt. Wenn sich die EU hier zurück zieht bzw. nicht als fairer alternativer Handelspartner auftritt verliert sie zwangsläufig an wirtschaftlichen und politischen Gewicht. Eine gemeinsame Handels- und Außenpolitik erscheint mir daher wichtig. Solange die EU ein gut diversifizierter Global-Player bleibt, ist sie politisch und wirtschaftlich nur schwer angreifbar.

China wird immer als Bedrohung für uns und unseren Wohlstand angesehen.
Die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre hat doch nur gezeigt, dass beide Seiten voneinander profitieren. Westliche Unternehmen haben neue Absatzmärkte gefunden und China war in der Lage einen Teil seiner Bevölkerung aus dem Mittelalter ins 21. Jh. zu katapultieren.

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Das stimmt zwar allerdings könnte China ja dem Westen auch nach einer „Übernahme“ von Taiwan weiter IC von TSMC liefern.

Auch da stimme ich zu, aber dennoch: Ich halte einen offen Krieg zwischen China und den USA für sehr unwahrscheinlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass es es irgendwann Verhandlungen zwischen Taiwan, China und den USA geben wird, in denen Taiwan dann einwilligt, eventuell mit einer Übergangszeit, (wie bei Hong Kong) sich China anzuschließen.

Das wäre natürlich gut. Aber selbst Produkte mit hoher Automatisierung in der Fertigung sind in China günstiger zu produzieren. Man schaue sich nur die ganze Pharmazie-Branche an.
Dementsprechend müsste man selbst bei solchen Produkten einen Preisaufschlag zahlen. Damit sich das für die Firmen rechnet bräuchte man entweder staatliche Subventionen, oder es findet tatsächlich ein Umdenken bei den Verbrauchern statt und sie zahlen mehr z.B. für Medikamente „made in USA“.

Als Ausländer ist das auf jeden Fall schwierig und aufwendig. Aber nicht unmöglich wie die ganzen Joint Ventures zeigen. Wie das ganze für Chinesen aussieht kann ich nicht sagen. Aber die KP hat wohl in der Tat einen großen Einfluß auf die Wirtschaft.
Das natürlich der Gegenentwurf zur westlichen Sicht auf die Wirtschaftspolitik, wo ja eher die Wirtschaft den Staat lenkt, wenn es mal überspitzt formulieren will.

Das passiert Firmen aber auch, konnte man 2008 ja in der Bankenkrise mit Lehmann Brother usw. gut sehen. Und die folgend davon sind heute noch spürbar, niedrige Leitzinsen etwa.

Das ist natürlich nicht gut. Aber ich vermute mal, gerade das mit den Gewerkschaften wird jetzt nichts sein, das westliche Investoren groß vermissen werden, wenn sie in China fertigen lassen.

Und das kann ich auch gut nachvollziehen. Abseits aller finanzieller Überlegungen kann man wohl festhalten:
Damit ca. 1,3 Milliarden Chinesen so gut und komfortabel leben können, wie die ca. 900 Million Menschen im „Westen“ gibt es auf der Erde einfach nicht genug Ressourcen und Energie.
Und damit geht es automatisch um Verteilungsfragen. Und die werden in einer kapitalistischen Weltordnung nun mal über die Wirtschaftsleistung entschieden.
Wenn China den Westen dort überholt, dann wird das automatisch dazu führen das unser Lebensstandard in Europa und den USA sinkt.

Die Frage ist dann eher, ob wir im Westen angesichts von Arbeitslosigkeit und Armut nicht selbst zu einer Bedrohung unserer Demokratie werden. In Deutschland kam diese Frage nach der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre schon mal auf. Und die wie das ausging, wissen wir ja alle.

Danke für deinen Beitrag zu diesem Thema! Könntest du diesen Satz bitte noch etwas ausführen?

