Belarus "Notlandung"

Danke für die gute Darstellung des Themas. Ihr sagt, dass Le Monde schrieb, dass wohl russische FSB Leute an Board waren, welche schon vorher von Bombendrohungen geredet hätten. Leider konnte ich (auf die schnelle) dazu keine Quelle finden. Könnt ihr die nachreichen?

Pardon, das kam aus meiner Erinnerung, es kann auch sein, dass ich das bei France Info gehört habe, jedenfalls war es ein französisches Leitmedium. Und ich meine es ging um den KGB (= belorussische Agenten).

Schnelles Googlen nach „vol Ryanair bagarre“ ergibt reihenweise Treffer, zB den hier:

https://www.france24.com/fr/europe/20210523-la-biélorussie-intercepte-un-avion-de-ligne-pour-arrêter-un-opposant-au-pouvoir

Die Entführung ist unerhört und unentschuldbar - aber leider nicht einmalig.
Mir fiel direkt die Entführung der Egypt Air Maschine von Kairo nach Tunis ein, die amerikanische Kampfflugzeuge 1985 zur Landung auf Sizilien zwangen.
Damals waren es wirklich Terroristen. Und für alle, die dies als Entschuldigung ansehen: alle europäischen Zeitungen, von denen ich gehört oder gelesen habe, ordneten die Taten auch damals als völkerrechtswidriges Eingreifen in den Luftverkehr und im Weiteren in die Souveränität Italiens ein.
Von den Gerüchten über andere derartige Vorfälle habe ich nichts mitbekommen.

Davon mal abgesehen, dass 1985 schon ein bisschen her ist: Da ging es um Terroristen. Hier um einen bloggenden Journalisten dessen Leben bedroht ist, weil er nichts als seine Arbeit gemacht hat.

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Ich erinnere mich an die Maschine des bolivianischen Präsidenten Morales, die zur „Zwischenlandung“ in Wien gezwungen wurde (durch die USA), weil Edward Snowden an Board vermutet wurde.Ja, ist auch rechtlich etwas anderes, weil einerseits eine Privatmaschine betroffen war, und andererseits der gewählte Präsident eines Landes betroffen war, aber inhaltlich ging es um etwas Ähnliches, nämlich eines unbequemen Menschen für die jeweilige Regierung habhaft zu werden.

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Hier gibt es ein paar rechtliche Bewertungen zum Morales-Vergleich:

Fazit in etwa: Die Fälle sind schon in vielerlei Hinsichten verschieden, wohl auch in entscheidenden – aber gut sieht der Westen wegen der bloßen Möglichkeit, auf Morales/Snowden 2013 zu verweisen, natürlich trotzdem nicht aus.

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Hallo,

ich kann mich leider nicht bedanken. Sehr viel Haltungsjournalismus, sehr wenig Hintergrund. Ich hätte mehr rechtliche Einschätzungen gewünscht. Für NichtexpertInnen ist es kaum möglich sowohl eine juristische als auch eine politische Einschätzung der belarussischen Aktion als auch der EUropäischen Reaktion abzugeben.

  1. In einem Beitrag von RT Deutsch wird Herr Pratassewitsch als „prowestlicher Journalist“ bezeichnet. Was ist dran an seinen Aktivitäten bei faschistischen Teilen der ukrainischen Armee? Was ist dran an seinen Aktivitäten bei CIA-finanzierten Medien?

  2. Welche Ziele verfolgt Herr Pratassewitsch? Wie sieht Belarus nach seinen Vorstellungen aus?

3, Hat er tatsächlich private Daten von Polizisten veröffentlicht? Hat er tatsächlich zu Sabotage gegen die belarussische Wirtschaft aufgerufen?

  1. War die Landung erzwungen? Wenn ja, hatte die Regierung das Recht/die Pflicht dies zu tun? Wenn sie nicht erzwungen war, was wäre aus den mutmaßlichen KGB-Agenten geworden?

  2. Was können wir aus den veröffentlichten Gesprächsprotokollen zwischen Ryanair-Piloten und Flughafen Minsk lernen? Warum bleibt die Lage so unkritisch bei den Äußerungen von Verantwortlichen bei Ryanair, obwohl man weiß, dass Ryanair mit seinen Leuten alles andere als freundlich umgeht? Warum werden diese nicht thematisiert?

