Vielleicht hilft es Dir, wenn ich Dir sage, wie ich vorgegangen bin. Ich habe als erste geschaut, welche der einzelnen Parteien überhaupt in Frage kommen. Denn ich habe folgende Ausschlusskriterien:
Ich wähle keine rechtsextremen Parteien, sprich Parteien, die die Demokratie abschaffen wollen, z. B. AfD
Ich wähle auch keine Parteien, die offensichtlich korrupt erscheinen und in ihren Aktionen Deutschland und/oder der Demokratie signifikant Schaden zufügen. Damit sind bei mir z. B. CDU/CSU, FDP und auch die SPD raus.
Danach waren nicht mehr viele Wahlprogramme übrig. Heißt ich habe meine Wahlentscheidung größtenteil gar nicht aufgrund von Wahlprogrammen getroffen. Was ich jedoch erschreckend finde.
Ich sage mal Philip Amtor und Augustus Intelligence, Maskendeals, Mövenpickaffäre und CumEx als Beispiele. Das ist alles aus jurisitscher Sicht nicht strafbar, bzw. hat zu keinen Strafen geführt. Wenn ich mir solche Vorkommnisse ansehen, frage ich mich, was soll es denn sein, wenn nicht Korruption? Und es sind ja keine Einzelfälle, die Liste ist in allen vier Parteien ja ziemlich lang und es geht seit Jahrzehnten bereits so. Auch Nebeneinkünfte zeigen für mich sehr deutlich, dass da was nicht passt.
Dazu kommt die Reaktion der Parteien, wenn solche Vorwürfe ans Licht kommen. Es wird geredet, ein Kodex geschrieben, aber wirksame Maßnahmen wie z. B. Gesetze noch Rauswurf aus der Partei werden nicht ergriffen. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren, aber ich habe nicht den Eindruck, dass diese Parteien Korrpution überhaupt bekämpfen wollen.
Wie kann es sein, dass Abgeordnete mit einem sehr guten Einkommen nebenbei, also in einem Bruchteil der Zeit nochmal ähnliche oder sogar deutlich höhere Summen erhalten? In einem Unternehmen ist sowas völlig undenkbar, insbesondere, wenn der Nebenjob bei der Konkurrenz ist.
Glaube da sollte/ könnte man noch etwas differenzieren. Die FDP mag ich da nicht so richtig einschätzen, die stehen halt einfach für ihr Programm ( individualisierter Kapitalismus). CumEx hat mit Korruption aus meiner Sicht nichts zu tun. Die SPD als Partei da einzusortieren geht nach meiner Meinung gar nicht. Sich drüber aufzuregen, dass jemand seinen Sohn mitfliegen lässt mag unsensible sein, braucht aber eigentlich kein Schwein zu interessieren
Geht da wohl um den „ich erinnere mich an nix“-Kanzler. Und selbstverständlich muss die SPD als Partei sich das zuschreiben lassen.
Weiß nicht, ob das überall gleich ist, aber ich kenne das aus meinem Wohnort so, dass man auch als Partei selbstverständlich eine Genehmigung für die Sondernutzung des öffentlichen Raums für einen Infostand benötigt, dass man die aber auf einen formlosen Antrag hin jederzeit kostenlos bekommt, außer der gewünschte Platz ist bereits belegt oder es gibt andere gewichtige Gründe, warum es gerade nicht möglich ist.
Das ist schon richtig und ich möchte das keinesfalls verteidigen. Gleichwohl ist es keine Korruption. Oder hat jemand andere Informationen, Scholz hätte sich bereichert?
Ja, man kann auf jeden Fall noch differenzieren. Unterschiede zwischenn den Parteien sind vorhanden, aber die Richtung erscheint für mich zumindest gleich.
Es fällt auf, dass der Warburg Bank 50 Millionen Euro doppelt erstattet wurden. Scholz ist darüber informiert, trifft sich mit dem Chef der Bank und unterlässt es anschließend das Geld zurückzufordern. Welche Erklärung hast Du dafür? Und anschließend als das Gesetz, das explizit dazu gedacht war, dass CumEx nicht verjährt, das Gesetzt unter Scholz als Finanzminister plötzlich noch so einen kleinen Zusatz hatte, der es de facto wirkungslos gemacht hat.
