Beeinträchtigt die politische Einstellung die Berichterstattung des Podcasts?

Ich sehe es in der Tat wie der Themen Ersteller. Manchmal werden Diskussionen zu einseitig geführt.

In meinem Fall würde das langsame Fahren nicht zu einer erheblichen Einsparung führen, da ich nur sehr selten schnell unterwegs bin. Wenn ich jedoch trotzdem einmal spät dran bin, ist es durchaus von Vorteil, schneller fahren zu dürfen (ich wohne auf dem Land).
Andererseits gibt es wesentlich mehr Maßnahmen, um Sprit zu sparen bzw. weniger CO2 auszustoßen. Diese sind ebenfalls „kostenlos“ oder bezahlen sich selbst:

  • Luftdruck im Reifen erhöhen
  • Keine breiteren Reifen als notwendig
  • Klimaanlage abschalten
  • Fenster geschlossen halten
  • Vorausschauend fahren
  • Verpflichtender Kurs zum Spritsparenden fahren besuchen
  • Auto von Ballast befreien (Auto aufräumen, Gewicht reduzieren)
  • In einen Neuwagen investieren

Mit manchen der Maßnahmen ist man durchaus in der Lage, Sprit in ähnlicher Höhe wie mit der Geschwindigkeitsbegrenzung einzusparen.

Ich möchte gerne selber entscheiden, wie ich den Sprit am besten einspare. Wenn ich es eilig habe, mache ich vielleicht lieber die Klimaanlage aus und fahre dafür entsprechend schneller, bei identischem Verbrauch.

Klar, wenn ich je Woche nur eine Stunde Auto fahren muss, macht mir ein Tempolimit wenig aus. Wenn ich aber täglich eine Stunde fahren muss, wird sich das schon stärker auf mein Zeitmanagement auswirken. Darum sollte man solche Diskussionen nicht einseitig und leichtfertig führen, insbesondere wenn man selber weniger betroffen ist.

Darum würde ich es durchaus begrüßen, auch mal wissenschaftlich fundierte Berechnungen zu recherchieren, welche Einzelmaßnahme zu welcher Ersparnis führen kann und wie realistisch die jeweilige Abschätzung überhaupt ist.

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Es gibt da ja wissenschaftliche Studien zu (Greenpeace, UBA). Außer dem Kurs lässt sich von deinen Vorschlägen halt nichts per Gesetz durchsetzen. Und der Kurs wäre sehr teuer, schließlich muss den wer halten.

Das Problem an „ich entscheide selbst, welche Maßnahme ich nehme ist:

  • du bekommst kein direktes Feedback, wie viel du sparst
  • viele Leute können sich einfach schnell fahren auch bei hohen Preisen leisten, weil Sprit im Vergleich dann doch eben noch sehr günstig ist, oder die Firma zahlt, oder was auch immer.

Wir haben also ein knappes Gut, bzw. eins, von dem wir deutlich weniger verbrauchen wollen, aber Preissignalen wirken nicht so stark oder nur langfristig - und das Gut ist für manche eben existenznotwendig. Wenn man also nicht rationieren will (so klingt es übrigens bei dir! Zuteilung von x Liter Sprit pro Person, und alle entscheiden selbst, wo sie sparen^^), sind Maßnahmen, die sofort Verbräuche reduzieren, angebracht.

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Ja, es ist wirklich ein journalistisches Ärgernis, dass die Erosion von Lebensgrundlagen durch den Klimawandel und die Finanzierung des russischen Angriffskrieges durch deutsche Öl-Importe nicht gleichwertig mit den Problemen von Menschen diskutiert werden, die morgens gelegentlich rasen müssen, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen.

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Einen offensichtlicheren Fall von Whataboutism habe ich lange nicht gelesen.