  3. Wer steckt hinter den verschickten Mails mit welcher Absicht?

  4. Woher wusste die belarussische Regierung, dass sich Herr Pratassewitsch an Bord befand?

  5. Warum werden die anderen Vorfälle nicht thematisiert? „2004 hatten die USA die Sondermaschine des ehemaligen Ersten stellvertretenden Finanzministers Russlands und späteren Senators Andrej Wawilow zur Landung am Flughafen Palm Beach gezwungen“, „Im Jahr 2012 hat die Türkei mithilfe von Jagdflugzeugen das Flugzeug, das auf dem Weg von Moskau nach Damaskus war, zur Landung gezwungen, dieses durchsucht und dessen Güter beschlagnahmt“, „Im Jahr 2013 wurde […]das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten, das in Moskau gestartet war, zur Landung in Wien gezwungen und durchsucht. Weißrussische Flugzeuge wurden ebenfalls mehrmals zur Landung gezwungen. So wurde 2016 das Belavia-Flugzeug, das vom Kiewer Flughafen gestartet war, 50 km vor dem Einflug in den weißrussischen Luftraum auf Forderung eines ukrainischen Flugbetriebsleiters gezwungen, in den Startflughafen zur Festnahme des Antimaidan-Aktivisten Armen Martirosjan zurückzukehren. Dabei hat er damit gedroht, Jagflugzeuge einzusetzen, sollte die Forderung abgelehnt werden. Auf ähnliche Weise hatten die ukrainischen Geheimdienste im Jahr 2019 vor, Vertreter der „Gruppe Wagner“ durch eine Notlandung eines Flugzeugs in Kiew gefangen zu nehmen, das von Minsk nach Istanbul flog. Glücklicherweise schlug diese Operation des Sicherheitsdienstes der Ukraine fehl.“ (Quelle: Stellungnahme der Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa zur Situation um die Landung des Ryanair-Flugzeugs in Minsk | Botschaft der Russischen Föderation)

  6. Wem schadet die Blockade-Politik. Die Antwort lautet Deutschland. Deutschland ist der größte Handelspartner Belarusslands in der EU und der viertgrößte insgesamt. Hierzu eine Übersicht: „Belarus exportiert nach Deutschland vor allem Mineralprodukte (36,1 %), Holz und Holzerzeugnisse (13,2 %), NE-Metalle und deren Erzeugnisse (13,1 %), Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (6,0 %), Kunststoffe und Kunststofferzeugnisse (4,9 %).

Importe aus Deutschland sind im Wesentlichen Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (37,2 %), Produkte chemischer und damit verbundener Industriezweige (18,6 %), Kunststoffe und Kunststofferzeugnisse (10,0 %), Transportmittel (9,3 %).“ (Quelle: Standort Belarus)

Die Lage der Nation sollte unbedingt in der nächsten Woche das Thema noch einmal aufgreifen und zumindest eine juristische Einschätzung der Sache nachliefern!

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Die erzwungene Landung der Ryanair Maschine mit dem regimekritischen Blogger Protasewitsch sorgt zu Recht für Aufregung, die EU kündigt - zumindest mal dieses mal einhellig und überraschend einig - Konsequenzen für die belarussische Regierung an. Da ich selber keine russischen oder russlandnahen Medien konsumiere, werde ich mich auf die völkerrechtliche Seite konzentrieren. Evtl. werde ich auch noch auf die politischen Konsequenzen von Sanktionen eingehen.

Nun aber zur spannenden Frage, welche Regeln überhaupt in der Luft gelten und wer diese auch durchsetzt. Hierfür entscheidend sind v.a. zwei Regelwerke: Das Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (sog. Chicagoer Abkommen) sowie die Vereinbarung über den Durchflug im Internationalen Fluglinienverkehr.

Nach Art. 3 lit. b des Chicagoer Abkommen gewährt den Durchflugstaaten die Befugnis, Flugzeuge in ihrem Luftraum zur Landung zu zwingen, wenn dieses unbefugt sein Hoheitsgebiet überfliegt oder wenn ausreichende Gründe für die Schlussfolgerung vorliegen, dass es zu Zwecken benutzt wird, die mit den Zielen des Chicagoer Abkommens unvereinbar sind. Dazu bedarf es einer Gefahrenabwägung. Ein solcher Eingriff gem. dieser Norm wird allerdings als allgemein zulässig anerkannt, wenn es um die Sicherheit der Luftfahrt oder des Staates geht. Dies sind v.a. Fälle und Gefahren, die von dem Flugzeug ausgehen. Eine allgemeine Gefährdung eines Staates durch darin befindliche Personen ist nicht einschlägig. Dies ist auch nicht die Zielrichtung des Abkommens. Es ist auch realistisch einschätzbar, dass eine erzwungene Landung eines Gefährder-Flugzeugs auch eine gewisse Gefährdung für den Staat mit sich bringt.