Solange die liberale Demokratie sowohl Freiheit als auch (ökonomische) Sicherheit für die meisten seiner Bürger garantiert, wird es gegenüber Diktaturen immer die attraktivere Alternative sein. Auch die Taiwanesen werden sich sicher nicht China anschließen wollen, so lange sie wirtschaftlich stabil sind. Und ich hoffe auch, dass die USA das Land niemals so aufgeben werden wie z.B. Frankreich und Großbritannien die Tschechoslowakei 1938 aufgegeben haben.
Auf der anderen Seite werden wirtschaftlich zerrüttete Gesellschaften immer anfällig für die Versprechungen von Möchtegern-Diktatoren sein. Unsere eigene Geschichte haben Sie ja schon als Beispiel genannt.

Wenn ich mir die Berichterstattung in manchen Zeitungen u.Ä. durchlese, dann habe ich den Eindruck, viele Leute haben Angst, dass China dem Rest der Welt sein politisches und wirtschaftliches System aufzwingen würde. Die Angst mag auch nicht ganz unberechtigt sein, besonders da die USA das ja die letzten Jahrzehnte auch immer wieder gemacht haben.

Zusätzlich sehe ich in einem (für mich sehr wahrscheinlichen) wirtschaftlichen Aufschwung Chinas und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Abstieg des „Westens“ die Gefahr zunehmender politischer Destabilisierung im Westen.

Das Trump in Amerika Präsident werden konnte, liegt sicherlich auch daran, dass es viele Arbeitslose in den USA gibt, die keine Perspektive mehr haben und irgendwann den Glauben aufgegeben haben, dass die Politik ihrer Lage noch verbessert. Diese Leute wollen dann irgendwann einfach nur noch „Sand ins Getriebe streuen“.
Mit einem Teil der AfD-Wähler hier in Deutschland ist es dasselbe.

Genau darauf wollte ich hinaus.

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Moin,
bei diesem Thema fehlen mir noch folgende Gesichtspunkte:

  • die Produktion in China ist nur deshalb so günstig weil die Transportkosten so niedrig sind. Aber gerade dieser Vorteil verändert sich gerade
  • China hat den Vorteil sehr viele seltene Erden zu haben die für die moderne Elektronik benötigt werden. Das ist ein weiterer Punkt warum die Produktion IN China günstiger ist.
  • Das Risiko Klimaveränderung. Bei ungünstiger klimatischen Konstellationen kann ein Land wie China (große Bevölkerung auf ziemlich engen Raum) schnell zu einem Problem bei der Versorgung seiner Bevölkerung mit Lebensmitteln kommen.
  • Mit steigender Rivalität (Verteilungskampf) der einzelnen Gruppen um Versorgungsgütern wird das Risiko eines Krieges enorm steigen.

Die Verteilungsfrage kann man nicht von der Hand weisen, wenn es China gelingt weiter wirtschaftlich zu prosperieren, was ich auf die nächsten Jahrzehnte eher bezweifle, wie ich schon weiter oben dargelegt habe.
Wie ausgeprägt Verteilungsfragen also auftreten steht in den Sternen und kann niemand vorhersagen, weil wir alle nicht in die Zukunft schauen können. Mir fallen zwei Dinge ein, die für einen guten Ausgang dieser Fragen für uns sprechen. Erstens wurde das Problem der Ressourcenknappheit bereits erkannt und wird politisch/wirtschaftlich/wissenschaftlich bearbeitet. Gerade in Anbetracht des wissenschaftlichen Fortschritts ist damit zu rechnen, dass wir in Zukunft mit weniger Materialeinsatz mehr herausbekommen (siehe Effizienz von Verbrennungsmotoren oder Energieverbrauch von Kühlschränken, TV-Geräten usw.).
Zweitens haben wir diese Verteilungsfragen in der jüngeren Vergangenheit auch gelöst bekommen. Ein, wenn nicht der, Treibstoff der industriellen Revolution des 20. Jh. war Erdöl. Deutschland hat keine wirtschaftlich relevanten Vorkommen von Erdöl. Und hat das unserem Wohlstand negativ beeinträchtigt?