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Diskussion von Sachlichkeit, Neutralität und politischer Einstellung innerhalb des Journalismus anhand des Tempolimits ist echt die deutscheste aller Debatten. :smiley:

fast so deutsch wie die Orthografiekorrektur durch die Moderation letztens

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Wurde hier gerade erst gemacht:
Tempolimit um Öl-Importe 2% direkt zu senken

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Es scheint die oft die Meinung vorzuherrschen, dass bloß weil man einen rhetorischen Kunstgriff verwendet und somit gefühlt ‚Recht hat‘ auch die Faktenlage auf der eigenen Seite ist. Imho ist es grade in der Libertär/Konservativen Bubble Mode geworden, genau solche Kunstgriffe zu kultivieren und anzuwenden, oft auch ohne die notwendige Reflektion dass man sowas tut. Gerade Journalisten wie Robin Alexander haben das zur Kunst erhoben. Dabei wird die geneigte Leserschaft aber einfach hinters Licht geführt.

Widerlegung durch Gegenbeispiel bei Schopenhauer. Dein Fahrstil ist bei den 1.9 mio. Tonnen Einsparung mit eingepreist. Es steht dir bei Tempo 130 durchaus frei, nicht die volle Geschwindigkeit zu fahren. Tempo 130 ist die Höchstgeschwindigkeit. Dazu kommt, dass es hier um was ganz anderes geht.

Die Studie des Umweltbundesamtes wurde hier schon so oft diskutiert, verlinkt und besprochen. Sie ist wissenschaftlich fundiert. Du kannst gerne mal Seite 12 der Methodik lesen. Oder du könntest ausführen, was daran nicht wissenschaftlich ist.

Exakt. Wenn das wegen einer False Balance nicht stattfindet, dann ist der Podcast eine Aneinanderreihung von Neuigkeiten.

Ja, und Ja. Auch wenn sie mir auch hin und wieder gegen den Strich geht. Siehe allgemeine Impfpflicht. Es ging mir so gegen den Strich das die hier nicht ‚eingesehen‘ wurde. Aber so ist es halt und es tat mir sehr gut, das Argument so ruhig und sachlich vorgetragen zu bekommen.

Auch er bedient sich sehr gerne hier

Ich glaube, hier sind die Argumente längst ausgetauscht, die Meinungen längst gesendet und es gibt eigentlich, ausser dem konservativ/Libertär organisierten Kampf dagegen, eigentlich keine Neuigkeiten. Aber ich gehe mal fest davon aus, dass Judith Butler nicht in deinem Bücherregal steht - Als Mann tut es sehr gut da mal was zu lesen. Für eine einfachere Abhandlung empfehle ich Hedwig Dohm - Die Antifeministen. Kostenlos bei Amazon für Kindle zu beziehen oder bei Project Gutenberg. Ja, so lange geht die Diskussion schon.

Die Gesellschaft ‚liberalisiert‘ sich einfach mit der Zeit, wenn viele Menschen das zum Leben haben was sie brauchen und mit fortschreitendem Wissenszugewinn: Das haben wir bei sehr vielen gesellschaftspolitischen Themen. Deutschland ist in Teilen ein konservatives Land und hat hier einen Jahrzehntelangen Rückstand und der erzeugt diese Kognitive Dissonanz die von ‚Konservativen‘ und ‚Libertären‘ oft wahrgenommen wird. Wir sehen das bei Tempo 130, erneuerbaren Energien, Glasfaserausbau, dem rückständigen Sozialsystem mit Hatz 4 und so vielen Themen die alle angehen. Dies dann den zwei Podcastern anzulasten, das geht zu weit. Wenn aber immer wieder Argumente aufgeführt werden, die man sehr einfach in die ‚Taxonomie Wissenschaftsleugnung‘ einordnen kann, dann ist der eine oder andere Lacher oder schnippische Kommentar schon angebracht finde ich.

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Überhaupt bekomme ich den Eindruck, dass die Kritik an Ulf und Philip hauptsächlich auf Basis von Themen kommt, die nicht nur bis zur Ermüdung von den beiden dargelegt wurden, sondern auch durch wissenschaftliche Studien faktisch erörtert und damit von Interpretationsspielraum befreit wurden. Oder bilde ich mir das ein?

So manch einer scheint da nochmal zu versuchen, mit seinem toten Pferd über ein Hindernis zu springen.

