Berufsverbot für Klimaaktivistin

In der Süddeutschen ist ein Artikel über eine Klimaaktivistin, die der Bayrische Freistaat nicht ins Referendariat übernehmen will.

Der Artikel ist hinter Paywall. Ich glaube, von Ronen Steinke.

Wäre toll, wenn ihr das aufgreifen könntet.

Mein erster Gedanke dazu war: Na, so bekommt Deutschland keine neuen engagierten Lehrer…

Nach meinem Eindruck hat sie nichts Schlimmes verbrochen, kann es aber nicht nachprüfen/recherchieren.
Ihr hattet einmal sehr gut den Beutelsbacher Konsens erklärt. Danach kann es auch zukünftigen Referendaren nicht verboten sein, an Demonstrationen teilzunehmen.

Fühlt sich mittlerweile ganz schön autoritär an, dieses Land.

War es nicht auch Bayern, wo ein Beamter wegen Vergewaltigung extra keine so hohe Strafe bekommen hat, damit ihm nicht der Beamtenststus entzogen werden musste…?

Hier noch der Paywall-Artikel

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Für mich ein klarer Fall für die GFF.

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Interessantes Thema vor allem im Hinblick auf die in der letzten Folge breit getretene Unschuldsvermutung.

Gegen Poettinger laufen derzeit verschiedene Ermittlungsverfahren. Verurteilt worden ist sie noch nirgends. Das heißt, sie gilt als unschuldig. Davon lässt sich das Kultusministerium aber nicht abhalten.
„Denn mit der strafrechtlichen Unschuldsvermutung korrespondiert keine beamtenrechtliche Eignungsvermutung“

Ansonsten wird ihr kommunistische Einstellung unterstellt. Das darf man in einem Land, das kommunistische Parteien auch mal vorsorglich verbietet, natürlich nicht auf Kinder los lassen.

"Die kommunistische Ideologie ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.“

Außerdem hat sie selbst zugegeben AFD-Plakate zerstört zu haben.

Und wer jetzt auf die CSU schimpfen will: Anna Stolz ist freie Wähler

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Für mich leider auch Teil der Entwicklung, dass mitten im (gefährlichen) Rechtsruck die Unterdrückung linker Aktivistinnen immer stärker wird. Vor Allem Klimaaktivistinnen kriegen deutlich mehr ab, ob Polizeigewalt oder die Einstufung von EndeGelände als “linksextremer Verdachtsfall” (die nicht so ganz gerechtfertigt zu sein scheint). Diese Arbeitsverbot gehört jetzt leider wohl mit in diese Reihe von Entwicklungen. Gruselig, meiner Meinung nach.

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Mit dieser Begründung: Wörtlich heißt es in dem Bescheid des bayerischen Kultusministeriums an die Adresse der 28-Jährigen: „Gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ) äußerten Sie als Sprecherin von „#noIAA am 05.09.2021, dass die Messe ein „Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima“ sei.“ Das Ministerium fährt fort: „‚Profitmaximierung‘ ist eine den Begrifflichkeiten der kommunistischen Ideologie zuzuordnende Wendung.“ Muss man eigentlich jemals ein wirtschaftswissenschaftliches Buch von weitem gesehen haben, damit man im Ministerium sowas entscheiden kann? CSU/FW sind doch nur zwei weitere Geschmacksrichtungen, der immer gleichen, braunen Soße.

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Die Bilanz der Justiz in Weimar bis 1923. Aber das hat die Justiz ja gründlich aufgearbeitet, da kriegt ein Rechtsextremist oder Anhänger einer rechtsextremen Partei heute sicher keinen Fuß mehr auf die Erde, da können wir unbesorgt bleiben…

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Und als AfD-Nazi-Schwurbler darf man auch weiterhin in Schulen die deutsche Geschichte verdrehen.

