Blockaden für Solarenergie & aktuelle EEG-Reform ("Osterpaket")

Die Bundesregierung will 200 GW Photovoltaik bis 2030, heute gibt es nur ca. 60 GW - also fast eine Vervierfachung in <8 Jahren. Aber die PV geht nicht voran: nur 5 GW pro Jahr statt 15-20 GW!

Ich würde mir wünschen, dass die Lage der PV einen ähnlichen Fokus einräumt wie ihr das mit der Windkraft bereits getan habt.

Das große Problem ist Bürokratie:
-Vor allem im urbanen Raum gibt es kaum Eigenheime, sondern die Menschen wohnen zur Miete. Das EEG schreibt aber vor, dass Erzeuger und Verbraucher identisch sein müssen - das geht bei PV auf Mietshäusern schlecht, es sei denn mit unverhältnismäßig hohem Aufwand für eigene Stromzähler und Abrechnungen. Das lohnt sich dann nicht mehr. Daher stockt der Ausbau seit Jahren.
-Ich darf meinen Solarstrom nicht z.B. an meinen Nachbarn verkaufen. Okay, ich dürfte es schon - aber dann hätte ich sehr viele administrative Pflichten und werde wie RWE behandelt. Das ist für eine Privatperson nicht zu handeln. Ich darf übrigens auch meinen Dienstwagen nicht mit meinem eigenen Solarstrom laden - es sei denn ich bin bereit wieder eine eigene Abrechnung zu erstellen usw.
-Steuern für PV: die Leute wollen doch nur eine Solaranlage und kotzen, wenn sie eine Steuererklärung machen müssen, die direkt von Franz Kafka entworfen wurde. Sie müssen Mehrwertsteuer und Einkommensteuer zahlen, und zwar sogar auf ihren Eigenverbrauch: der Solarstrom, den sie erzeugen und selbst verbrauchen, muss besteuert werden. Noch dazu ist die Formel, wie man den Wert des Eigenverbrauchs des Solarstroms berechnet, verschieden für Einkommen- und für Mehrwertsteuer. Da blickt kein Mensch mehr durch.
-„Heiliges Römisches Reich Deutscher Netzbetreiber“: Es gibt in Deutschland 900 Netzbetreiber, die die Solaranlage anschließen müssen. Aber jeder macht seine eigenen Regeln, meistens nur auf Papier oder als PDF, selten bis nie digitalisiert. Jeder mit anderen Formularen, und oft lässt man sich viel Zeit. Das nervt die Leute, die oft viele Wochen ihre fertige Solaranlage auf dem Dach haben, die aber nicht in Betrieb gehen darf. Sie sind der Willkür hilflos ausgeliefert.
-Völlig bizarr: Heute (März 2022) erhalten neue Solaranlagen eine Einspeisevergütung von 6,5 Cent/kWh. Der Marktwert liegt aber bei 7,5 Cent. Der Gesetzgeber zwingt Anlagenbetreiber also dazu, ihren Strom zu WENIGER ins Netz einzuspeisen, als er auf dem Markt wert ist. Alte Anlagen, die keine EEG-Förderung mehr erhalten (nach 20 Jahren Förderzeitraum), erhalten aber den Marktwert - also 7,5 Cent. Das ist völlig bizarr. In der momentanen EEG-Reform („Osterpaket“) soll jetzt ein Volleinspeise-Modell kommen, d.h.: Optional kann man 100% des Solarstroms einspeisen (statt wie derzeit möglichst viel des Solarstroms selbst zu verbrauchen, um sich so hohe Stromkosten zu sparen). Die erhalten dann eine saftige Erhöhung der Vergütung. Aber die Eigenverbraucher sollen weiter nur 6,5 Cent bekommen - und der groteske Status Quo wird nicht verändert.

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Zumindest hier gibt es Vereinfachungen. Von der Umsatzsteuer kann man sich befreien lassen, wenn man auf die Vorsteuer verzichtet. Zumindest gilt das, wenn man nicht als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer von Haus aus von der Kleinunternehmerregelung ausgeschlossen ist.
Wer höchstens eine 10kWp-Anlage hat, kann diese außerdem von der Einkommensteuer befreien lassen. Das bedeutet natürlich im Gegenzug auch, dass keine Kosten geltend gemacht werden können.

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Da haben Sie natürlich Recht. Aber Sie sagen ja auch selbst: MWSt-Befreiung gilt nur, wenn man auf Vorsteuer verzichtet - dann zahlt man paar tausend Euro mehr, die man einfach so verliert. Und bei Einkommensteuer gilt Befreiung ja auch nur bis 10 kW. Wenn wir 200 GW schaffen wollen, dann müssen aber alle Dächer voll sein und nicht nur halb voll. Macht jemand 10,1 kW statt 10 kW, wird er wieder ESt-pflichtig. Die deutsch Solar-Besteuerung ist eine Kammer des Schreckens.

Wer unternehmerische Vorteile in Kauf nehmen möchte, muss auch die Nachteile in Kauf nehmen.
Und das Problem bei Grenzwerten ist halt, dass jeder, der sie überschreitet, gekniffen ist.
Der Gesetzgeber sieht bei mehr als 10kWp den Privatbedarf überschritten (aus persönlicher Erfahrung reicht das auch, um den Bedarf meiner nicht sparsamen Eltern zu decken), genauso hätte man aber auch eine Grenze bei 15kWp ziehen können.

Und es ändert auch nichts daran, dass die anderen von Dir aufgeführten Punkte durchaus sehr diskussionswürdig sind. Da muss die Ampel in Person des Klima- und Wirtschaftsministers einiges nachbessern. Ein Teil war offensichtlich von Altmaier bewusst so veranlasst worden, um den Ausbau z.B. auf Mietshäusern unattraktiv zu machen.

Im Grundsatz hast du natürlich völlig Recht. Aber wenn die Regierung 200 GW in 2030 will, dann muss sie es den Menschen ermöglichen, das auch umzusetzen. Andere Grenzwerte bei der PV liegen bei 30 kW. Da könnte man die ESt auch einfach ansetzen, um die Menschen von Bürokratie zu entlasten. Bleibt noch die MWSt: da könnte man auch Vereinfachungen vornehmen. Viele Einnahmen daraus hat der Staat sowieso nicht, erst recht nicht bei den mageren Renditen neuer Solaranlagen heute.