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Ich finde es gut, dass die Hosts aus Ihrer persönlichen politischen Einstellung keinen Hehl machen und klare Kante gegen AFD, CDU/CSU & FDP zeigen. Die haben Deutschland in den letzten Jahren massiv geschadet und ich begrüße es ausdrücklich, dass deren Anhänger hier nicht hofiert werden und kein Raum für deren Einstellungen gegeben wird! Bitte weiter so!

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Ich bin seit vielen Jahren Lagehörer.

Den Eindruck von Ansgar teile ich, würde es aber noch etwas präzisieren. Ihr habt früher eure persönliche Bewertung vom Zusammenkehren der Fakten deutlicher getrennt. Da blitzte die Meinung beim Zusammenkehren der Fakten und Standpunkte zwar durch, aber die eigentliche Bewertung kam eben danach. Ich kann mich erinnern, dass ich häufig während dem Zusammenkehren schon ganz gespannt auf das Resumé war.

Jetzt geht alles etwas mehr ineinander.

Konkretes Beispiel:
Ich hab mich neulich gefragt, was die Argumente für und gegen eine Impfpflicht sind. Dann hab ich im Lage-Archiv geblättert. Ich fand über mehrere Folgen verteilt Informationen und Links, aber keine strukturierte Pro/Contra-Auflistung. Die Informationen waren alle da, aber etwas verteilt und durchmischt mit Nachrichten.

Die Meinung des Threaderstellers teile ich nicht. Nicht mal die FDP hat Argumente für grenzenloses Rasen, sondern verweist auf den Koalitionsvertrag.

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Also das lese ich so, dass die FDP das Tempolimit verhindert, da die Ampel es ohne sie natürlich nicht durch bekommt:

Und dann stellt die FDP sich hin und sagt einfach, dass das die Entscheidung der ganzen Koalition ist? Was für eine feige Aktion. Sie trauen sich nicht mal, es offen zu sagen, sondern die FDP „gerüchtet“ es sich nur auf die Fahnen, dass sie das Tempolimit verhindert haben.

Ich finde es schon lustig, aus welcher Ecke hier die Kritik des Threaderstellers kommt. Dies scheint mir doch ein Anhänger der FDP zu sein, oder zumindest des liberalen Lagers.

Und warum ist das lustig?

Weil derjenige sich offenbar bei seinem persönlichen Lieblingsthema plötzlich auf den Schlips getreten fühlt und deshalb unterstellt, hier würde links-grüne Politik gemacht (also aus seiner Sicht die falsche).

Ich wiederum habe den Thread geöffnet wegen des Titels. Denn aus meiner Sicht wird die liberale Haltung der Moderatoren, insbesondere von Ulf, bei sehr vielen Themen als Leitmotiv deutlich. Mutmaßlich wegen seiner Rolle bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das kann man kritisieren - ich mache das auch oft, wenn es mir auffällt. Kurios ist aber, dass der Threadersteller sich aus genau der gegenteiligen Perspektive hier beschwert.

Wie - und wem - sollen sie es dann überhaupt recht machen können?

Passt schon! Macht weiter so. Ihr stellt Euch immerhin der Kritik.

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Möglicherweise mache ich mich mit dieser Aussage etwas unbeliebt, aber meiner Ansicht nach bekommen deutsche Medien die strikte Trennung zwischen objektiver Berichterstattung und subjektiven Kommentaren grundsätzlich ohnehin nicht auf die Reihe. In Zeitungsartikeln finden sich häufig verschiedene Wertungen, die in möglichst kunstvollen und rhetorisch aufwendigen Formulierungen versteckt sind und den Artikel dann zu einem Drittel länger machen als ein Bericht mit gleichem Inhalt in einer US-amerikanischen Zeitung wie der New York Times oder der Washington Post. In den Staaten sind ja sogar die News- und Meinungsredaktionen räumlich getrennt, während hier in Deutschland der-/dieselbe Journalist:in den Artikel und den dazu passenden Meinungsbeitrag schreiben.

Weil so eine strikte Trennung in der Lage wohl kaum möglich sein dürfte (es sei denn, Ulf und Philip kommentieren in Zukunft nur noch und jemand anderes trägt die Fakten vor), weiß ich auch nicht, ob das der Standard ist, den man da anlegen sollte.