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Bei NTV gibt es eine Zweitquelle ohne Paywall:

Den Teil der Begründung finde ich auch noch erwähnenswert:

Die [AFD-] Plakate [welche die angehende Lehrerin zerstörte] hatten ihr zufolge „klar antisemitische Bildsprache“, wie sie laut „SZ“ in einer Stellungsnahme an das Kultusministerium klarstellte. Überzeugt hat das die Beamten wohl nicht.

Also Leute, die aktiv gegen Antisemitismus vorgehen, will Bayern nicht als Lehrerinnen (in ETHIK!!!) haben? Wen denn bitte sonst???

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Zum Vergleich 2 kurze Zitate aus dem Wikipedia-Text über Björn Höcke:

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat im Juni 2023 ein Verfahren gegen einen Demonstranten eingestellt, der bei Anti-AfD-Protesten ein Plakat mit der Aufschrift „Björn Höcke ist ein Nazi“ trug. Es handle sich hier nicht um eine strafbare Beleidigung, sondern um ein „an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“, so die Ermittler.

Bis September 2014 unterrichtete er an der Rhenanus-Schule in Bad Sooden-Allendorfzuletzt als Oberstudienrat. Er ist seither beurlaubt und Versuche ihn aus dem Beamtendienst zu entfernen sind bislang gescheitert.

Finde ich im Kontext betrachtet schon eigenartig.

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Es ist weder ihre Aufgabe noch ihre Kompetenz als angehende Lehrerin zu entscheiden was eine „klar antisemitische Bildsprache“ ist. Sowas zu urteilen ist Aufgabe von Gerichten.

Darum geht’s hier nicht. Ich glaube @Matder wollte nur die Unsinnigkeit der Entscheidung erwähnen. Natürlich wollen wir Lehrer:innen, mit einer Einstellung, die Menschenwürde achten. Das hat rein gar nichts mit der Justiz zu tun.

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Und noch ein Fall.

Klage läuft.

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Das stimmt formal juristisch natürlich und ich würde auch nicht grundsätzlich verlangen, dass man jedes Plakat, dass einem antisemitisch vorkommt, völlig straffrei und ungehindert zerstören können sollte.

Aber es geht ja hier auch nicht um die juristische Bewertung dieser Sachbeschädigung, sondern, wie ich finde, um die Aussage dieser Tat über die Eignung der „Täterin“ als Lehrerin.

Und da finde ich,

  1. ist eine Sachbeschädigung als solche halt noch Bagatelle genug und
  2. ist die Rechtfertigung gegen vermeintlich antisemitisch Inhalte der AfD vorzugehen auch moralisch noch vertretbar genug

um deswegen niemanden vom Lehrerberuf auszuschließen. Das ist natürlich irgendwo eine Einzelfallentscheidung, aber in einem Rechtsstaat wird ja auch in jedem einzelnen Fall durch Richter entschieden.

Interessant in deiner Quelle finde ich, dass Bayern diese Verfassungs-Treue Prüfung wegen eines rechtsextremen Richters eingeführt hat:

Würde mich aber nicht wundern, wenn sie damit seither vor allem Personen aus dem linken Spektrum ins Visier genommen haben.

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Zum Glück gibt es das Deutschland nicht, in dem Lehrkräfte immer erst auf mehrjährige Gerichtsverfahren warten, bevor sie etwas gegen mutmaßlichen Antisemitismus unternehmen. Denn das sähe sehr anders aus.
Trotzdem bleibt es der falsche Weg, Plakate rechtsextremer Prteien abzureißen. Der richtige Weg ist das Parteiverbot. Wenn sich dazu keine der befugten Stellen bereit findet und gleichzeitig die Normalisierung und Koalitionsfähigkeit rechtsextremer Politik täglich näher rücken, kommt der Punkt, an dem andere Abhilfe nicht mehr möglich ist, allmählich in Sichtweite.

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Gegen diese Frau läuft gerade ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, weil sie ganz offen gesagt hat, dass sie vorsätzlich gegen die Rechtsordnung verstoßen hat. Selbst als sie direkt mit der Behörde kommuniziert hat, hat sie es nicht geschafft, klarzumachen, dass man natürlich nicht – selbst aus vermeintlichem guten Gründen – gegen die Rechtsordnung verstoßen darf. Stattdessen rechtfertigt sie das sogar noch.

