BundesTEILHABEGesetz - Betreuungssituation in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe

Die Betreuungssituation in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe (Wohnheime für Menschen mit Behinderung) werden immer katastrophaler. Im Sinne einer gesellschaftlichen Teilhabe, wie es im Bundesteilhabegesetz beschrieben ist, sind viele Einrichtungen meilenweit entfernt. Satt und Sauber werden nicht immer sichergestellt. Das ist für die Bewohner menschenunwürdig. Es mündet letztlich darin, dass in Sinzig im Ahrtal letztlich 12 Menschen ertrunken, da in der Einrichtung 1 Nachtwache für 38 Bewohner verteilt auf 2 Häuser finanziert ist. Weniger dramatisch aber deswegen nicht weniger schwierig ist die Situation auf vielen Wohngruppen. Die Mitarbeiter haben um 21:00 Uhr Feierabend. Damit alles was erforderlich ist dokumentiert werden kann, müssen die Mitarbeiter i.d.R. um 20:30 Uhr sich ins Büro an den PC zurück ziehen. Das wiederum heißt in der Konsequenz, dass die Bewohner bis auf Ausnahmen spätestens um 20:30 Uhr auf die Zimmer müssen. Am Wochenende sitzen die Bewohner i.d.R. in der Wohngruppe, da die Wochenendbesetzung Aktivitäten mit Teilen der Bewohner nicht zu lassen…
Die Ursache sind die verhandelten Kostensätze mit den Kostenträgern. Die Personalkosten steigern sich durch Tariferhöhungen, die Kostensätze nicht. Es gibt kaum noch qualifizierte Fachkräfte auf den Wohngruppen, die Ursachen vielfältig.
Ich höre jetzt mal auf, da dieser Bereich unserer Gesellschaft, der keine Lobby hat, in so vielen Bereichen benachteiligt wird, dass ich hier einen ganzen Roman schreiben könnte.
Das frustrierenste für mich ist, dass selbst nach dem Drama Ahrtal niemand diese unverantwortliche personelle Ausstattung thematisiert. Das ist für mich so befremdend, denn wer kann sich sich sicher sein, morgen nicht selbst Bewohner zu werden.
Vielleicht findet das Thema bei Euch ja Anklang, gerade wegen der Verbindung zur Gesellschaft für Freiheitsrechte, denn mit gesellschaftlicher Teilhabe hat das Leben in diesen Einrichtungen nur bedingt zu tun, was für mich ein Stück eine Einschränkung der persönlichen Freiheit zu tun hat.

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Das Thema Preisverhandlungen ist mir aus der beruflichen Reha sehr vertraut. Es gibt jährliche Zuschläge von 2-3%, also weit unter der Inflation. Diese Preise sind dann für ein Jahr fix. Aktuell spiegeln sich also die steigenden Kosten duch Corona und Ukraine-Krise in keinster Weise wieder.
Andererseits sind die Qualitätsvorgaben der Leistungsträger hinsichtlich Menschen mit Behinderung sehr hoch, lassen sich in der Praxis aber oft nur auf dem Papier realisieren. Was den Leistungsträgern (wie DRV oder Agentur für Arbeit) durchaus bewusst ist.
Folge: Das qualifizierte und motivierte Personal ist immer knapp, weil sich an Personalkosten am ehesten sparen lässt. Diese erzwungene Personalknappheit nagt an Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter, was dann auch die Menschen mit Behinderung irgendwann spüren.
Das BTHG meint vieles gut, aber lässt sich in der Praxis nicht einfach so abbilden. Im Sozialgesetzbuch IX wird auch ausdrücklich auf das Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hingewiesen. (§123 SGB IX, Satz 2). Nachvollziehbar, da es sich um Beitragsgelder aus der Sozialversicherung handelt. Wird in der Praxis aber oft so interpretiert, das nur „günstige“ Leistungen bewilligt werden, die dann aber nicht zielführend sind.
Leistungen für Menschen mit Behinderung bringen auf den ersten Blick wenig Return of Invest, was sich aber beispielsweise für die Berufliche Reha (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) in Studien anders darstellt.(xit GmbH forschen. planen. beraten (2012): Studie zum SROI erarbeitet von Prof. Dr.
Klaus Schellberg und Dr. Britta Wagner, Unveröffentlichter Bericht, Nürnberg 2012)