Meinem Eindruck bemühen sich die Lage-Hosts schon, zwischen Berichterstattung und Wertung zu unterscheiden. Persönlich höre ich die Lage gerade deshalb so gerne, weil ich an den Einschätzungen interessiert bin, aber nicht unbedingt an völlig neutraler Berichterstattung. Dazu gehört dann auch, dass ich diese Einschätzung nicht immer teile.

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Warum sollten sie auch? Es ist nicht die primäre Aufgabe von Journalist:innen, Agenturmeldungen aneinanderzureihen, sondern Informationen zu selektieren, zu kontextualisieren und zu perspektivieren. Das ist niemals eine ausschließlich objektive Angelegenheit. Die Fiktion eines rein objektiven Journalismus existiert vor allem im Repertoire einer Medienkritik von rechts, die die eigene tradierte Selektions- und Interpretationspraxis als allgemeingültig verstanden und prämiert sehen möchte.

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Für mich ist die Aufbereitung der Lage genau der richtige Mix, gerade weil sie durch die Persönlichkeit von Ulf & Philip beeinflusst werden, sehe ich darin keine Fehler oder Manko.
Für unemotionale neutrale dpa-news gibt andere Anlaufstellen.

Und auch weil ich nicht alle Dinge so sehe wie die beiden - gerade bei Themen wo die Ansichten und Erfahrung zwischen urbanen und ländlichem Raum stark von einander abweichen - ist der Input für mich immer ein Gewinn.
Ich hatte zumindest nie den Eindruck, dass es der LdN darum geht, als Hörer den Standpunkt zu übernehmen, sondern den Diskurs und Meinungsaustausch zu stärken.

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Zu was diese false Balance führt, das hat Böhmermann ja ganz mit Lanz - DiLorenzo erläutert

Ich denke, die Thematik der False Balance sollte uns nach AFD Aufstieg, Migrations Krise Spinning, der sich ausbreitenden Verarmung der ‚Mitte der Gesellschaft‘ endlich. mal in den Kopf. Wichtig ist es, die eigenen Standpunkte mit Gegenthesen zu validieren un zu sehen ob das noch steht. Das passiert doch häufig in der Lage und ich sehe da für mich keinen Bedarf das noch u ‚kritiklose Präsentation‘ zu erweitern. Ich. meine ein CDU Politiker hat ein komplettes Interview bekommen (Polenz).

Der Ruf nach weniger politischer Positionierung (angenommen links) soll doch nur eine Verschiebung zum Konservativen zur Folge haben und wird nicht der letzte Ruf bei sowas gewesen sein, wenn der erste Schritt getan ist.

Sehe ich auch so, mir ist vor allem die Transparenz wichtig. Also bei Philip dass er Journalist beim ÖRR ist und bei Ulf, dass er Richter und GFF-Vorsitzender ist.

Und wie wichtig solche Transparenzhinweise sind, konnte man mMn ja ganz bei bei der Klage von Zeit-Journalisten gegen „die Anstalt“ 2014 sehen:

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Naja, auch die Agenturmeldungen werden natürlich von Journalist:innen geschrieben und qualifizieren sich in meinen Augen somit auch als Journalismus – insofern irritiert mich diese Aussage etwas. Mein Punkt ist aber nicht der, dass ich mir eine objektive Berichterstattung wünsche, so wie das in rechten Kreisen immer gefordert wird. Wie du schon richtig schreibst, fordert die Medienkritik von rechts eigentlich nur, dass sie eigenen Ansichten stärkeres Gewicht finden.

Das ist in meinen Augen dann aber kein objektiver Journalismus mehr. Wenn Die AfD sagt, Covid-Impfstoffe wirken nicht, dann kann man das nicht einfach so übernehmen – denn sonst entsteht tatsächlich eine false Balance, wie @sebs303 bereits angemerkt hat. Sondern objektiver Journalismus muss hier in meinen Augen klarstellen: Die AfD sagt das, aber dafür gibt es keinerlei wissenschaftliche Evidenz oder Daten, die das belegen könnten. Sofern ich dich richtig verstanden habe, ist das genau das, was du mit kontextualisieren meinst – aber korrigiere mich bitte gerne, wenn ich falsch liege.

