In der letzten Folge hattet Ihr darüber diskutiert (und wurde auch bereits in der Öffentlichkeit diskutiert) dass die Wirtschaft eigentlich überhaupt keinen Beitrag leisten würde zur Pandemie Bekämpfung.
Das kann ich so aber nicht stehen lassen. Die Lage ist hier sicherlich differenziert zu betrachten.
Zum einen möchte ich darauf hinweisen dass es vom Bundesarbeitsministerium einen Arbeitsschutzstandard gibt in Bezug auf Corona, der sehr detailliert beschreibt welche Maßnahmen in den Betrieben umzusetzen sind.
Darüber hinaus möchte ich gerne noch ein persönliches Insight geben:
Ich arbeite als leitender Angestellter in einem Logistik-Unternehmen mit fast 1.000 Mitarbeitern an unserem Standort.
Da wir systemrelevant sind (wir transportieren auch Lebensmittel) haben wir schon im März damit begonnen, umfassende Schutzmaßnahmen für unsere Mitarbeiter einzuführen. Nach Veröffentlichung des obigen Standards des BAM haben wir unsere Maßnahmen daraufhin noch weiter verfeinert.
Unsere Maßnahmen haben wir dann von einem unabhängigen Arzt auditieren lassen, der uns ein hervorragendes Testat erteilte.
Beispiele:
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Überall gilt beim Verlassen des Arbeitsplatzes Maskenpflicht
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Arbeitsplätze an Tischgruppen werden entweder nur lückenhaft besetzt (Homeoffice) und zur Sicherheit mit Plexiglasscheiben gegeneinander getrennt.
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In allen Büros gilt ein Lüftungskonzept, das über Lüftungsbeauftragte durchgeführt wird, die regelmäßige Lüftung wird dokumentiert
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Alles Equipment bei dem durch wechselnde Schichten mehrere Mitarbeiter darauf arbeiten (Telefone, Computer, Schreibtische, Scanner, Flurförderzeuge) werden nach Schichtende desinfiziert - die Desinfektion wird dokumentiert
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In allen größeren Büros stehen zusätzlich zum Lüftungskonzept mehrere Luftreinigungsgeräte, die Tag und Nacht laufen mit den entsprechenden Filtern (höchste Filterstufe für Viren-Filterung)
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Besprechungen sind limitiert auf geringe Personenzahlen, werden NICHT Gebäude-übergreifend durchgeführt (sondern per ViKo)
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Die Schichten wurden so verschoben, dass es keine Ansammlung von Mitarbeitern beim Schichtantritt oder Schichtende gibt
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Die Pausenzeiten wurden aufgeteilt um die Pausenräume nur in kleinen, weit voneinander getrennt sitzenden Mitarbeiter-Gruppen zu belegen
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alle Maßnahmen werden regelmäßig von unseren Qualitätsbeauftragten unangemeldet auditiert und die Ergebnisse werden mir und dem GM vorgelegt
Wir hatten im Unternehmen seit der „zweiten Welle“ insgesamt über 20 Fälle von infizierten Mitarbeitern. Unsere Erfahrung dabei war: Wir haben immer grundsätzlich die direkten Kollegen im Umfeld der infizierten Person einem Test zugeführt und dieser war immer negativ, sodass wir eine Infektion innerhalb der Kollegen ausschließen konnten → das heißt alle Infektionsfälle (zumindest bei uns) entstanden ausschließlich im privaten nicht beruflichen Umfeld.
Natürlich bin ich mir bewusst dass es hier eine breite Streuung von Maßnahmen in Betrieben gibt, aber als Logistiker habe ich mit zahlreichen Kunden zu tun und der überwiegende Großteil der Industrieunternehmen hat vergleichbare Maßnahmen umgesetzt.
Unsere Maßnahmen und die vorliegenden Testergebnisse haben dazu geführt, dass alle umliegenden Gesundheitsämter inzwischen gar keine Kontaktverfolgung mehr im Betrieb durchführen, da wir nachweislich „safe“ sind, bzw. durch die umfassende Umfeld-Testung sofort feststellen würden ob wir eine Infektionskette haben.
Unsere Mitarbeiter haben auch selbst schon scherzhaft festgestellt, dass sie am Arbeitsplatz sicherer sind als zuhause.
Vor diesem Hintergrund halte ich die pauschale Forderung danach, dass die Wirtschaft sich mehr an den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung und Kontaktbeschränkung einbringen solle zu pauschal.