Was die Stabilität unserer demokratischen Gesellschaft betrifft, so sehe ich hier größere innenpolitische Probleme. Die Verteilungsfrage stellt sich diesbezüglich für mich eher innerhalb unserer Gesellschaft und nicht im globalen Kontext! Die Ungleichverteilung von Wohlstand und Vermögen hat in den letzten 2 Jahrzehnten zugenommen und das bedroht unsere Demokratie sicher mehr als China. (Liste der Länder nach Vermögensverteilung – Wikipedia)
Die Ursachen dafür liegen, für mich, in der Sozial- und Steuerpolitik sowie im Bildungssektor. Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass Kinder aus bildungsfernen Familien bessere Chancen haben, sonst wird diese Schere immer weiter auseinander gehen. Und das sind Hebel, auf die China so schnell keinen Einfluss nehmen wird.

Die Berichterstattung in den Zeitungen spiegelt erst einmal nicht zwingend die Ängste der „Leute“ wieder. Vielmehr ist es so, dass bewusst Schlagzeilen produziert werden, die dieses Gefühl heraufbeschwören sollen, damit sich die „Nachrichten“ besser verkaufen.
Der Vergleich mit den USA hinkt meiner Meinung nach gewaltig. Die Region in der die USA den wohl größten Einfluss auf das politische und wirtschaftliche System hatten ist wohl Westeuropa. Was war aber der Ausgangspunkt dieser Entwicklung? Das war das Ende des 2.Weltkriegs, als ganz Westeuropa (mit Ausnahme Großbritanniens) wirtschaftlich und politisch darniederlagen. Die USA stellten zu diesem Zeitpunkt 40-50% der weltweiten Wirtschaftsleistung!! Mit dem Marshallplan haben die USA dann den demokratischen Wiederaufbau Europas angestoßen. Zudem war Europa und vor allem Deutschland von amerikanischen Truppen besetzt! Hinsichtlich der „Konfrontation“ mit China haben wir heute ganz andere Vorraussetzungen. Und in anderen Teilen der Welt haben die USA zwar versucht Einfluss auszuüben, besonders erfolgreich waren sie damit aber nicht. Als Positivbeispiel fallen mir noch Japan und Südkorea ein (ähnliche Vorraussetzungen wie in Europa), Negativbeispiele sind Vietnam und man könnte sagen ganz Südamerika und der Nahe Osten. Man darf natürlich nicht verschweigen, dass dies trotzdem zum Teil gewaltige Auswirkungen auf die Länder in Südamerika und im Nahen Osten hatte. Aber auch hier waren die „Opferstaaten“ entweder diktatorisch geführt oder im höchsten Maße korrupt, sodass ebenfalls ganz andere Vorraussetzungen herrschten als in Europa heute.

Der Fakt an sich ist schon einmal falsch.(USA - Arbeitslosenquote bis 2026 | Statista) Unter Obama war die Zahl der Arbeitslosen stark rückläufig. Die Gründe für Trumps Aufstieg sind sicher vielfältig und komplex. Ich Maße mir nicht an diese ergründet zu haben, sehe aber als Ursache eher eine Gegenreaktion des alten weißen Amerikas gegen den jungen, schwarzen Präsidenten und den erfolgreichen Aufbau des Mythos „wir Kleinen gegen das politische Establishment“, was an sich völlig irre ist wenn man bedenkt von wem es kommt und wer Trump (auch) wählt (nämlich der reiche Süden). Wie auch immer, ist es zu einer Radikalisierung beider politischen Lager gekommen.

Hallo @Schlossermeister
bei den drei beiden Punkten bin ich grundsätzlich bei dir.
Die Risiken des Klima-Wandels für Transport-Kosten und Nahrungsanbau sind natürlich enorm. Die Frage ist hierbei:
Wie schnell werden diese Probleme für China drastisch und ist China bis dahin so „stark“, dass es die Probleme mindestens so gut kompensieren kann (z.B. durch Nahrungsimporte) wie der Westen.

Für regional begrenzte, konventionell geführte Konflikte mag das zutreffen. Aber ein offener atomarer Schlagabtausch kostet alle Seiten mehr als das er nützt. Ich traue Politikern im Zweifel viel zu aber ich denke dieser Tatsache sind sich Seiten bewusst.