Das ist jetzt, genau wie bei den anderen Parteien, ein Beispiel. Eines von vielen, siehe Schröder, Giffey, Gabriel,… Und diese große Anzahl von Beispielen zeichnen aus meiner Sicht ein Gesamtbild in dem die SPD „Dinge tut“, die ich - in dieser Summe - nur mit Korruption erklären kann (ich glaube nicht, dass die alle so dumm sind).
Und dazu kommt der wichtige Punkte von @otzenpunk:
Die Parteien tragen das mit. Die SPD wusste von der CumEx Affäre und hat Scholz trotzdem aufgestellt. Warum? Entweder weil sie so ein Verhalten für tolerabel halten oder weil es trotzdem der „beste“ Kandidat war.
Ich lasse mich gerne eines besseren belehren. Sehr gerne. Ich bin für alle Erklärungen offen, doch fällt mir nichts anderes ein als Korruption, um das Gesamtbild schlüssig zu erklären.
Von Gerichten als Korruption verurteilt wurde meines Wissens nach in den letzten Jahren niemand, aber wenn man sich z.B. anschaut wo leitende Angestellte, Staatssekretäre und auch Minister nach dem ausscheiden aus der Politik untergekommen sind, hat sich auch die SPD nicht mit Ruhm bekleckert.
Sigmar Gabriel hat sich z.B. als Wirtschaftsminister mit den Zeitarbeitsverträgen in der Fleischindustrie „beschäftigt“ und das ganze lief damals breit durch die Medien. Da darf man hinterher schon die Frage stellen, wieso er 2020 als Berater für Tönnies eingestellt wurde. Aber gut, wahrscheinlich kennt sich der Mann ausgezeichnet mit Bärchenwurst aus. Erstaunlich, aber, dass er nebenbei noch Zeit hatte sich in die Details der Stahlproduktion einzuarbeiten, jetzt ist er Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel Europe. Nebenbei sitzt er auch im Aufsichtsrat von Siemens Energy und die lupenreine Demokratie Katar hat ihn als Vertreter in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank nominiert. Dort sitzt er im Integritätsausschuss.
Genau. Und das macht bei Ministern und Abgeordneten nicht einmal Halt. Beispielsweise ist das SPD-Mitglied Yasmin Fahimi seit einiger Zeit Chefin des DGB und fällt immer dann auf, wenn sie sich in Interviews mal wieder zum „Industriestandort“, „Erhalt von Arbeitsplätzen“ und im Zusammenhang damit Steuererleichterungen oder Subventionen für Unternehmen äußert, nie aber zu möglichen Entlastungen oder berechtigten Lohnforderungen der Erwerbstätigen, was ja eigentlich ihre Aufgabe wäre, sollte man meinen.
Oder die Vorsitzende der Mindestlohnkommission Christiane Schönefeld, die zusammen mit den Unternehmervertretern in der Kommission mit ihrer entscheidenden Stimme durchgesetzt hat, dass bei der anstehenden Erhöhung die gesetzlich beschlossene Anpassung auf 12 Euro ignoriert und der neue Wert auf Basis der vorherigen Höhe berechnet wurde.
Politisch kann man das nicht nachvollziehen, korrekt.
Gleichwohl ist das eine eine Vermutung, wenn einer 50 Mio einsackt ist es eindeutig.
Scheint, dass wir unterschiedliches Verständnis von Korruption haben. Alle Aufsichtsräte unter Verdacht zu stellen finde ich auch etwas heftig. Selbst die Gewerkschaften scheinen nach mancher Vorstellung sich nicht von der Mafia zu unterscheiden
Korruption bleibt das falsche Wort - zumindest solange keine Bestechlichkeit nachgewiesen ist.
Ich vermute eher eine Art „Verstricksein“ in Netzwerke und die Annahme, im Interesse der Stadt zu handeln, indem man eine Bank schützt, oder so.
Ich finde allerdings auch sehr problematisch, wenn Politiker:innen sehr schnell nach ihrer politischen Karriere in einen Bereich der Wirtschaft wechseln, der stark mit ihrer vorherigen politischen Tätigkeit steht.