Es ist eben schon so, dass in Deutschland ein anderes Selbstverständnis des Journalismus vorherrscht als etwa in den USA. Hier ein Zitat aus „Recherche mit Hindernissen: Investigativer Journalismus in Deutschland und den USA“ (der Autor leitet übrigens die Rechercheabteilung von Greenpeace):

Während in den USA die Parteipresse bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Massenpresse abgelöst wurde und sich mit dem Standard des »objective reporting« ein faktenorientierter und damit rechercheintensiver Journalismus als berufliches Leitbild durchsetzte, dominierte die Parteipresse in Deutschland bis weit in das 20. Jahrhundert. Als Erbe dieser Tradition genießen meinungsbetonte Formen wie der Leitartikel oder feuilletonistische Beiträge im deutschen Journalismus wie in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor ein höheres Ansehen als eine herausragende Rechercheleistung (Seite 234).

Die Publikation ist zwar nicht mehr ganz aktuell (aus dem Jahr 2003). Aber ich denke, dass das unterschiedliche Selbstbild auch heute noch zutreffend ist – zumindest ist mir dieser Unterschied deutlich ins Auge gesprungen, seitdem ich überwiegend Zeitungen und Zeitschriften aus den USA lese. Insofern denke ich, dass sich die deutsche Medienlandschaft durchaus den Vorwurf gefallen lassen muss, eher auf Meinungsbeiträge als auf Recherche zu setzen. (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.)

Mein Kommentar weiter oben ist also in diesem Kontext zu verstehen. Unter „objektiver Berichterstattung“ verstehe ich folglich einen faktenorientierten und rechercheintensiven Journalismus, wie ich in aus den USA kenne. Welches journalistische Selbstverständnis nun besser ist, ist dann wieder eine andere Frage. Ich bevorzuge das aus den USA, aber hier kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Aus diesem Grund fand ich aber die Recherche-Reise der Lage zum Thema Windkraft wirklich super.

Und an dieser Stelle sei auch noch darauf hingewiesen, dass deutsche Journalist:innen zumindest in den 1990er-Jahren deutlich häufiger auf Agenturmeldungen für ihre Artikel zurückgriffen als ihre Kolleg:innen in den USA (Seite 229), was ich im Hinblick auf deinen Kommentar zumindest erheiternd fand, @less_ink.

„Deren Vorsitzender ich bin.“ :smiley: Nein, finde ich auch wichtig, aber untermauert eigentlich nur meinen Punkt von vorher: In den USA gibt es deutlich strengere Ethik-Kodizes im Hinblick auf solche Sachen als in Deutschland. Siehe dazu ebenfalls den oben verlinkten Artikel.

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In deinem Ausgangsbeitrag schriebst du, dass

bekämen. Ich habe angenommen, dass „deutsche Medien“ sich hier nicht auf Agenturen, sondern größere und kleinere Tages- und Wochenzeitungen bezieht, für die man m.E. ja gerade deshalb Geld bezahlt, weil sie die Widergabe von Faktenwissen (oder eben: Agenturmeldungen) mit weiteren journalistischen Tätigkeiten kombinieren, insbesondere eben Kontextualsierung und auch weiterer Recherche.

Ich denke nicht. Ich weiß nicht, wie es früher war - die Publikation spricht ja explizit davon, es sei bis ins 20. Jahrhundert hinein gewesen. Ich teile wahrscheinlich einfach nicht den eher negativen Eindruck der deutschen Presselandschaft. Aber auch sonst scheint mir das, was - um nur ein Beispiel zu nennen - aus den investigativen Ressorts der Öffentlich-Rechtlichen Anstalten, der Süddeutschen Zeitung, des Spiegel, t-online, usw. usw. kommt erstens dagegen zu sprechen, dass deutscher Journalismus überwiegend nicht rechercheintensiv, sondern subjektiv-parteipolitisch ist, und zweitens würde ich eher eine Zunahme der investigativen Formate konstatieren.

