Autofreie Städte

Ihre unwirsche Reaktion belegt genau dies Basis meines Anliegens: Politik läuft (leider) nur Ballungsraumzentriert.
Ich will auf Ihre sehr unhöfliche Antwort sachgerecht und höflich erwidern:
Ich beschreibe hier die Lage im ländlichen Raum, weil der Podcast „zur Lage der NATION“ heisst, und nicht „Zur Lage in BERLIN“ oder „Zur Lage in BALLUNGSRÄUMEN“.
Das sage ich als ehemaliger Berliner.
Berlin hat einen herausragenden ÖPNV, der sich in weit über 100 Jahren entwickelt hat.
Der vorgestellte Vorschlag funktioniert also in Berlin sofort - wenn man es dem Wahlbürger ordentlich verkauft und ihn nicht überfährt.
Nur - dann besteht (wie leider viel zu häufig) wieder die Gefahr, dass trotz dieser völlig anderen Vorbedingungen dieses Vorhaben der gesamten restlichen Republik „übergestülpt“ wird. Ohne dass die Vorbedingungen stimmen.
Beispiel? E-Auto: Für eine flächendeckende Einführung gibt es am Land nicht einmal die nötige Leitungskapazität im Stromnetz. Ladesäulen gibt es nur im Abstand von einigen 10 Kilometern. Trotzdem wird es (aus den Ballungszentren und allen voran aus der Hauptstadt heraus) fokussiert, weil es in den Ballungsräumen so schön läuft.
In diesem Sinne: Viel Erfolg für dieses Bürgerbegehren - aber die Lage sollte auch einmal den "Landei-"Teil der Bevölkerung eine Stimme geben.

Ja Der Podcast heißt Lage der Nation, aber das Thema an dem du dich beteiligst heißt „Bürgerinitiative in Berlin“ und nicht Universale Verkehrslösung für überall in Deutschland.

Es besteht kein Zweifel, dass der ländliche Raum eine andere Lösung benötigt als der Innenstadtbereich von Berlin und daher ist es halt völlig sinnbefreit sich an der Diskussion um besagten Innenstadtbereich mit der Situation auf dem Land beteiligen.

Man könnte es auch Whataboutism nennen was du da betreibst.

Die Kritik dass sich die beiden hauptsächlich aus ihrer Hauptstadtperspektive äußern ist auch nicht neu.

Aber würden sie sich in der Debatte um den ländlichen Raum mit diesen Vorschlägen beteiligen, hättest du dann wieder Recht dass Großstädter ihre Lösungen dem ländlichen Raum aufpropfen wollen. Machen sie ja aber nicht.

Und zu deinem Beispiel mit den E-Autos: wenn du alle 10-20km eine Ladesäule brauchen willst, hast du das Konzept der E-Mobilität noch nicht verinnerlicht.

Zumal gerade im ländlichen Raum die Möglichkeiten der Heimladestationen wesentlich einfacher zu realisieren sind als im Städtischen Bereich. für einen einfachen Heimlader benötigst du nur eine 16A Sicherung einphasig.

Aber Ladeinfrastruktur ist wieder ein anderes Thema.

Also lass uns hier jetzt um Möglichkeiten und Probleme für den städtischen Verkehr diskutieren

Und hier: https://talk.lagedernation.org/c/aktuelle-kommentare/9
Über Möglichkeiten und Probleme für den ländlichen Verkehr.

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Ja, das kenne ich. Ich habe mein Auto auch gekauft, weil die Alternativen extrem schlecht funktionieren.

Ich finde, da vermischen Sie Ist- und Kann-Zustand. Wenn sehr viele Leute aufs Auto verzichten würden, wäre der Bedarf nach Wohnungsnahen Arbeitsplätzen bzw. nach Arbeitsplatznahen Wohnstätten dringender als jetzt. Die Arbeitnehmer und auch Arbeitgeber würden sich an die Situation anpassen. Es wäre leichter, kürzere Arbeitswege zu realisieren. Es gibt natürlich noch viele andere Effekte, z.B. Wohnungspreise (ein Problem für sich). So einfach ist die Welt ja nicht. Man kann aber „kein Auto haben“ nicht losgelöst von den Effekten betrachten, die das mit sich bringt.