Für den Fall, dass CumEx noch nicht reicht: Darf ich an Gazprom-Gerd erinnern? Wenn es drum geht, ob SPD -Funktionäre vom starken Einsatz der Partei für Gasimporte aus Russland profitiert haben, fände ich es schon eher herausfordernder zu belegen, dass das nicht passiert ist
Glaube niemand hat darum gebettelt kein russisches Gas zu bekommen, wie haben alle die günstige Energie begrüßt. In so einem Fall braucht es keine Korruption. Ich halte es für absurd so was zu konstruieren. Dann noch mit dem Zusatz die Unschuldsvermutung drehen wir hier mal rum.
Ich würde hier auch nicht direkt von Korruption sprechen, heutzutage wird wohl kaum einer so blöd sein und einen Geldkoffer annehmen oder schriftlich derartiges vereinbaren. Die Unschuldsvermutung gilt natürlich für alle staatlichen Akteure aber bei der Entscheidung, welcher Partei ich meine Stimme gebe, lege ich höhere Maßstäbe an die persönliche Integrität der Beiteiligten an. Es ist eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung, dass jemand nicht gerichtlich der Korruption überführt wurde. Bei der Maskenaffäre z.B. wurde kein Politiker von einem Gericht verurteilt, trotzdem gehe ich mit Transperancy International, die das ganze Vorgehen heftig kritisiert haben…
Die FDP mag ich da nicht so richtig einschätzen, die stehen halt einfach für ihr Programm ( individualisierter Kapitalismus).
Da möchte ich aber scharf widersprechen: Die FDP steht für nichts außer die Unternehmensseite und das ist eine anti-individualistische und - im Sinne einer liberalen Marktwirtschaft - höchst anti-kapitalistische Haltung. Der Liberalismus im Wahlprogramm ist nur Deko.
Nimmt man das deutsche Recht zum Maßstab, dann existiert Korruption in den hiesigen Parlamenten so gut wie überhaupt nicht, sondern Deutschland ist - den süd- und osteuropäischen Nachbarn zum leuchtenden Vorbild - eine Insel der Sauberen. Unmöglich in Versuchung zu führen. SZ
Tatsächlich haben die Grünen und die Linke als einzige Parteien im Bundestag den Ruf, daran etwas ändern zu wollen.
Gerade Union und SPD haben dagegen wiederholt Chancen verstreichen lassen, die Gesetze so zu gestalten, dass Korruption auch angemessen verfolgt werden kann.
Auch das kann man als Maßstab nehmen.
Bitte genau lesen: Ich spreche ja nocht davon, wer es gut fand, billiges russisches Gas zu beziehen, sondern von jenen, die aktiv dafür gesorgt haben, dass Deutschland sich wirtschaftlich und politisch in die Abhängigkeit von Russland begibt. Dass es dabei auch um handfeste persönliche Bereicherung ging, muss man nicht erst „konstruieren“. Wenn jemand als Bundeskanzler den Bau einer neuen Gaspipeline eintütet und dafür mit einem millionenschweren Aufsichtsratsposten belohnt wird, ist der Fall für mich zumindest klar. Zahlreiche Recherchen der letzten Zeit, etwa im Buch „Die Moskau Connection“ zeigen zudem, dass das Ganze nicht nur eine Affäre Schröder war, sondern gerade in der SPD eher systemischen Charakter hatte. (Was natürlich nicht heißt, dass es in anderen Parteien keine Gas-Connection gibt, etwa bei der CDU mit Aserbaidschan).
Ich hatte gehofft, dass der Smiley hinter dem Satz genügt, um die Ironie zu markieren. Zur Sicherheit nochmal ein offizieller Disclaimer: Ich plädiere nicht für eine generelle Umkehrung der Unschuldsvermutung bei sämtlichen SPD-Mitgliedern.
Überhaupt geht es mir nicht um strafrechtliche Definitionen. Mir geht es um die Frage, ob Politiker:innen eine bestimmte Politik betreiben, weil sie sich davon persönlich Vorteile versprechen - und die können vielfältige Gestalt annehmen, das muss nicht immer der Geldkoffer aus dem Fernsehkrimi sein.