Berlin: Wahlwiederholung, Nachholwahl oder Neuwahl?

Guten Tag

bezüglich der Neuwahlen in Berlin interessiert mich wie der Senat mit folgendem Problem umgeht, bzw vor hat damit umzugehen.

Seit der (missglückten) Wahl sind etliche tausend Bürger aus Berlin weg gezogen und auch viele zugezogen.
Wird das berücksichtigt? Hätten die Parteien deshalb eventuell sogar einen Grund das Wahlergebnis der Nachholwahl anzufechten?

Vielleicht haben Sie die Möglichkeit diese Frage einmal an entsprechender Stelle zu stellen.

Mit besten Grüßen
Peter Ockenfels

Wenn ich das richtig verstehe ist es keine Nachholwahl, sondern eine Neuwahl. Es wird also nicht versucht die Wahl von damals zu wiederholen, sondern neu auszurichten. Daher gilt dann auch wieder der Tag der Neuwahl als relevanter Bezugspunkt.

Es ziehen so wenige Menschen nach Berlin aus Deutschland, dass es eigentlich auch keine große Rolle spielt:

Bei laut Wahlleiter 2,5Mio wahlberechtigten Personen in Berlin machen die geschätzten höchstens 100.000 innerdeutsch zuziehenden gerade mal 4% des Wahlvolks aus. Die Auswirkungen der Zu-und-Wegzüge sollten also keinen nennenswerten Effekt haben.
Aus dem Ausland zuziehende Menschen (z.B. die rund 100.000 UkrainerInnen) haben kein Stimmrecht bei Bundestags- und Abgeordnetenwahlen.

Es ist eine Wiederholungswahl. D.h. sie findet von einigen wenigen in § 21 BeWahlG definierten Ausnahmen mit denselben Kandidatenlisten statt. Das Wählerverzeichnis wird allerdings aktualisiert, da seit der ursprünglichen Wahl mehr als sechs Monate verstrichen sind. Auch das steht so in besagtem Paragrafen.

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Es wird ja überall kolportiert, dass es eine Wahlwiederholung ist. Ich war zum Zeitpunkt der eigentlichen Wahl Wähler, bin mittlerweile aus Berlin weggezogen, und habe keine Wahlunterlagen bekommen. Ich habe bereits vor Wochen die Wahlbehörde kontaktiert, und keine Antwort bekommen. Mir wird meine rechtmäßige Stimme damit entzogen, denn wie man es nimmt: meine damals abgegebene Stimme wird entwertet. Das kann nicht sein! Ich würde mich freuen, wenn Ihr das in der Lage thematisiert.

Angeblich dürfen sogar diejenigen, die seit dem 26. September 2021 verstorben sind, dieses Mal nicht mit abstimmen :wink:

Im Ernst: Weil seit der eigentlichen Wahl mehr als sechs Monate vergangen sind, muss ein neues Wählerverzeichnis erstellt werden. Maßgeblich dafür ist der Zeitpunkt der Wiederholungswahl. Wer in der Zwischenzeit zum Beispiel das Wahlalter erreicht hat, darf bei der Wiederholungswahl abstimmen. Es wäre doch viel absurder, wenn man das alte Verzeichnis zugrunde legen würde, und mittlerweile Verzogene über die Berliner Politik entscheiden dürften, während dies altersmäßig eigentlich Wahlberechtigten verwehrt bleibt.

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Verstorbene haben ja ihre Stimme abgegeben und können für die restliche Zeit der Legislaturperiode ohnehin nicht mehr wählen. Der Vergleich funktioniert nicht :slight_smile:
Dann sollte man nicht Wiederholungswahl sondern Neuwahl sagen. Das ist Transparenz. Wie sieht es mit der Zeit aus, für die die Abgeortneten dann gewählt werden? Nur für die restliche Legislaturperiode, oder fängt sie neu an? Das wäre ja ein stichhaltiges Indiz.

Nur für den Rest der Legislaturperiode bis 2026.

Na dann kann es ja keine Neuwahl sein. Wenn neue Listen als Basis genommen werden, geht Wahlwiederholung auch nicht. Dann ist es wohl eine Nachholwahl. Was auch immer das sein soll. Werden dann alle Regierungsentscheidungen revidiert, die die dann ja nicht gewählte Regierung gefällt hat?

Doch, denn es werden zwar neue Wähler:innenlisten genommen (weil sich die Wählerschaft eben wie genannt verändert hat), aber die alten Kandidat:innenlisten. Und auf die kommt es an.

Wenn es eine Wahlwiederholung ist, dann sollte das doch für beide Seiten gelten? Warum sollte jemand, der jetzt nach Berlin gezogen ist eine Stimme abgeben können, die er vor 1 Jahr noch nicht hatte, wenn es eine Wiederholung ist?