Meine Frau und ich sind Mitte 30, leben im Ruhrgebiet und haben ein Kind. Bis dato sind wir nie Autofahrer gewesen. Meine Frau macht jetzt einen Führerschein - nicht aus Spaß, sondern weil es leider notwendig ist.

Ich finde es schön, dass Menschen davon berichten wie toll der Familieneinkauf mit dem Lastenrad sein kann. Wenn man allerdings größere Mengen an Getränken kaufen will, hört der Spaß schon auf. Auch Bollerwagen, Lastenrad und Trolli haben eben nur eine begrenzte Lagerkapazität. Ebenso ist es mit dem Einkauf aus dem Baumarkt, wo es um sperrigere Teile geht, oder wenn einfach nur Papiermüll oder Ähnliches zum Wertstoffhof gebracht werden müssen.

Ich bin schon immer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und kann daher sagen, dass diese immer ein zeitliches Investment sind. Mein Arbeitsweg ist aktuell eine Stunde - für 20km in die Nachbarstadt. Das dauert mit dem Auto nur 20 Minuten. Das liegt nicht nur an der Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel zu den entsprechenden Stoßzeiten (von Bussen, in denen Menschen dicht gedrängt bis an die Tür stehen, kann man hier auch in Corona-Zeiten ein Lied singen), sondern an unterschiedlichen Verkehrsgesellschaften, die im städteübergreifenden Verkehr nicht gut zusammenspielen. Aber auch die innerstädtischen Verkehrskonzepte lassen zu wünschen übrig. So dauert ein Weg zum Kindergarten mit dem ÖPNV gute 40 - 50 Minuten. Mit dem Auto ist man in 10 Minuten dort.

Da mag man stellenweise mit dem Fahrrad argumentieren - dieses ist aber nur bedingt zum Lastentransport geeignet und auch nicht für jedes Wetter ausgelegt. Und so ist es leider traurige Realität, dass man als Teilnehmer am ÖPNV grundsätzlich benachteiligt ist. Sei es durch zeitliche Aspekte oder durch zusätzliches Gesundheitsrisiko. Überregionales Reisen ist ebenfalls schwierig - mit dem Bus fährt man halt nicht mal eben mit der Familie „raus in den Wald…“

Das ausschlaggebende Kriterium, warum meine Frau nun doch den Führerschein macht und wir uns ein Familienauto kaufen, ist schlichtweg Zeitmanagement. Wenn meine Tochter noch Freizeitaktivitäten außerhalb des Kindergartens wahrnehmen will, die nicht direkt auf dem Weg liegen und meine Frau wieder erwerbstätig sein möchte, ist es zeitlich aktuell einfach nicht möglich alles auf eine Linie zu bringen ohne die zusätzliches Mobilität eines Automobils zur Verfügung stehen zu haben.

Fazit ist, dass sich erst die Städte und ihre Infrastruktur verändern müssen, damit ÖPNV und automobilfreies Leben möglich sind. Die Situation, dass man in Laufweite zu Arbeitsplatz, Supermarkt und Freizeitaktivität wohnt, ist halt nicht für jeden gegeben.

Das ist für mich ein klassisches Bespiel aus einem Ballungsraum oder größeren Stadt. Und das sind genau diese kleinen Alltagsprobleme die eine autofrei und eben auch zeitneutrale Alternative brauchen.
Und nein! Das Fahrrad wird für einen Großteil der Menschen nie die Alternative sein. Aus verschiedensten Gründen. Das Fahrrad wird nur eine von vielen Teillösungen sein. Mir wird das Fahrrad oft zu sehr als der Heilsbringer hochgejubelt.

Ich möchte allgemein etwas zur Behandlung zur autofreien Stadt in der Lage schreiben und gerade weniger auf die bisherigen Kommentare eingehen.

Ich wünsche mir auch total, dass die das gut machen, dass das was wird und dass nicht die Idee verbrannt wird, nur weil es nicht so gut angegangen wird.