Interessanterweise wird ja gerade der New York Times - auch selbstkritisch - vorgeworfen, dass sie sich im Vorfeld der Trumpwahl 2016 viel zu wenig „objektiv“ mit dem Kandidaten auseinandergsetzt hat, sondern bestimmte Framings der Trump-Kampagne einfach übernommen hat, ohne ihre Faktizität ausreichend zu beurteilen. Die NYT ist seitdem geprägt von einer ‚alten‘ und einer ‚neuen‘ journalistischen Auffassung, die genau darum streiten, was eigentlich journalistische Objektiviät bedeutet und wie deutlich man zum Beispiel sagen kann, dass bestimmte politisch vorgebrachte Meinungen falsch sind - oder ob man sich stattdessen vor allem aufs Berichten und Wiedergeben derselben beschränken sollte. Die New York Times hat nach 2016 auch ihren Newsroom personell diversifiziert und breiter aufgestellt, um auch in der täglichen Berichterstattung - und eben nicht im Opinion-Teil - unterschiedliche Standpunkte und Perspektiven zu reflektieren.

Dass z.B. die Israel-Berichterstattung der New York Times nicht tendenziös und parteipolitisch eingefärbt ist, kann man glaube ich auch nicht so ohne Weiteres behaupten.

Ich glaube generell nicht, dass „Ausnahmen die Regel bestätigen“, sondern dass man die Realität vermutlich besser damit beschreibt, dass unterschiedliche journalistische Formate unterschiedliche Lizenzen an „Objektivität“ mit sich bringen. Erstmal gibt es ja durchaus unterschiedliche Trennungssignale von Meinungs- und Nachrichtenteil in deutschen Medien (z.B. räumliche Trennung in der SZ; extra als Kolumnist:innen geführte Journalist:innen z.B. in Spiegel und Tagesspiegel, etc.). Die unterschiedlichen Formate decken ein Spektrum ab, in dem man sich je nach Genre mehr oder weniger „Objektivität“ und „Subjektivität“ leisten kann. Komplett auf „Objektivität“ verzichten kann aber auch keine Kolumnistin und kein Meinungsbeitragsschreiber, genausowenig wie sich subjektive Einschätzungen und Interpretationen im härtesten Fakten-Beitrag vermeiden lassen.

Was mich - subjektiv - übrigens wirklich irritiert hat ist die Einschätzung, dass NYT- und WP-Artikel im Schnitt kürzer wären als Artikel in deutschen Medien. In meiner Leseerfahrung ist das genaue Gegenteil der Fall, da die demonstrative Recherchegründlichkeit (die ja häufig auch in der Sammlung von O-Tönen und Gegenstandpunkten besteht) z.B. in der NYT die Artikel dort tendenziell länger werden lässt als in vergleichbaren deutschen Publikationen. Was ich übrigens keineswegs als negatives Urteil verstanden wissen möchte.

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Es ist ja auch offensichtlich ein unsinniges Sprichwort, das man in einer ernsthaften Diskussion in der Form nicht verwenden sollte. „Ausnahmen testen die Regel“ ist eine viel sinngemäßere Übersetzung des lateinischen exceptio probat regulam.

In einem gesellschaftswissenschaftlichen Kontext ist der Sinnspruch generell wenig nützlich, weil Aussagen wie „dass sich die deutsche Medienlandschaft durchaus den Vorwurf gefallen lassen muss, eher auf Meinungsbeiträge als auf Recherche zu setzen“ schon einpreisen, dass hier nur eine generelle Tendenz vermutet wird, von der es in einer vielfältigen Medienlandschaft selbstverständlich auch Ausnahmen gibt. Die Ausnahme ist hier also weder Test noch Bestätigung der Regel, sondern eine Trivialität.

Was die für Deutschland behauptete Ausnahme der Recherche im Vergleich zu Meinungen angeht, die ist einfach immanent. Einen Meinungsbeitrag schreibt Dir schon irgendwer in 30 Minuten runter. Recherche kostet Zeit und Manpower und damit ungleich viel mehr Geld.

Vielleicht sollte man die Fragestellung also auf den Punkt hin verlagern, ob in Deutschland ausreichend Recherche betrieben wird, damit die Presse ihren Beitrag zur Gewaltenteilung leistet und sich nicht daran abarbeiten, ob zu viel geschwätzt wird.

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