Nun dann werden wir uns an dieser Stelle gegenseitig wohl nicht überzeugen. Daher noch einen letzten Punkt von meiner Seite:
Eine andauernde Hegemonie der Vereinigten Staaten widerspricht allen geschichtlichen Erfahrungen mit dem was man so „Imperien“ nennt. Und China wirtschaftlicher Aufschwung relativ zu Amerika und die Tatsache das es eine eine Atommacht ist, die auch gerade ordentlich aufrüstet, sind für mich starke Indikatoren, dass China innerhalb der nächsten paar Jahrzehnte Amerika als globale Großmacht ablösen wird.

Das ist natürlich richtig. Jedoch: Ärmere und reichere Länder hat es schon immer gegeben und insbesondere die weltweite Vorherrschaft kapitalistischer Volkswirtschaften und eine Profit-orientierte globale Marktwirtschaft lassen da wenig Hoffnung auf Besserung. Da hilft auch kein technischer Fortschritt.

Ja und Nein.
Natürlich haben die USA in West-Europa seit dem 2. Weltkrieg eine starke Präsenz und wirtschaftlich waren Amerika und Europa auch schon vorher stark verflochten, was z.B. die Weltwirtschaftskrise der 1930er gezeigt hat.
Allerdings waren viele europäische Staaten schon von sich aus, sowohl wirtschaftlich (Marktwirtschaft) als auch politisch (demokratische Strukturen) auf einem ähnlichen Stand wie Amerika. Noch dazu kommt die religiöse und kulturelle Nähe zwischen Europa und den USA.
Die Sowjetunion zum Beispiel ist da mit Stalin und dem Kommunismus eine ganz anderes System gewesen.
So ist es meiner Meinung nach auch zu erklären, dass die USA und sogar Westdeutschland innerhalb weniger Jahre von Kriegsgegnern zu Verbündeten wurde.

In anderen Ländern hat der westliche Einfluss dagegen einen viel drastischeren Einfluss gehabt. Als trauriges Paradebeispiel sehe ich da den Iran.
Der war nach dem 2. Weltkrieg auf dem besten Weg, eine liberale Demokratie zu werden. Als sie dann aber die britischen Ölfirmen verstaatlichten, stürzte Großbritannien das Land erst über einen Öl-Boykott in eine Wirtschaftskrise und die USA haben anschließend, 1953, mit der CIA dort wieder den alten Monarchen installiert.
Das nenne ich mal Einfluss nehmen.

Gut ich ziehe das Arbeitslosen-Argument zurück. Ich glaube zwar nicht, dass sich die wirtschaftliche Lage der meisten Amerikaner in den letzten 20 Jahren verbessert hat, kann ich das nicht eindeutig genug an der Arbeitsmarktentwicklung festmachen.

Wir müssen uns auch nicht einig werden :slight_smile:
Ich habe nie behauptet, dass die Hegemonie der USA anhalten wird. Ich bezweifle nur, dass der wirtschaftliche Aufstieg Chinas weiter so rasch voranschreitet. Das hat nicht zwingend etwas miteinander zu tun. Man darf auch nicht die Relationen vergessen. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt in China noch immer weit hinter der moderner Industrienationen. Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – Wikipedia

Du hast Recht mit der Aussage, dass Imperien nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Gebildet haben sich diese doch eigentlich immer aufgrund eines technologisch/militärischen, organisatorischen oder gesellschaftlichen Vorsprungs. Bei China sehe ich auf absehbare Zeit keine Vorreiterrolle in einem dieser Punkte. Meiner Meinung nach gibt das politisch/gesellschaftliche System das einfach nicht her. Bezüglich des politischen Gewichts bringt die atomare Aufrüstung über einen gewissen Punkt hinaus auch nichts mehr. Sobald ein Staat in der Lage ist einen Erstschlag durchzuführen gehört er zum Club. Aber damit wäre China auch nur einer von vielen. Mit dem kommenden Sozial-Kreditsystem steuert China auf ein einmaliges Sozialexperiment zu, dessen Auswirkungen keiner Voraussagen kann.
Ich bin der Überzeugung, dass unser Wohlstand in ähnlichem Maße erhalten werden kann, wenn wir unsere eigenen Probleme gelöst bekommen und die europäische Gemeinschaft stärken.
Und vielleicht ist das Zeitalter der Imperien einfach vorbei und wir steuern auf eine Zeit des Kräftegleichgewichts zu. Da fallen mir ein paar Argumente für ein, aber das wäre dann ein neuer Thread. Wäre doch mal ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte.