Ich habe vor ca. 1 Jahr das erste Mal von Pontevedra gelesen, einer (kleinen) Stadt in Spanien. Die Ausgangslage von vor 20 Jahren unterscheidet sich von Gewohnheit und Mentalität der Leute in meinen Augen wenig von Deutschland. Und bei denen ist alles anders, alle freuen sich über leere Städte. Ich bitte sehr, diesen Artikel

zu lesen, denn wenn man mehr sieht, wie es sein könnte, und weniger, was dann nicht mehr ist, dann ändert sich gleich die Perspektive. Dann können wir alle zusammen denken und überlegen, in welcher Welt wir leben wollen und müssen nicht mehr unser jetziges Leben verteidigen, das wir einfach nur in Anbetracht der aktuell möglichen Alternativen aufgebaut und vielleicht in mancher Hinsicht optimiert haben. Wenn die Stadt aber neue Möglichkeiten bietet, können wir auch noch ganz anders leben.

Besonders hinweisen möchte ich auch auf das Detail, dass die Bürgermeisterin von Paris (also einer sehr großen Stadt) sich genau Pontevedra zum Vorbild genommen hat und sehr erfolgreich umsetzt.

Es gibt weitere Städte mit weiteren Ideen und ich bitte alle, sich einmal umzusehen, wie andere Städte das schon hin bekommen.
Ein paar Beispiele finden sich unter

Dann gibt es noch Superillas in Barcelona (hier entstehen viele autofreie Straßen zum Spielen und erholen innerhalb von Mega-Häuser-Blocks die aus der Zusammenlegung von bisherigen Blocks entstehen).

In Wien (und darüber hinaus) ist Prof. Knoflacher ein Vorreiter und hat an der Uni gelehrt. Die auf sein Bestrebenden umgestalteten Viertel sind heute die beliebtesten und hochpreisigsten weil die Lebensqualität besonders hoch ist.

Und ja, ein paar Gewohnheiten muss man ändern. Z.B. wird man seinen Wocheneinkauf anders machen müssen. Aber wir werden so viele neue Möglichkeiten bekommen, da fällt uns etwas ein. Am besten werden die Viertel auch zusammen gestaltet und jeder vor Ort kann seinen Bedürfnisse einbringen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass der wöchentliche, samstägliche Wocheneinkauf von allen gleichzeitig eine Ausnahmen zu „autofrei“ bleiben kann. Denn dann gibt es zu viel Verkehr. Aber wir können uns ja von z.B. Pontevedra inspirieren lassen.

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Das Fahrrad wird für einen Großteil der Menschen nie die Alternative sein.

Wir kommen aus Zeiten wo das Fahrrad mit dem ÖPNV und den eigenen Füßen das Hauptverkehrsmittel war. Und es gibt Städte bei denen das heute noch so ist oder wieder so ist.

Das Fahrrad wird nur eine von vielen Teillösungen sein. Mir wird das Fahrrad oft zu sehr als der Heilsbringer hochgejubelt.

Warum hat das Rad rein verkehrsplanerisch betrachtet ein hohes Potenzial? Das Fahrrad ist weitverbreitet - die meisten Menschen besitzen eins, und können es (rein körperlich) benutzen. Es hat einen verhältnismäßig geringen Infrastrukturaufwand. Man weiß - die Hälfte der Autofahrten sind unter 5km (Abb. 42). Strecken die - sofern infrastrukturell entsprechend gestaltet - problemlos und am schnellsten für den Großteil der Bevölkerung mit dem Rad zu bewältigen sind. Das Rad hat den geringsten Ressourcenverbrauch und ist das günstigste Verkehrsmittel, nach den eigenen Füßen. Es verursacht nahezu kaum Lärm, CO² und verbraucht kaum Platz. Studien legen auch nahe das vielen Menschen ein bisschen leichte Bewegung gut tut - wäre doch schön wenn das automatisch und leicht im Alltag integrierbar ist?

Das Fahrrad ist selbstverständlich nicht immer die Lösung für alle individuellen Verkehrsanlässe. Aber nur weil das Autofahren am höchsten subventioniert wird und die Radinfrastruktur vor Ort in sehr schlechten Zustand ist sollte man nicht unterschätzen, welche objektiven Vorteile das Rad zur Bewältigung der allermeisten Verkehrswege und -Probleme bietet.