Eine vermeintliche Bombe an Bord der Maschine ist natürlich ein zulässiges Argument, konkret wird durch die erzwungene Landung in Mink die Gefährdung aber verschärft, denn das Flugzeug war nach den öffentlich einsichtbaren Radardaten im Anflug auf Vilnius, was demnach der kürzeste Weg gewesen wäre. Die Argumentation der belarussischen Regierung ist dadurch nicht schlüssig: Wenn an Bord tatsächlich eine Bombe befunden hätte, dann hätte die belarussische Regierung das Flugzeug auf kürzestem Weg weiterfliegen lassen und nicht zu einer Flugveränderung über den eigenen Luftraum gezwungen.

Dabei steht dem Piloten grundsätzlich das Letztentscheidungsrecht über seine Maschine zu, auch wenn etwa die Flugsicherung Anweisungen erteilt. Rechtlich gezwungen, die Landung durchzuführen, war er also nicht. Wenn aber eine MiG vor ihm herfliegt, ist das eine Stufe der Eskalationskette, die bis zu einem Abschuss gehen kann. Dabei ist zu beachten, dass nach Art. 3 lit. a des Chicagoer Abkommen die Waffengewalt verboten ist. Dieses Begehren der belarussischen Regierung macht natürlich Eindruck, dann können die PilotInnen das Letztentscheidungsrecht vergessen.

Unabhängig von einer terroristischen Bedrohungslage stellt sich natürlich die Frage, ob Regierungen nicht auch ein legitimes Interesse daran haben können, Flugzeuge zur Landung zu zwingen, wenn sich darin eine gesuchte Person befindet. Man stelle sich vor, Osama bin Laden hätte zu Lebzeiten ein Flugzeug bestiegen und damit im Wissen der Regierung die USA überflogen – kaum vorstellbar, dass sie nicht eingegriffen hätte. Doch das internationale Luftfahrtrecht, v.a. das Chicagoer Abkommen, sieht dafür keine Handhabe vor, solange keine akute Sicherheitsbedrohung vorliegt. Anderenfalls hätte die Regierung auch nicht auf eine mutmaßlich fingierte Bombendrohung ausweichen müssen.

Kann aber eine solche erzwungene Landung aus Strafverfolgungsgründen durch einen sog. Präzedenzfall zurückgreifen, wie es Gregor Gysi behauptet? So hätten die USA 2013 eine Landung des Flugzeugs des bolivianischen Präsidenten Evo Morales in Wien erwirkt, da sie glaubten, der bekannte Whistleblower Edward Snowden befinde sich an Bord. Dies greift auch die russische Regierung auf, wie hier eindrucksvoll bewiesen.

Als Präzedenzfall für die Geschehnisse in Minsk kann dies aber nur bedingt herhalten. Denn zivile Maschinen genießen am Himmel nach der Vereinbarung über den Durchflug im Internationalen Fluglinienverkehr zahlreiche Privilegien. Dazu zählt unter anderem, dass für einen Überflug eines Gebiets keine besondere Erlaubnis notwendig ist - die durch ein Flug- und Landeverbot allerdings auf einem andere Wege zulässigerweise versagt werden kann (, Art. 6 Chicagoer Abkommen iVm Artikel I Abschnitt 5 der Vereinbarung). Anders liegt der Fall bei Staatsflugzeugen wie dem von Evo Morales. Ein solches müsse vor jedem Überflug eine Genehmigung einholen, die in diesem Fall von den Überflugstaaten Frankreich, Portugal und Spanien versagt worden war.

Doch wie soll nun die Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft ausfallen? Am Dienstag wurde bekannt, dass die Europäische Union ein Flug- und Landeverbot gegen belarussische Airlines verhängt, außerdem wird es eine Untersuchung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation geben, die im strengsten Fall mit einem Ausschluss enden könnte. Zudem will die EU nun Investitionen in Belarus stoppen und ihre bestehende Liste mit Personen und Unternehmen erweitern, gegen die bereits wegen der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten im Land Vermögenssperren und Einreiseverbote gelten.

