China als Bedrohung für die westliche Demokratie?

Hallo @Schlossermeister
bei den drei beiden Punkten bin ich grundsätzlich bei dir.
Die Risiken des Klima-Wandels für Transport-Kosten und Nahrungsanbau sind natürlich enorm. Die Frage ist hierbei:
Wie schnell werden diese Probleme für China drastisch und ist China bis dahin so „stark“, dass es die Probleme mindestens so gut kompensieren kann (z.B. durch Nahrungsimporte) wie der Westen.

Für regional begrenzte, konventionell geführte Konflikte mag das zutreffen. Aber ein offener atomarer Schlagabtausch kostet alle Seiten mehr als das er nützt. Ich traue Politikern im Zweifel viel zu aber ich denke dieser Tatsache sind sich Seiten bewusst.

Nun dann werden wir uns an dieser Stelle gegenseitig wohl nicht überzeugen. Daher noch einen letzten Punkt von meiner Seite:
Eine andauernde Hegemonie der Vereinigten Staaten widerspricht allen geschichtlichen Erfahrungen mit dem was man so „Imperien“ nennt. Und China wirtschaftlicher Aufschwung relativ zu Amerika und die Tatsache das es eine eine Atommacht ist, die auch gerade ordentlich aufrüstet, sind für mich starke Indikatoren, dass China innerhalb der nächsten paar Jahrzehnte Amerika als globale Großmacht ablösen wird.

Das ist natürlich richtig. Jedoch: Ärmere und reichere Länder hat es schon immer gegeben und insbesondere die weltweite Vorherrschaft kapitalistischer Volkswirtschaften und eine Profit-orientierte globale Marktwirtschaft lassen da wenig Hoffnung auf Besserung. Da hilft auch kein technischer Fortschritt.

Ja und Nein.
Natürlich haben die USA in West-Europa seit dem 2. Weltkrieg eine starke Präsenz und wirtschaftlich waren Amerika und Europa auch schon vorher stark verflochten, was z.B. die Weltwirtschaftskrise der 1930er gezeigt hat.
Allerdings waren viele europäische Staaten schon von sich aus, sowohl wirtschaftlich (Marktwirtschaft) als auch politisch (demokratische Strukturen) auf einem ähnlichen Stand wie Amerika. Noch dazu kommt die religiöse und kulturelle Nähe zwischen Europa und den USA.
Die Sowjetunion zum Beispiel ist da mit Stalin und dem Kommunismus eine ganz anderes System gewesen.
So ist es meiner Meinung nach auch zu erklären, dass die USA und sogar Westdeutschland innerhalb weniger Jahre von Kriegsgegnern zu Verbündeten wurde.

In anderen Ländern hat der westliche Einfluss dagegen einen viel drastischeren Einfluss gehabt. Als trauriges Paradebeispiel sehe ich da den Iran.
Der war nach dem 2. Weltkrieg auf dem besten Weg, eine liberale Demokratie zu werden. Als sie dann aber die britischen Ölfirmen verstaatlichten, stürzte Großbritannien das Land erst über einen Öl-Boykott in eine Wirtschaftskrise und die USA haben anschließend, 1953, mit der CIA dort wieder den alten Monarchen installiert.
Das nenne ich mal Einfluss nehmen.

Gut ich ziehe das Arbeitslosen-Argument zurück. Ich glaube zwar nicht, dass sich die wirtschaftliche Lage der meisten Amerikaner in den letzten 20 Jahren verbessert hat, kann ich das nicht eindeutig genug an der Arbeitsmarktentwicklung festmachen.

Wir müssen uns auch nicht einig werden :slight_smile:
Ich habe nie behauptet, dass die Hegemonie der USA anhalten wird. Ich bezweifle nur, dass der wirtschaftliche Aufstieg Chinas weiter so rasch voranschreitet. Das hat nicht zwingend etwas miteinander zu tun. Man darf auch nicht die Relationen vergessen. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt in China noch immer weit hinter der moderner Industrienationen. Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – Wikipedia

Du hast Recht mit der Aussage, dass Imperien nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Gebildet haben sich diese doch eigentlich immer aufgrund eines technologisch/militärischen, organisatorischen oder gesellschaftlichen Vorsprungs. Bei China sehe ich auf absehbare Zeit keine Vorreiterrolle in einem dieser Punkte. Meiner Meinung nach gibt das politisch/gesellschaftliche System das einfach nicht her. Bezüglich des politischen Gewichts bringt die atomare Aufrüstung über einen gewissen Punkt hinaus auch nichts mehr. Sobald ein Staat in der Lage ist einen Erstschlag durchzuführen gehört er zum Club. Aber damit wäre China auch nur einer von vielen. Mit dem kommenden Sozial-Kreditsystem steuert China auf ein einmaliges Sozialexperiment zu, dessen Auswirkungen keiner Voraussagen kann.
Ich bin der Überzeugung, dass unser Wohlstand in ähnlichem Maße erhalten werden kann, wenn wir unsere eigenen Probleme gelöst bekommen und die europäische Gemeinschaft stärken.
Und vielleicht ist das Zeitalter der Imperien einfach vorbei und wir steuern auf eine Zeit des Kräftegleichgewichts zu. Da fallen mir ein paar Argumente für ein, aber das wäre dann ein neuer Thread. Wäre doch mal ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte.