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Teilösungen sind doch das was erforderlich ist. Wenn ich bei uns in 200m Entfernung in den Bus einsteige, dreht der einen riesen Bogen um dann in zwei km Entfernung wieder bei uns vorbei zu fahren. Da fahr ich doch bei gutem Wetter mit dem Fahrrad hin, und spare mir so netto eine Viertel Stunde. Oder ich besorg mir einen kleinen 80ccm Roller um den Weg zur Bahn zu überbrücken. Da so lange versäumt wurde moderne Verkehrskonzepte umzusetzen, kämpft jetzt jeder für sich alleine.

Danke für informativen Artikel und natürlich geht es mit weniger auch jetzt schon aber Autofrei heißt bisher noch nirgends wirklich 100% Autofrei! Spätestens bei den Anwohnern und Zulieferern endet es oft mit der Autofreiheit.
Zudem ist natürlich abhängig davon von welcher Art Stadt wir reden. Ein großer Punkt ist die Wirtschaftliche, Schulische und Touristische Infrastruktur. Ist es eine Stadt in der die Leute die hier wohnen auch zu einem hohen %-Satz arbeiten werden von Haus aus weniger Autos benötigt und der ÖPNV und Fahrräder werden mehr benutzt. Ist es eine Stadt die in erster Linie Touristisches ziel ist und kaum Wirtschaft hat die Pendler anlockt, wird es auch sehr leicht um zu setzen sein da hier die Einzelziele die erreicht werden müssen überschaubar und planbar sind. Zulieferverkehr und Handwerker etc wird aber erstmal immer bleiben da es hier keine Alternativen derzeit gibt.
Anders sieht es dann schon in Städten mit viel Wirtschaft und Pendlern aus. Wenn dann noch Arbeitsplätze wild im Stadtbild verteilt sind ist das heute allein ÖPNV etc nicht organisieren. Hier müssen öffentlicher Individualverkehr her. Solange es den nicht gibt bleibt das ein Problem. Eine Lösung, alle Taxis und Uber mit E-Autos ausstatten und in die Tarife des ÖPNV einbinden. Für den Übergang schnell umsetzbar.
Was komplett vergessen wird ist die Städteplanung an sich. Die Großindustrie muss raus aus den Städten. Vielleicht sogar mehr auf umliegende Städte verteilt werden. Hier ist noch großes Potential um die Pendlerverkehr umzuleiten und Kleine Städte noch mehr attraktiv zu machen. Der Verkehr hat sich auch vermehrt weil immer mehr Leute aufs Land ziehen um dann wieder in die Stadt zum arbeiten zu fahren. Die Entwicklung verschärft das Thema enorm.

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Hab mir auch „Stimmenfang“ angehört und bin danach nicht deiner Meinung. In der Kürze der Zeit haben die Sprecher der Initiative ihr Anliegen plausibel dargelegt. Die Verfahren für Ausnahmegenehmigungen wären natürlich interessant, habe auf der Seite dazu aber noch nichts gefunden.

Sag nur ein Beispiel für „wenig durchdacht“. Mir fällt nichts auf. Phrasen? welche?

Anstatt zu zweifeln, kannst du dir die FAQ auf der Seite durchlesen. Da werden Kontra-Argumente durchaus behandelt.

Radikal sind sie nicht, immerhin soll die Reduzierung stufenweise erfolgen. Und wie gesagt, wer auf das Auto angewiesen ist, darf fahren. Weitläufig? Für mich sind die Forderungen zielgenau und konkret. Für Veränderungsunwillige (will ich dir nicht unterstellen) kommt jede kleine Veränderung zu früh (besser nach dem Ableben). Wann wenn nicht jetzt soll es losgehen? Worauf soll man warten. Durch die Corona-bedingte Beruhigung ist vielen Bürgern aufgegangen, wie grossartig eine von Autos „entrümpelte“ Stadt sein kann. Ich bin kein Berliner, aber ich wünsche der Initiative einen grossen Erfolg. Und übrigens: Groningen ist schon seit 40 Jahren autofrei (auch in Stimmenfang), und viele andere Städte haben schon angefangen, sich Luft zu verschaffen.