Der Staat kann nicht Beamte einstellen, die offen sagen, dass vorsätzliche Gesetzesverstöße schon in Ordnung sind, wenn man das Recht persönlich nicht mag.Diese Einstellung ist das Ende von Rechtsstaat und Gesetzesbindung und letztlich undemokratisch, weil man sich rausnimmt, selbst entscheiden zu dürfen, welche Gesetze man befolgt und welche nicht.

Nur weil man (zufällig) auf der richtigen Seite steht, heißt das nicht, dass sowas tolerierbar ist.

Der Vergleich zu Höcke ist natürlich naheliegend, aber dadurch dass er beurlaubter Beamter ist, ist das eben ein komplett anderer Fall. …

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Bleibt abzuwarten.
Aber mich würde ja interessieren, was du zu dem Vergewaltiger sagst.
Und zu dem jungen Mann im Spiegel-Artikel.

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Das kann so sein. Aber ein Staat kann dann nicht an einem Beamten wie Höcke festhalten, der wegen einer Reihe einschlägiger Propagandadelikte verurteilt wurde, wenn er so jemandem den Berufseinstieg verwehrt. Das war aber schon immer so: Gegen andere (vermeintliche) Extremisten war und ist in Deutschland regelmäßig all das selbststverständlich möglich was gegen Rechtsextremisten in der Breite leider, leider nicht zu machen sein soll. Glaubt ja auch keiner, dass die AfD noch existieren würde, wenn sie halb so islamistisch wäre, wie sie rechtsextrem ist.

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Es geht doch erst mal nur um das Referendariat, oder? Folgt daraus gleich zwingend eine Verbeamtung? Falls nicht bleibe ich dabei, dass ich die Maßnahme definitiv überzogen finde.

Ganz genau genommen ist es offenbar seine Abgeordneten-Tätigkeit, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhindert.

Auch eine absurde Konstellation, wenn jemand nicht verfassungstreu genug für das Beamtenverhältnis sein kann, aber gleichzeitig Abgeordneter in einem Landesparlament ist.

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Einordnung eines Verwaltungsrichters (Bluesky-Thread):

https://bsky.app/profile/kommtdraufan.bsky.social/post/3lgpuqi76cc2z

Fazit:

  1. Frau Poettinger wurde nicht allein deswegen abgelehnt, weil sie Klimaaktivisten ist.
  2. Sie wurde auch nicht allein wegen des Wortes „Gewinnmaximierung“ abgelehnt.
  3. Sie wurde auch nicht allein wegen der Organisation von Versammlungen abgelehnt.
  4. Vermutlich (aber sicher weiß ich das nicht) war entscheidend,
    a) Mitgliedschaft in einer vom Verfassungsschutz als linksextremistische eingestuften Vereinigung (normal) und/oder
    b) anhängige Strafverfahren (im Hinblick auf „charakterliche Eignung“ auch ganz normal).

Es gibt bei der Einstellungsvoraussetzung der „charakterlichen Eignung“ keine Unschuldsvermutung. Ein sachlich begründeter (Rest-)Verdacht strafbarer Handlungen kann schon ausreichen, die Eignung zu verneinen. Das entspricht ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte

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Das scheint leider tatsächlich der Punkt zu sein. Laut dieser Liste ist das „Offene Antikapitalistische Klimatreffen München“ eine der „verbotenen“ Organisationen für bayrische Beamte:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVV_108268/true

Wie „gefährlich“ so ein antikapitalistischer Klimatreff ist, kann man sich ja auf deren Seite ansehen:

https://klimaguerilla.noblogs.org/

Am Dienstag haben wir als Antikapitalistisches Klimatreffen den Gang vor dem großen Sitzungssaal des Münchner Rathauses besetzt.