Gibt es für diese Hypothese wissenschaftliche Belege? So wie ich den Forschungsstand überblicke, entstammen zumindest die Sorgen um Ressourcenkonflikte um Öl und Wasser eher dem Reich der Mythen als der Realität.

https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-94-011-4219-9_18

Da bin ich etwas anderer Meinung. Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie und auch der kommenden Klima-Krise, ist ein autoritärer Staat, der notwendige Maßnahmen zu Lasten seiner Bürger und sogar bestimmter Wirtschaftssektoren eher durchsetzen kann als eine liberale Demokratie möglicherweise (leider) im Vorteil. Dazu mal dieses Beispiel:
Experten fürchten nächsten Engpass [Anm.: Magnesium] für Autobauer - t-online.de

Vor allem in der Provinz Shaanxi, dem Herzen von Chinas Magnesium-Industrie, wurde die Produktion bereits im vergangenen Herbst stark zurückgefahren. Die Provinz musste ihren Energieverbrauch deutlich senken, damit die staatlichen CO2-Emissionsziele erreicht werden können. Da die Magnesiumproduktion besonders viel Energie benötigt, wurde hier deutlich gekürzt.

Kann sich jemand vorstellen, was für einen Aufschrei es geben würde, wenn der deutsche Staat tatsächlich von der Stahl-Industrie verlangen würde, ihr Produktion zu drosseln? Also direkt, nicht über hohe Strompreise oder so etwas und zwar trotz wartender Kunden.

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@Matder der drohende Magnesiummangel und die Preiserhöhung der Aluminiumprodukte (Energiekosten) war schon im Oktober bekannt. Da hat es in meinem Berufszweig die ersten Preiserhöhungen (um ca. 1/3) und Lieferengpässe gegeben.

Leider ist mein englisch nicht gut genug die verlinkten Artikel zu lesen bzw wirklich zu verstehen. Auch habe ich keine „wissenschaftliche“ Belege für Verteilungskämpfe. Wenn man sich die menschliche Vergangenheit ansieht gab es die aber immer wieder.
Der Podcast „Das Klima“ bespricht den IPCC-bericht in der Folge 023 ging es um regionale Wetterveränderung im Himalayagebirge und dass dort mit massiv weniger Niederschlägen zu rechnen ist. Der Himalaya speist aber einige der größten Flüsse Asiens/Chinas.

Hier ein paar Links die meine These stützen.

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Danke! :slightly_smiling_face:

Hmm, eine umfangreiche Zusammenfassung würde sicherlich den Rahmen sprengen. Aber kurz gesagt deuten neuere Forschungsarbeiten darauf hin, dass zwischenstaatliche Konflikte (also zum Beispiel ein Krieg zwischen der Volksrepublik China und den USA) um Öl und Wasser deutlich seltener sind als oft angenommen. Und wenn, dann handelt es sich um kleine Scharmützel, oder es geht in Wahrheit um etwas anderes als die Ressourcen selbst.

Das steht auch im bpb-Artikel von Dr. Solveig Richter (den ich auch durchaus als wissenschaftliche Quelle einstufen würde): Der Großteil aller Ressourcenkonflikte ist innerstaatlich, und Ressourcen alleine sind in den seltensten Fällen die Ursache für Konflikte. Insofern bin ich mir nicht sicher, ob das Risiko eines Krieges zwischen der Volksrepublik China und „dem Westen“ tatsächlich stiege, wenn es zu einer Verknappung von Vorsorgungsgütern kommen würde.

Kurze Rückfrage dazu: Ich lass auch, dass China inzwischen die Produktion wieder erhöht hätte, hat sich der Preis darauf erholt?

Das produzierte Material muss erst mal im „Markt“ ankommen damit das Angebot den Bedarf wieder deckt.
Bis das Material hier ist, bzw. die Preise sich wieder normalisieren das dauert erfahrungsgemäß. Andererseits, wenn der Strompreis hoch bleibt wird der Preis nicht groß fallen.