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ich schreibe erst jetzt. Ich verstehe, dass du versuchst, viele Leute mit zu denken. Ich bin zur Zeit dafür, wirklich mit den Betroffenen zu reden und zu sehen, welche Bedürfnisse sie haben. In den Niederlanden sind Anwohner gerne bereit, 500m zum Auto zu gehen, weil ihre Kinder dafür auf den Straßen spielen können (wobei mir da noch weniger Autos ganz recht wären). Kürzlich habe ich von einem Handwerker gehört, der alles nur noch mit dem Lastenrad macht. Der eine Mitarbeiter, der das nicht so gut fand, hat sich wohl umorientiert. Mit so einem Lastenrad findet man auch leichter einen Parkplatz. Ich glaube, ups hat schon angefangen, Lieferungen mit großen (Spezialanfertigungen von ) E-Lastenrädern zu machen. Wir sollten die Leute kreativ werden lassen, aber auch, wie du sagst, auf der größeren, Planerischen Ebene. Wie sehen Wohnviertel aus, wo kommt die Industrie hin, wie wollen wir arbeiten, wie wohnen?
Ich verstehe nicht, wieso du sagst, in Städten brauche man öffentlichen Individualverkehr. Ich habe schon in vielen Ecken der Stadt gewohnt und musste in viele und ich habe dafür nie ein Auto gebraucht. Ich fahre ÖPNV und Rad und mit dem Rad ist man gerade in der Rush-Hour wirklich am schnellsten. Ich fahre auch im Winter und spare mir viel Geld im Vergleich zu einem Auto und auch zur Monatskarte.
Und wie du auch andeutest sollte nicht das Ziel sein, alle aktuellen Wege mit was anderem zu ersetzen. Sondern auch die Wege an sich in Frage zu stellen. Ziel z.B. von Prof. Knoflacher ist auch (wenn ich mich recht erinnere) dass du alle deine Besorgungen in deinem Viertel machen kannst. Man muss nicht ans andere Ende der Stadt fahren um einzukaufen.
lg

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Ich gebe dir recht, dass sich einiges ändern müsste.
Vor allem die Geiz ist Geil Mentalität, denn deshalb gibt es die Lieferanten nicht mehr. Wer die gleiche Wasserkiste 2€ billiger im Supermarkt bekommt kauft die dort. Geiz ist geil heißt da halt, dass man sich die Lieferkosten spart.

Ich würde hierzu noch einen Aspekt in Spiel bringen. Die Arbeitszeiten.
Ich nenne mal ein Beispiel aus München. Wobei ich denke das läßt sich mit Ausnahmen an die meisten Großstädte in Deutschland anpassen. Wenn du heute ca. 60km außerhalb Münchens wohnst weil du dir die Wohnungspreise nicht leisten kannst, dort Familie hast etc. dann musst du mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 45min. einfach einrechnen wenn du das Glück hast direkt am HBF zu arbeiten.
Ist die nicht der Fall bist du schnell bei 1,5h aufwärts einfach. Da sind Wartezeiten etc. noch nicht dabei. Das heißt du bist heute min. 2-3 ich kenne auch Leute mit 4 Stunden täglich nur mit pendeln beschäftigt. Je nachdem wo du wohnst und ob deine Arbeit in deiner Himmelsrichtung der Stadt ist oder am anderen Ende bist du mit dem Auto schneller und flexibler. Vor allem nach der Arbeit haben die Leute wenig lust auf ÖPNV. Vom Rush Hour Verkehr mit Autos in der Stadt will ich hier jetzt nicht sprechen weil da kommen ja auch noch andere Punkte dazu aber viele nutzen das Auto weil sie nach 8 - 10h Arbeit nicht noch 2 + x Stunden ÖPNV haben wollen. Also wir müssen an die Technologien ran, an die ÖPNV Möglichkeiten und an die Arbeitszeiten. Das gehört auch zur Lösung dazu. In Dem Zusammenhang ist es auch ein Wahnsinn das über 80% Geschäfte im selben Zeitlot beginnen und Enden.