Tatsächlich gibt es auch die Möglichkeit, ein Strafverfahren gegen die belarussische Regierung, bzw. Präsident Lukaschenko selbst, einzuleiten. Eine Grundlage dafür böte etwa das Montrealer Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt, das auch Belarus ratifiziert hat. Nach dessen Art. 1 lit. e begeht eine Straftat, wer wissentlich unrichtige Angaben macht und dadurch die Sicherheit eines im Flug befindlichen Luftfahrzeugs gefährdet. Eine solche Gefährdung ist hier durchaus gegeben: Wenn plötzlich eine MiG aufsteigt und mit den Flügeln wackelt, wird der Pilot natürlich nervös und ein nervöser Pilot ist nicht das, was wir uns in einem Flugzeug wünschen.

Wer nun ein solches Strafverfahren durchführen könnte, ist eine andere Frage. Belarus selbst wird dies vermutlich nicht tun, doch auch der Staat- sowie der Zielstaat, hier also Griechenland und Litauen, könnten ein Verfahren einleiten. Auch Polen als Registrarstaat und Irland als Niederlassungsort von Ryanair hätten eine Handhabe. Solange Belarus seinen eigenen Präsidenten nicht ausliefert, dürfte auch dies kaum praktische Folgen haben. Ein Strafverfahren gegen ein Regierungsoberhaupt wäre allerdings ein deutliches Signal, wenn auch nicht wahrscheinlich.

Müssen also künftig kritische Journalisten und Blogger zunächst einmal die Route ihres Flugs checken, bevor sie an Bord gehen, um vor der Verfolgung durch eine Regierung sicher zu sein? Um ein solches Szenario zu vermeiden, müssen politische Sanktionen erfolgen - unabhängig ob die Wirtschaft Einbußen hat oder nicht. Gerade weil die Sanktionsmöglichkeiten des Luftfahrtrechts begrenzt seien, sei es umso wichtiger, in diesem Fall entschlossen zu reagieren: Es geht hier auch um Generalprävention. Nachahmer dürfen nicht ermutigt werden, daher muss nun eine Art Exempel statuiert werden. Hier geht es um mehr als Luftfahrt, hier geht es um Politik, für die die Luftfahrt missbraucht wurde.

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Vielen Dank für die Ausführungen. Die Sache scheint durchaus komplizierter zu sein, denn Zwang wurde nicht ausgeübt. Der Pilot hätte ja durchaus die Wahl gehabt nach Vilnius zu fliegen. Soweit ich das verstanden habe, war es ja das Ziel der Terroristen das Flugzeug über Vilnius zu sprengen. Daher wäre ein Anflug auf das tatsächlich näher gelegene Vilnius kontraproduktiv gewesen. Vielmehr erscheint es leichtsinnig das Flugzeug nach Minsk umzulenken.

Mich würde aber interessieren, ob es möglich ist eine einmal erteilte Erlaubnis für Staatsflugzeuge während des Fluges zu widerrufen und wenn ja, ob ein solcher Widerruf die Erzwingung einer Landung legitimiert.

Hi Markus-1978,
ich will mich nicht herausreden, dass jeder bis zur Verurteilung als unschuldig zu gelten hat. jeder wusste, dass es sich um Terroristen handelt. Ich weiß nur nicht, wie sicher es war, dass sie in dem Flugzeug waren.
Aber so verständlich die Argumentation auch ist. Ein Verkehrsflug im internationalen Flugverkehr abzufangen und für eine Festnahme zur Landung zu zwingen, ist meines Wissens nicht erlaubt und es gibt keine Ausnahme für Terroristen, Kinderschänder, Massenmörder, etc.
Es gibt noch nicht einmal eine international anerkannte Definition für Terroristen, so dass in der Türkei, in China, Russland und vielen anderen Ländern, Regimekritiker ganz schnell als Terroristen bezeichnet werden.
Darum lass ich das Argument, damals ginge is um Terroristen, nicht gelten. Es war damals so falsch, wie heute. Und in den meisten anderen Fällen vermutlich auch.