Problem: wenn jemand in Landtagswahl 2021 in Land zu hatte, und dann nach Berlin gezogen ist, und jetzt nochmal wählen daef, dann hat er/sie für 2 Jahre 2 Repräsentanten für seine Stimme auf Landesebene. Wenn jemand aus Berlin nach XY gezogen ist, und dort 2 Jahre auf die neue Wahl warten muss und in Berlin seine Stimme verfällt, hat er für zwei Jahre Null Repräsentanten auf Landesebene ind Deutschland. Das kann keine Demokratie sein.

So, nun haben wir die Situation, dass die SPD 105 Stimmen (aktuell) vor den Grünen in Berlin liegt. Leute die aus Berlin das letzte Jahr weggezogen sind potentiell junge gut ausgebildete Menschen und vermutlich tendenziell eher Grüne Wähler statt SPD Wähler. Aber bleiben wir bei mir: ich wähle Grün bzw hätte gerne meine Grüne Stimme wieder abgegeben. Ich alleine wäre also 1% der Stimmen, die die Grüne Kandidatin zur Bürgermeisterin machen würde. Damit ist es mehr als politisch unrelevant geworden, ob man die Wähler, die 2021 ihre Stimme abgegeben haben und weggezogen sind nun zur Wiederholungswahl wählen lässt oder nicht.

Nun frage ich mich natürlich: wer hat diese Regel aufgestellt? Die SPD? Vielleicht weil sie sich damit einen Hauch mehr Stimmen erwartet hat? Das wären dann amerikanische Verhältnisse, wo man sich den Wahlkreis so zusammenbastelt, wie es am besten für die führende Partei passt.

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Mal ernsthaft – wie um alles in der Welt willst du es ernsthaft rechtfertigen irgendwo zur Wahl zu gehen, wo du gar nicht wohnst? Menschen wählen in Deutschland – zumindest auf Landesebene, für Bundestagswahlen haben Union/FDP das mal aufgeweicht – dort wo sie ihren Wohnsitz haben. Wenn jemand während der Legislaturperiode wegzieht, kann man natürlich nicht jedesmal die Stimme herausrechnen, aber zu sagen, man hätte ein Recht darauf, bei der Wiederholungswahl zu wählen, obwohl man von der resultierenden Politik gar nicht mehr betroffen ist, finde ich absurd. Bei deinem Verständnis von „Wiederholungswahl“ müsste man sicherlich die Leute auch dazu zwingen dieselbe Partei zu wählen wie beim ersten Mal. Ansonsten wär’s ja keine Wiederholungswahl.^^

Die Regel steht in § 21 (2) Landeswahlgesetz Berlin:

Die Wiederholungswahl findet nach denselben Vorschriften, denselben Wahlvorschlägen und, wenn seit der Hauptwahl noch nicht sechs Monate verflossen sind, aufgrund desselben Wahlverzeichnisses wie für die Hauptwahl statt, soweit nicht die Entscheidung im Wahlprüfungsverfahren hinsichtlich der Wahlvorschläge und des Wahlverzeichnisses Abweichungen vorschreibt.

Laut Änderungshistorie wurde der § 21 das letzte mal am 7. Juni 1994 geändert: Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

Damals war die SPD Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU unter Diepgen. Aber vielleicht waren die handelnden Personen in der SPD damals auch sehr weitsichtig und haben diese Wiederholungswahl von langer Hand geplant. m)

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Immerhin hat sich jemand Gedanken gemacht, was mit Weggezogenen ist: " Hauptwahl noch nicht sechs Monate verflossen sind, aufgrund desselben Wahlverzeichnisses" Und ja, dass Gesetz ist von einer Partei, deren Klientel seltener die Stadt wechselt, als die Wähler der Grünen, somit hat der Gesetzgeber durch die Begrenzung auf 6 Monate sich einen Vorteil damit verschafft, ob bewusst oder unbewusst.

Wenn ich aus einer Stadt wegziehe, dann heißt dass ja nur, dass ich die meiste Zeit des Jahres an einem anderen Ort verbringe. Dass heißt aber nicht, dass mein Lebensmittelpunkt nicht immer noch dort ist, und ich denke, das trifft auf die meisten Menschen zu, die eine Zeit lang in einer Stadt gelebt haben. Und wie du schon schreibst, meine Stimme verfällt ja auch nicht, wenn ich wegziehe.

Aber gut, es gibt dieses Gesetz. Danke fürs raussuchen ! Wahrscheinlich kriege ich in einem halben Jahr Antwort von der Berliner Wahlbehörde auf mein Schreiben. Ich bin jedenfalls nicht der einzige in meinem Freundeskreis, der darüber sehr verwundert ist und danke für den Austausch an dieser Stelle.