Was ich inzwischen gelernt habe ist, dass man das Thema Mobilität ja nach Stadt, Kreis, Umland sehr sehr differenziert betrachten muss. Und dass man dieses Thema auf vielen verschiedenen Ebenen sehen muss.
Angefangen von der einzelnen Straße (Fahrradweg, Parkverbot, Parkbuchten), über den Stadtteil (Haltestellen, Radverbindungen, größere Parkplätze) und Innenstädte (Autofrei, Fahrradparkhäuser, Lieferzonen). Dann die Anbindung in die Vorstädte und Umlands (Bus und Straßenbahn Anbindung, P&R, Fahrradschnellwege, Seilbahnen). Weiter hinaus zu der Anbindung benachbarter Städte (Verkehrsverbünde, Regionalverkehr). Und dann eben überregional zwischen den Regionen bis ins nahe Ausland.
Bei jeder Kritik oder Idee muss man eigentlich immer erstmal Fragen, über welche Ebene und Distanz die Person spricht. Vor allem bei der großen Anzahl der Fahrrad Fans, aber auch ÖPNV Fans, muss man leider immer wieder sagen, dass die meisten Menschen eben nicht im Stadtgebiet von Großstädten wohnen, sondern in deren Umland oder in mittelgroßen Städten, und viele eben doch mehr als 20km zur Arbeit pendeln müssen.
Und deswegen wird die Mobilität der Zukunft auch sehr sehr viele unterschiedliche Lösungen bringen, je nach Region, Distanz und Preis.

Sehe ich nicht so. Als erstes brauchen wir bundesweite Vorgaben wie z. B. CO2-Preis, Subvention von ÖPNV, bessere Fuß- und Fahrradinfrastruktur und Abschaffung von Subventionen und Vorrängen für KFZ. Ja, dann fahren immer noch welche mit dem Auto, aber halt nur die die wirklich müssen.

Das Problem momentan ist doch schlicht und einfach, wenn ich zur Arbeit fahre sind das 60-90km je nach Route, dann trage ich nur einen Teil der Kosten die ich damit verursache. Anders gesagt, Du @CB87 bezahlst meinen Arbeitsweg (und natürlich alle anderen auch). Das gilt natürlich auch andersherum. Ich finde das schlicht unfair, insbesondere da viele Fahrten mit dem Auto unnötig sind.

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Ein CO2 Preis ist für mich, genauso wie sie sagen, auf der Ebene ,bundesweit, oder sogar ,europaweit, angeordnet, da sind wir einer Meinung. Beim Thema ÖPNV fängt es bundesweit an mit Preisen für Fernverkehr und Ausbau von Güterverkehr. Es geht aber dann lokaler auch um das Verbinden benachbarter Verkehrsverbünde und Ausbau, Verlängerung und Neubau von S- und U-Bahn. Und spätestens bei der besseren Fuß- und Fahrradinfrastruktur sind wir dann höchst lokal.

Ich will ihnen ja gar nicht widersprechen, sie haben ja völlig recht damit, dass diese Punkte alle angegangen werden müssen. Mir geht es ja nur darum, dass man nicht alles in einen Topf werfen darf, sondern man bei jeden Punkt genau schauen muss, auf welcher Ebene (kommunal-, landes- oder bundesweit) dazu wer welche politische Weichenstellung treffen kann.

Ja, die Arbeitszeiten finde ich auch spannend. Und irgendwie finde ich es auch komisch, dass alle gleichzeitig arbeiten sollen. Ich zur gleichen Zeit wie die Kassiere im Supermarkt und die Leute in den Behörden. Das hat dann zur Folge, dass alle super gestresst sind, weil sie in dieser Zeit sowohl arbeiten als auch Besorgungen erledigen sollen.
Und bevor Einwände kommen, dass der Kassierer ja nicht abends arbeiten will / soll / muss: Ich bin dafür, dass die unangenehmen Arbeitszeiten auch besser entlohnt werden - und das Einkaufen da teurer ist. Und unsozial zu diesen Zeiten zu arbeiten finde ich das auch nur halb: Die Kino-Angestellten und Barkeeper bemitleiden wir ja auch nicht um ihre Arbeitszeiten.