Hallo :slight_smile: Danke für die Sendung!
Ich habe beim Thema gewaltsame staatliche Unterdrückung politischer Gegner (zuletzt insbesondere Nawalny, aber auch wenn sowas in China oder der Türkei passiert) sehr schnell Snowden insbesondere aber, da dort die Lage sehr viel extremer ist, Assange aber auch Manning im Kopf. Ich finde es sehr wichtig, vor allem weil es viel zu wenig in der öffentlichen Kritik und von Medien viel zu selten hart kritisiert wird, bei solchen Fällen von „Diktaturen“ / "Unrechtsstaaten / „autoritären Regimes“ / „…“, dies immer mit zu nennen, denn das ist ein sehr krasser Fall von unterdrücktem Journalismus und schwerer Menschenrechtsverletzung. Dass manch anderer Staat wie oben geschildert betitelt wird und westliche als „demokratische“ Staaten, ist aus meiner Sicht schon in der Gesamtbetrachtung richtig, aber wir sind nicht weniger als ein Unrechtsstaat, da wir diese Dinge ebenfalls praktizieren und/oder nicht laut genug dagegen aufbegehren. Um diesen Pfad schnell wieder zu verlassen, müssen wir sooft es geht an diese Fälle erinnern und die eigene (nicht)Handlung kritisieren - insbesondere wenn sie noch aktuell sind (!) und wenn der Blick von einem konkreten Fall, wie im Interview in der Sendung geschehen, auf vergleichbare Fälle gerichtet wird.

Liebe Grüße
Timm

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Schade, das die Rynair Piloten nicht etwas mehr Eier besessen haben. Ihnen hätte klar sein müssen das sie entführt wurden, die Mittel des Zwanges aber von belarusischer Seite mit entsenden eines Kampfjettes ausgeschöpft waren. Ich persönlich glaube das bei Weigerung der Piloten und gleichzeitiger Notrufsendung eine weitere Eskalation nicht statt gefunden hätte. Zumal der europäische Luftraum auch nicht mehr weit weg war und Eurofighter als schnelle Eingreifeinheit hätten aufsteigen können.

Zwang beschreibt die Einwirkung auf Personen und Sachen durch (militärische oder körperliche) Gewalt, um eine bestimmte Handlung hervorzurufen. Im Kontext der internationalen Politik bzw. dem internationalen Rechtsgeschehen ist auch das Drohen mit dieser Gewalt als Zwang anzusehen. Im konkreten Fall war es so, dass die belarussische Regierung eine MiG aufsteigen lassen hat, um den Piloten zu signalisieren, sie hätten keine andere Wahl bzw. diese auch einzuschüchtern. Anders kann dieses Verhalten in meinen Augen nicht bewerten werden. Wenn aber eine MiG vor ihm herfliegt, ist das eine Stufe der Eskalationskette, die bis zu einem Abschuss gehen kann und ist als Drohung zu qualifizieren. Demnach wurde „soft“ Zwang ausgeübt. Dies ist in der Völkerrechtsliteratur unstrittig - ich meine, selbst Lukaschenko hat dies so gesagt.

Die Behauptung, es wäre eine Bombe an Bord dieses Linienflugzeugs, war nach relativ kurzer Zeit nur eine leere Worthülse. Das Verhalten der belarussischen Sicherheitskräfte, die Passagiere eine Zeit lang nicht zu evakuieren, spricht da Bände (zu sehen in einem Video auf Social Media - Quelle mir unbekannt).

Grds. ist es so, dass auf Staatsflugzeuge das Chicagoer Abkommen keine Anwendung findet und sich somit auch kein völkerrechtlicher Vertrag diesbezüglich bekannt ist. Meiner Ansicht nach ist dies allerdings möglich, da selbst die Vereinbarung über den Durchflug im Internationalen Fluglinienverkehr in einem anderen Kontext von Widerruf der Erlaubnis spricht. Wenn dies im privilegierten Fluglinienverkehr möglich ist, dann sollte dies im Umkehrschluss im nicht-privilegierten anderen Flugverkehr erst recht gelten. Ansonsten wäre die Reglungstechnik des Luftvölkerrechts nicht konsequent.

Um hier noch einmal mit dem Fall Morales zu vergleichen: Das bolivianische Staatsflugzeug des Präsidenten Morales musste den Rückflug von Moskau nach La Paz unterbrechen und in Wien zwischenlanden, denn Frankreich, Spanien und Portugal hatten für diesen Fall ihren Luftraum gesperrt. Dementsprechend wurde nicht während des Fluges eine Genehmigung widerrufen - eine wichtige Information, falls andere LeserInnen dies angenommen haben. Auch ist es wichtig zu wissen, wie der Ablauf einer solchen Genehmigung stattfindet. Meines Wissens nach frägt die Pilotenbesatzung nicht von vornherein nach der Erlaubnis zum Durchflug, sondern frägt rechtzeitig jedes Land einzeln, bevor es in deren Luftraum eintritt.

