Brauchen wir eine Neuausrichtung der Prioritäten? Post-Covid-Patienten und die Verteilung von Finanzmitteln

Im Nov. 2022 hat die Regierung die Verwendung eines Teils des Nachtragshaushalts i.H.v. 60 Mrd. Euro für den Klimaschutz beschlossen. Diese Umwidmung fand statt, da man davon ausging, dass die Finanzmittel nicht mehr für die Corona-Bekämpfung benötigt würden.

Allerdings möchte ich auf einen Aspekt aufmerksam machen, der für viele Menschen, insbesondere Post-Covid-Patienten, eine lebensverändernde Realität darstellt. Ich erlebe hautnah die ernsten Folgen von Covid-19 anhand meiner Freundin, die stark unter Post-Covid-Symptomen leidet. Sie und viele andere Betroffene erhalten kaum unterstützende Maßnahmen von Ärzten oder staatlicher Seite. Dies liegt unter anderem daran, dass kaum Studien zur Behandlung, zu Medikamenten oder generell zu der Krankheit finanziert werden. Es mangelt hier sichtlich an Geld für dieses Thema und gleichzeitig entscheid sich die Regierung dazu die kompletten 60 Mrd. anders zu nutzen.

Es ist frustrierend zu sehen, dass bis heute wenig Fortschritte erzielt wurden, und zig tausende Menschen in Deutschland sowie Millionen weltweit unter den anhaltenden Auswirkungen von Post-Covid leiden. Es gibt einen Mangel an Unterstützung, zu viele orientierungslose Ärzte, finanzielle Schwierigkeiten und psychischen Belastungen bei den Betroffenen, wie auch zahlreiche Forenbeiträge und Erfahrungsberichte zeigen.

Es scheint, als könnten nur ein Bruchteil der besagten 60 Milliarden Euro dazu beitragen, dringend benötigte Studien zu Medikamenten und Therapieansätzen durchzuführen, den Betroffenen Sicherheit zu bieten, Ärzte angemessen zu schulen und finanzielle Unterstützung zu gewähren.

Der jüngste Erfolg der Klage der CDU vor dem Verfassungsgericht gegen die Umwidmung der Mittel sollte uns nun die Möglichkeit bieten, zumindest einen Teil dieser Gelder für die Unterstützung der Betroffenen und die Suche nach Lösungen für diese Krankheit zu verwenden.

Angesichts dieser aktuellen Entwicklung würde ich es begrüßen, wenn dieses Thema erneut Beachtung finden würde. Es scheint, als hätten viele Menschen das Gefühl, dass das Leben wieder normal läuft und die Auswirkungen von Corona vergessen sind. Allerdings bleibt für zahlreiche Erkrankte das eigene Leben in Trümmern, ohne Aussicht auf Besserung, und dies findet in der Gesellschaft, der Politik und den Medien kaum Beachtung.

Es ist an der Zeit, dass wir darüber sprechen, wie wir die finanziellen Mittel des Nachtragshaushalts einsetzen, um denjenigen zu helfen, die unter den langfristigen Folgen von Covid-19 leiden. Es geht nicht nur um Geld, sondern um die Verantwortung, den Menschen in unserer Gesellschaft zu helfen, die weiterhin unter den Auswirkungen dieser Pandemie leiden.

Vielleicht möchtet ihr darüber diskutieren, wie diese Mittel bestmöglich eingesetzt werden könnten, um denjenigen zu helfen, die weiterhin von den Auswirkungen der Krankheit betroffen sind.

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Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Es ist nur die Frage, wie viel es bringt auf das Thema 60 Mrd zu werfen. Es wird bereits geforscht und die Mittel wurden von 2021 auf 2022 auch von 6,5 auf 10 Millionen erhöht, Forschung - Long COVID Deutschland. Die EU fördert auch, siehe Coronavirus research and innovation. Die Summen sind auf EU Ebene wesentlich höher, sind aber aufgrund des Verwaltungsaufwandes „weniger effektiv“ als nationale Vorhaben.
Die Frage ist jetzt, ob das genug ist oder nicht. Für Betroffene ist es auf jeden Fall nicht genug, das ist verständlich. Die deutschen Mittel von 16,5 Mio € entsprechen über den Daumen 30 Projekte mit jeweils einem Doktoranden und 3 Jahren Laufzeit. Da sage ich aus dem Bauch heraus, dass das gar nicht so wenig ist und die wichtigsten Themen werden bereits angegangen. Ob noch mehr Geld für Forschung an dieser Stelle sinnvoll ist, hängt davon ab, wie stark ausgelastet die Forschungsinstitute sind. Hier würde ich auch einschätzen nochmal sowas wie 10 Millionen OK, aber dann sollten die auch ausgelastet sein und die Kapazitäten kann man nicht so ohne weiteres aufstocken. Die 60 Mrd hierfür zu nutzen kann ich nachvollziehen, doch ist die Summe aus meiner Sicht viel zu groß (Faktor 1.000 zu groß), dass sie effektiv verwendet werden könnte.

