Auch das Grundgesetz unterscheidet im Verteidigungsfall klar zwischen Männern und Frauen, dieser Unterschied ist also nicht sachgrundlos, sondern auch in unserer Verfassung verankert.
Und zum Gleichbehandlungsgrundsatz gehört es nun einmal, dass gleiches gleich, aber auch ungleiches ungleich behandelt werden muss. Wenn das BVerfG daher bei den ukrainischen, wehrfähigen Männern den gleichen Maßstab anlegt, den es im Verteidigungsfall an deutsche wehrfähige Männer anlegen müsste, ist damit zu rechnen, dass das Urteil im Hinblick auf die wehrfähigen Männer anders ausfallen müsste als bei den Frauen oder nicht-wehrfähigen Männern, eine Gleichbehandlung wäre eine Kontradiktion zu den im Grundgesetz selbst verankerten Werten.
Oder anders ausgedrückt: Wenn das Grundgesetz vorsieht, dass wehrpflichtige Männer im Verteidigungsfall zum Dienst an der Waffe - oder bei Verweigerung zumindest zum Dienst in der Kriegswirtschaft und im Zivilschutz - herangezogen werden dürfen, muss es dieses Interesse der Ukraine auch bei seiner Abwägung anerkennen. Das führt zwangsläufig dazu, dass die wehrfähigen Männer eine schlechtere Rechtsposition hätten, von einer strikten Gleichbehandlung somit nicht die Rede sein kann.
Wäre die Ukraine russisch besetzt und Russland als faktische Staatsmacht würde Folter und gezielte Tötungen vornehmen, hättest du Recht, dann dürfte nicht abgeschoben werden. Die Ukraine foltert oder tötet ihre eigenen Bürger aber nicht - sie setzt sie zur Landesverteidigung ein (womit das Risiko der Kriegsgefangenschaft (und damit Folter) und Tötung verbunden ist, aber das ist völkerrechtlich etwas anderes, als ein Staat, der seine eigenen Bürger tötet). Der Einsatz wehrfähiger Männer im Kriegsdienst oder zumindest Zivilschutz ist für den Verteidigungsfall vollumfänglich anerkannt und wird wie gesagt auch in Deutschland so praktiziert, daraus lässt sich daher nicht die - indirekt natürlich vorhandene - Gefahr von Tod und Folter ableiten.
Der EGMR hat zuletzt 2015 entschieden, dass Kriegsdienstverweigerer ein Asylrecht haben, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie andernfalls an Kriegsverbrechen teilnehmen müssten. Auf dieser Grundlage könnten russische Kriegsdienstverweigerer tatsächlich Asyl beantragen, jedoch nicht ukrainische. Und das liegt letztlich auch im Interesse der demokratischen Staaten - wir wollen die Diktaturen schwächen, nicht unsere Verbündeten.
Das ist alles brutal, aber das sind leider die juristischen Realitäten im Verteidigungsfall.