Nun stellt sich die Frage, ob dies eine Erzwingung einer Landung legitimiert. Dazu wende ich ein anderes Beispiel an. Hierzu muss angenommen werden, unsere Luftwaffe fliegt Afghanistan ohne den jeweiligen Ländern, deren Hoheitsgebiet überflogen wird, um Erlaubnis zu fragen. Würden diese Länder diesen Überflug ohne Weiteres dulden? Ich glaube vermute sehr stark nicht. So ähnlich verhält es sich bei anderen Staatsflugzeugen. Dementsprechend würde ich dies bejahen, ohne es selbst genauer zu wissen, denn dies kam bisher noch nie öffentlich vor, noch wurde dies bisher breit in der juristischen Literatur diskutiert.

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Also so einen Tonfall würd ich mir doch lieber verkneifen.

Ich glaube von uns kann sich keiner wirklich in die Lage der Piloten versetzen, wenn unerwartet ein Kampfjet einer Diktatur bei vor ihnen fliegt. Erst recht mit den mehr als 100 Leuten, für die ihre Entscheidungen direkte Auswirkungen haben, ist die Entscheidung wohl definitiv vertretbar.

  1. Bringt es den Insassen nix, wenn sie verweigern, Notruf senden, und dann abgeschossen werden (würden)

  2. Vermutlich wussten sie doch nicht einmal, weshalb sie wirklich zur Landung gezwungen wurden, schließlich liest sich doch kein Pilot die Passagierliste vor dem Flug durch.

Die Beschreibung sie hätten etwas mehr Eier haben müssen halte ich für zutiefst uneinfühlsam und viel zu persönlich.

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Vielen Dank mssfoa für Ihre Einschätzung. Der vollstänigkeithalber ist noch zu erwähnen, dass der Direktor des Instituts für Luft- und Weltraumrecht AEROHELP Oleg Aksamentow Ihre Einschätzung nicht teilt und keinen Verstoß gegen das Chicagoer Abkommen sieht.

Damit man sich einen Überblick verschaffen kann, poste ich hier noch den Link zu dem veröffentlichten Gesprächsprotokoll zwischen dem Piloten und den Tower. Einen Zwang kann man aus dem veröffentlichten Protokoll nicht herauslesen. Vielmehr fragt der Pilot sehr kritisch mehrfach nach.

http://caa.gov.by/ru/news-ru/view/1-203/

Und hier noch eine kleine Ergänzung zum Hintergrund von Herr Pratassewitsch. Offenbar hatte er in der Vergangenheit sehr intensive Kontakte zum ukrainischen Faschisten.

Das ist ein privates Institut in Russland, welches Aksamentov (sic!) selbst gegründet hat. Die führen u.a. Professor Hobe als Experten, was Hobe selbst nirgendwo erwähnt (CV, eigene Website usw.) – es würde mich nicht überraschen, wenn er nichts davon weiß, bei AEROHELP zu unterrichten. Die Schreibweise Oleg Aksamentow habe ich nur in einigen Artikeln von RT gefunden, und vermute daher, dass Sie den ersten Teil ihres Forumsbeitrages mehr oder weniger da plagiiert haben. Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass ich der Aussage des selbsternannten Direktors ob dieses Hintergrunds keine Bedeutung zumesse.

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Ich denke mal, dass sich der Herr im Original Олег Аксаментов oder so ähnlich schreibt. Das kann man dann je nach Gusto mit w oder v transkribieren. Der Schreibweise würde ich daher keine Bedeutung beimessen.
Ansonsten aber keine Einwände!

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Der Journalist und seine Freundin sind immer noch in belarusischer Gefangenschaft. Hätte der Westen da nicht mehr Druck ausüben müssen anstatt nur ein paar Sanktionen zu verhängen? Militärisch hat Belarus der NATO nichts entgegen zu setzen. Wenn Lukaschenko nicht das gleiche Schicksal erleiden will wie Milosevic, dann sollte er mit solchen Aktionen sehr vorsichtig sein. Auch um die Oppositionellen in anderen EU-Ländern zu schützen muss dem Regime klargemacht werden, dass solche Aktionen nicht mehr geduldet werden.

Ist das die Forderung dort einzumaschieren?

Das verstehe ich nicht. Was haben Oppositionelle anderer EU Länder damit zu tun?