Gibt es für diese Hypothese wissenschaftliche Belege? So wie ich den Forschungsstand überblicke, entstammen zumindest die Sorgen um Ressourcenkonflikte um Öl und Wasser eher dem Reich der Mythen als der Realität.

https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-94-011-4219-9_18

Da bin ich etwas anderer Meinung. Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie und auch der kommenden Klima-Krise, ist ein autoritärer Staat, der notwendige Maßnahmen zu Lasten seiner Bürger und sogar bestimmter Wirtschaftssektoren eher durchsetzen kann als eine liberale Demokratie möglicherweise (leider) im Vorteil. Dazu mal dieses Beispiel:
Experten fürchten nächsten Engpass [Anm.: Magnesium] für Autobauer - t-online.de

Vor allem in der Provinz Shaanxi, dem Herzen von Chinas Magnesium-Industrie, wurde die Produktion bereits im vergangenen Herbst stark zurückgefahren. Die Provinz musste ihren Energieverbrauch deutlich senken, damit die staatlichen CO2-Emissionsziele erreicht werden können. Da die Magnesiumproduktion besonders viel Energie benötigt, wurde hier deutlich gekürzt.

Kann sich jemand vorstellen, was für einen Aufschrei es geben würde, wenn der deutsche Staat tatsächlich von der Stahl-Industrie verlangen würde, ihr Produktion zu drosseln? Also direkt, nicht über hohe Strompreise oder so etwas und zwar trotz wartender Kunden.

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@Matder der drohende Magnesiummangel und die Preiserhöhung der Aluminiumprodukte (Energiekosten) war schon im Oktober bekannt. Da hat es in meinem Berufszweig die ersten Preiserhöhungen (um ca. 1/3) und Lieferengpässe gegeben.

Leider ist mein englisch nicht gut genug die verlinkten Artikel zu lesen bzw wirklich zu verstehen. Auch habe ich keine „wissenschaftliche“ Belege für Verteilungskämpfe. Wenn man sich die menschliche Vergangenheit ansieht gab es die aber immer wieder.
Der Podcast „Das Klima“ bespricht den IPCC-bericht in der Folge 023 ging es um regionale Wetterveränderung im Himalayagebirge und dass dort mit massiv weniger Niederschlägen zu rechnen ist. Der Himalaya speist aber einige der größten Flüsse Asiens/Chinas.

Hier ein paar Links die meine These stützen.

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Danke! :slightly_smiling_face:

Hmm, eine umfangreiche Zusammenfassung würde sicherlich den Rahmen sprengen. Aber kurz gesagt deuten neuere Forschungsarbeiten darauf hin, dass zwischenstaatliche Konflikte (also zum Beispiel ein Krieg zwischen der Volksrepublik China und den USA) um Öl und Wasser deutlich seltener sind als oft angenommen. Und wenn, dann handelt es sich um kleine Scharmützel, oder es geht in Wahrheit um etwas anderes als die Ressourcen selbst.

Das steht auch im bpb-Artikel von Dr. Solveig Richter (den ich auch durchaus als wissenschaftliche Quelle einstufen würde): Der Großteil aller Ressourcenkonflikte ist innerstaatlich, und Ressourcen alleine sind in den seltensten Fällen die Ursache für Konflikte. Insofern bin ich mir nicht sicher, ob das Risiko eines Krieges zwischen der Volksrepublik China und „dem Westen“ tatsächlich stiege, wenn es zu einer Verknappung von Vorsorgungsgütern kommen würde.

Kurze Rückfrage dazu: Ich lass auch, dass China inzwischen die Produktion wieder erhöht hätte, hat sich der Preis darauf erholt?