Dieser Themenvorschlag gewinnt mehr und mehr an Bedeutung.
Hier eine weitere gute Quelle: Uiguren in China: Datenleak enthüllt Details zum Lagersystem - Politik - SZ.de

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Hier noch ein interessanter Bericht von Correctiv, ebenfalls zum Thema China:

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Die Amerikaner haben das vor Jahren erkannt. Ihr strategischer shift in den Indo-Pazifik begann schon unter Obamas erster Amtszeit. Umso ärgerlicher, dass sie sich jetzt um eine sterbende Weltmach in Osteuropa kümmern müssen aber das ist ein anderes Thema.
Jedenfalls hat in vor allem in den letzten Jahren einen starken Anstoß vieler neuer Projekte sowie Kooperationen mit den wichtigen demokratischen Partnern in der Region gegeben (AUKUS zwischen USA, UK und Australien oder QUAD zwischen USA, Japan, Indien und Australien).

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Der Einfluss auf die Filmindustrie ist auch nicht zu unterschätzen.

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Es bleibt für mich völlig unverständlich, wie die EU sich so von den Chinesen ausspielen lassen konnte. Alleine die Geschichte mit dem strategisch wichtigen Hafen von Piräus, Griechenland. Statt sich um die übergeordneten strategischen Interessen der EU zu kümmern, war jeder Nationalstaat wohl wieder auf die kurzfristigen, eigenen Interessen bedacht. Zusätzlich glaubten damals wahrscheinlich noch viele an Ideen wie „Wandel durch Handel“ oder „das Ende der Geschichte“, Konzepte die aus einer für uns gefährlichen westlichen Hybris entstanden, krachend an der Realität scheiterten und geschickt von Beijing genutzt wurde.

Zumindest findet seit einigen Jahren/Monaten ein deutliches Umdenken in Europa statt, man könnte schon sagen: ein Erwachen in der Realität.

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Die EU hat Griechenland während der Finanzkrise 2015 gezwungen, den Hafen zu verkaufen. Dass am Ende die Chinesen jemanden, der verkaufen musste, das beste Angebot machten, lässt bei mir wenig Mitleid für die ach so unbedarfte EU aufkommen. Das waren nicht die kurzfristigen, eigenen Interessen eines Nationalstaats, die da am Werke waren, sondern tatsächlich die übergeordneten strategischen Interessen der EU.

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Ich denke einfach, die Art und Weise, wie die Globalisierung funktioniert, also vor allem mit Produktion in Billig-Ländern, und die Art wie China die Globalisierung für sich zu nutzen weiß, sorgt einfach dafür das sie immer wichtiger werden.

Allein die Tatsache, das China der 2. wichtigste Gläubiger der USA ist, sagt dabei schon viel aus, finde ich:

BTW:
Ich hörte schon öfter die These, dass die Amerikaner das überhaupt nur durch halten, weil die ganze Welt (außer Russland) Rohöl in Dollar handelt. Wenn die Chinesen also die Saudis und Co. überzeugen, dass die statt Dollar nur noch Yuan akzeptieren, dann wird es düster für Amerika.

„Ein Erwachen in der Realität“, wohl eher das „kollektive Huch“: Menschenrechte: Carolin Emcke über Verharmlosung und Entsetzen - Meinung - SZ.de

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Den Mechanismus verstehe ich schon: Wo die eine Seite auf Freiheit einzelner Akteure, z. B. einzelner Firmen, setzt, und die andere auf das Bündeln ihrer Kräfte, um nationale Interessen durchzusetzen, wird bei praktisch allen bilateralen Verhandlungen der Vertreter der ersten Seite schwächer als sein Gegenüber von der zweiten sein.

Was ich nicht verstehe, warum angesichts dieses ziemlich offensichtlichen Mechanismus in Europa Politiker, Journalisten, Firmen, Gewerkschaften, Bürger, … es nicht schaffen, ihn zu durchbrechen, und vor allem, die meisten es nicht einmal fordern, das zu tun.

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Andere Medien haben das Thema schon aufgegriffen:

Was macht China zur Weltmacht und was macht die Welt mit China? Darum geht es im ARD-Podcast „Welt.Macht.China“. Ein Team aus aktuellen und ehemaligen KorrespondentInnen und China-ExpertInnen schaut nicht nur von außen auf das Land, sondern tief hinein – mit Hintergründen, Analysen, Stimmen und auch einem Blick auf Klischees und Vorurteile, die es in Deutschland eventuell gibt. Hang-Shuen Lee und Steffen Wurzel moderieren „Welt.Macht.China“ abwechselnd. Eine neue Folge gibt es ab dem 10. Mai 2022 jeden zweiten Dienstag.
Welt.Macht.China · ARD Audiothek

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2 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: China als Bedrohung der westlichen Demokratie // Teil 2 mit Annalena Baerbock

Wenn im aktuellen Podcast gesagt wird, dass Deutschland die „aggressiven Bestrebungen in der russischen Außenpolitik unterschätzt hat“, stellt sich die Frage, ob wir bald dasselbe über das Verhältnis zu China einsehen müssen. Eine Analyse hierzu durch die Lage, ggf. mit Expert*innen, wäre sehr willkommen.

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