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Blockzitat

Ich bin absolut bei Dir dass für eine bessere Unterstützung nicht annähernd 60 Mrd. sinnvoll oder nötig seien. Ein Bruchteil, so wie Du es ja selber schon schreibst, von einigen 10 Mio. könnten bereits einen großen Impact haben, vor allem aber auch eine positive Signalwirkung für alle Betroffenen haben.

Auch wenn es die von Dir genannten Forschungen gibt, die vielen Ärzte, mit denen wir bislang gesprochen haben, sagen selber dass das zu wenig ist und wir darauf keine Hoffnung setzen sollten.
Es fehlt auch einfach an direkter Hilfe für die Betroffenen, finanziell wie auch in der psychologischen und ärztlichen Betreuung und auch an Aufklärung in nahezu allen Bereichen. Wir waren schon an vielen Stellen, wo noch immer nicht akzeptiert wird, dass es sich um eine schwere Krankheit handelt, wo noch immer versucht wird das rein auf die Psyche zu schieben, obwohl die Krankheit mittlerweile zum Glück diagnostiziert werden kann und wurde, wo ein Amtsarzt vom Arbeitsamt nach Einsicht in zwei Unterlagen einfach entscheidet, dass der Betroffene von jetzt auf gleich wieder voll arbeitsfähig sei, ohne den Patienten auch nur 1 Mal gesehen zu haben. Die Betroffenen sitzen teilweise schon seit 2-3 Jahren mit ihrem Leid zu Hause, ohne ihr Leben so leben zu können, wie sie es selber wollen.

Da ist Dein gewünschtes Signal:

Ich hoffe das hilft Euch, auch wenn es Zeit braucht, bis die Resultate da sind und helfen können.

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Das ist aber kein spezifisches Problem von Long-Covid Patienten.

Amtsärztliche Entscheidungen sind fast immer eine Lotterie.

Reine Glückssache einen zu bekommen der die passende Facharztausbildung als Hintergrund hat.

https://www.praktischarzt.de/arzt/amtsarzt/

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Liebes Lage der Nation Team,

ich höre den Podcast seit Beginn der Corona-Pandemie mit Gewinn. Danke erstmal, ich habe viel gelernt und es hilft mir, Ereignisse besser einzuordnen!

Ich hätte da einen Themenvorschlag: In der aktuellen Debatte um das Haushaltsgeld fällt mir auf, dass die allgemeine Annahme, dass aus dem „Corona-Topf“ noch so viel Geld übriggeblieben sei, weil die Lage es nicht mehr erforderte, eigentlich überall (zumindest soweit ich das hören konnte) übernommen wird. Eine Person im Freundeskreis, die seit zwei Jahren an Long Covid leidet, machte mich darauf aufmerksam, dass die Situation für viele immer noch ein riesiges Problem ist und sogar das Leben vieler Menschen bestimmt. Die genauen Zahlen sind schwer zu erfassen, meistens wird es auf etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland geschätzt, die darunter leiden. Nicht alle im selben Ausmaße natürlich.

Mich würde interessieren, was ihr darüber denkt. Ich habe das Gefühl, es ist ein Thema, was etwas unterrepräsentiert ist.

Danke für die Arbeit und viele Grüße!

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Die Schwierigkeit ist hier aus meiner Sicht, dass die 60 Mrd in den KTF verschoben wurden mit dem Argument, dass sie für Corona nicht mehr gebraucht werden. Jetzt im Nachhinein zu argumentieren, dass sie doch gebraucht werden, ist erstmal inkonsistent.

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Das stimmt schon, danke für den Hinweis. Ich wollte nicht unbedingt eine schlüssige Argumentation liefern, sondern eher auf die Situation derer hinweisen, die an Long-Covid leiden. Eine Thematisierung davon in der Lage der Nation könnte helfen, das Thema etwas präsenter zu machen, unabhängig davon, was jetzt mit dem Geld passiert.

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