Was das Arbeiten / Pendeln in München angeht: Da kann ich gut mitreden, über die Stadt. Viele meiner Kollegen pendeln und ich kenne ein ganzes Spektrum. In dem Beruf ist es so, dass sich viele schon eine Bleibe in München leisten könnten. Dann müssten sie aber was Kleineres nehmen als eigentlich gewünscht oder die Frau (in diesen Fällen) müsste halt auch arbeiten. In meinen Augen wird da die Belastung durch das Pendeln häufig unterschätzt und man muss unbedingt in das Haus am … ziehen. Auch wenn die Kinder älter sind bietet die Stadt viel mehr Vorteile und Möglichkeiten, dass sich Kinder auch selbstständig bewegen können. Mir kommt dieses „ich muss rausziehen“ oft auswegsloser vor, als es eigentlich ist. Viele haben eine Wahl, sie setzen halt Prioritäten, die nicht meine sind. Und müssen dann Pendeln.
Für mich führt nichts daran vorbei, dass die Leute auch Emissionen in ihren persönlichen Wertekompass und ihre Prioritäten übernehmen. Dann trifft man auch andere Entscheidungen. CO2-Steuer macht das schon ökonomisch ein bisschen.
Als ich angefangen habe zu studieren, bin ich auch eine Woche lang mit dem Auto zum Campus nach Garching. Da war ich in einer halben Stunde. Mit ÖPNV im Zweifelsfall 1,3h. Aber als ich gesehen habe, dass nach der Woche auch der Tank ziemlich viel leerer war, hab ich einen ganz schönen Schrecken bekommen. Und dann bin ich ÖPNV gefahren, bin mit Kommilitonen gefahren, habe Schafkopf gelernt und mir dann irgendwann eine zentralere Wohnung gesucht.

Viele andere Kollegen pendeln mit dem ÖPNV. und sind kreativ dabei. Ein Kollege kommt au Wasserburg und fährt da und in München mit dem Bus. Die arbeiten alle im Zug. Andere fahren Auto und stehen halt im Stau. Das ist unproduktive Zeit.
Was ich mir auch wünsche und wo ich sehr glücklich bin, dass meine Firma in die Richtung geht: es müssen auch nicht alle Firmen in München sein. Meine Firma hat tatsächlich eine Zweigstelle in einer anderen Stadt in der Metropolregion aufgemacht und das ist super für alle Leute in der Ecke. Da geb es schon einige Mitarbeiter aus der Ecke und das ist auch für neue Mitarbeiter interessant.
Und dann gibt es noch die, die 16 km mit dem E-Bike fahren. Ich bin auch schon 13 km gefahren.

Ja, es gibt noch andere Berufe und Gehaltsbänder. Aber es können ja mal die anfangen, die anfangen können. Und für wirklich notwendige Infrastruktur vor Ort und dort arbeitende (Lehrer, Krankenschwestern, Ärzte, Feuerwehr, Ordnungsamt, …) wäre ich dafür, auch irgendwie für Wohnungen zu sorgen.

Um mal ein Beispiel zu zeigen, was autofrei auf den Land bedeutet:

Ja ist richtig. Nur das Thema lautet Autofreie Städte und nicht Autofreie Pampa um es Mal so salopp zu sagen.

Und so ist es jedesmal. Man fängt an Vorschläge zu sammeln wie man Städte oder Innenstädte Autofrei bekommt und am Ende wird es damit zerredet, dass alle Vorschläge im ländlichen Raum nicht funktionieren werden, anstatt darüber nachzudenken, wie man den nötigen ländlichen Autoverkehr an die Autofreie Stadt anbinden könnte.

Oh und wenn ich mir die Route so anschaue, kann man zumindest bei schönem Wetter die direkte Verbindung mit dem Rad zurücklegen ^^

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Vielleicht 1, 2 Punkte, die ich weiter oben in Antworten zu jemanden mal erwähnt hatte:

  • „autofrei“ bezeichnet eigentlich nie keine Autos, sondern weniger Autos. Selbst Konzepte zu „autofreien“ Innenstädten beinhalten Autos. Es geht um die „Freiheit“ kein Auto benutzen zu müssen, weil die Infrastruktur (übrigens teuer und ressourcenintensiv) so gebaut wurde.

  • nicht für jeden Weg ist der klassische ÖPNV das beste Mittel. Im Beispiel fährt auch ein (zugegeben unregelmäßiger) Bus der nur 10-15 Minuten braucht. Die Strecke von 6-7km sind bei vorhandener Infrastruktur und nicht allzu gravierender Steigung auch mit dem (E-)Rad machbar. Diese Infrastruktur besteht aber wahrscheinlich nicht, man subventioniert das Autofahren - also wird auch die Strecke von den allermeisten mit dem Auto bewältigt werden. Sinnvollerweise besitzt aber selbst in diesen autoabhängig gebauten Räumen nicht jeder ein eigenes.

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