Auseinanderfallen des Diskurses in unserer Demokratrie

Hallo und vielen Dank für Eure erhellenden und anregenden Sendungen!

Nicht nur aber auch bezüglich der Pandemie stellt sich für mich die Frage, wie wir mit Parallelwelten alternativer Diskurse umgehen. Anders gesagt, wie können wir sicherstellen, dass in einer Demokratrie alle an den Tisch kommen, die Argumente ausgetauscht werden und Willensbildung im Volke stattfindet.
Gerade im Hinblick auf COVID-19 war oft zu beobachten, dass bestimmte Argumente - gerade in öffentlich-rechtlichen Medien - schlicht weggeputzt wurden, ohne sich inhaltlich damit auseinander zu setzen.

Zwei Beispiele:

  1. Es scheint unbestritten, dass es keine Spätfolgen von Impfungen gibt, allenfalls sehr spät entdeckte Folgen. Dann steht aber im Impfbuch des RKI:
    „Noch länger dauert die Beobachtung möglicher Spätfolgen. Denn natürlich kann man bei einer Impfung, die erst seit ein paar Monaten verabreicht wird, noch nicht wissen, ob und welche Spätfolgen nach ein paar Jahren auftauchen.
    Die Erfahrungen mit vielen Impfstoffen über viele Jahre haben gezeigt, dass die meisten schädlichen Auswirkungen einer Impfung bereits kurze Zeit nach der Impfung auftreten. Aber es gibt auch Ausnahmen. So kann es beispielsweise nach einigen Impfungen, unter anderem gegen Grippe und HPV, in sehr seltenen Fällen zu einer Nervenerkrankung namens Guillain-Barré-Syndrom kommen.“
    So eindeutig scheint es dann (vielleicht) eben doch nicht zu sein. Dieser Widerspruch wird z.B. von Sahra Wagenknecht bei Maischberger angeführt und auch im Interview in der WELT verwendet:
    Sahra Wagenknecht: „Wir haben keine ‚Pandemie der Ungeimpften‘“ - WELT [hinter Login]
  2. Da tritt ein „Linzer Virologe“ - Prof. Dr. Dr. Martin Haditsch - in zwei längeren Beiträgen von ServusTV auf. Ich konnte sehr wenig im Netz finden (Tichys Einblick findet die Sendung gut.), wo man sich kritisch mit solchen Positionen ein wenig abseits des Mainstream auseinandersetzt.

Wie können wir es in einer Demokratie, die selten wie heute durch soziale Medien geprägt ist, abwenden, dass jeder nur noch in seiner eigenen „Bubble“ unterwegs ist?

Viele Grüße und weiter so!
Achim

Ich finde deine Frage gut und berechtigt, sehe aber nicht, dass es ein Problem der Willensbildung ist. Was aus meiner Sicht in letzter Zeit gelitten hat, ist die Akzeptanz naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Moderne Medien und teils abseitige Stimmen vermitteln jedem einzelnen, jederzeit überall mitreden zu können und vermitteln einem auch das Gefühl, dass jeder das Recht darauf habe, gehört zu werden. Das ist jedoch ein Irrtum: Nicht jede Meinung ist gleich viel wert und jeder hat das Recht, gehört zu werden. Wenn öffentlich-rechtliche Medien und Mainstreammedien kein Blödsinn veröffentlichen, wird Ihnen vorgeworfen, sie verschwiegen Meinungen und trügen nicht zum Diskurs bei. Das Thema ist schwierig, aber ich glaube, sie tun gut daran, nicht auf jeden Blödsinn anzuspringen. Aus meiner Sicht haben wir kein Medienproblem, sondern ein Hybrisproblem des Einzelnen. Wenn die StIKo eine Impfung empfiehlt, hat sie das auf Basis der besten zur Verfügung stehenden Daten und der besten Expertise gemacht. In Deutschland gibt es eine Handvoll Menschen, die eine Entscheidung der StIKo qualifiziert kritisieren könnten. Alle anderen dürfen sich gerne zu Experten machen indem sie eine jahrzehntelange Karriere als Epidemiologen anstreben, aber vorher ist die eigene Meinung leider nicht so viel wert, als dass sie unbedingt gehört werden müsste. Auch müsste man dazu sagen, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse keine Meinungen sind, sondern das, was dem Begriff Fakt am nächsten kommt. Damit wären wir am Kern des Themas. Aus meiner Sicht müssen wir uns als Gesellschaft wieder auf Fakten stützen und nicht alle alternativen Falten als gleichwertig betrachten. Das sind sie nämlich nicht. Wenn wir dann wieder in einer gemeinsamen Realität angekommen sind, dann können wir auch wieder sinnvoll miteinander streiten. Vorher ist das leider sinnlos.

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Ich denke das hat hier eine erkenntnistheoretische Ebene. Wie sollte denn ein Nachweis aussehen, wenn eben noch nicht so lange beobachtet wird? Zudem ist der Nachweis einer Nichtexistenz von vorne herein unmöglich: Selbst wenn man 10.000 Leute 50 Jahre lang beobachten würde könnte man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen ob der 10.001. eine Spätfolge bekommt.
Das Fehlen eines „Beweises“ darf hier also auf keinen Fall mit einem Hinweis auf einen Zusammenhang verwechselt werden. Das hat nur leider auch Herr Kimmich noch nicht verstanden.

Wichtiger ist also die Frage ob es in der vorhandenen Evidenz irgend einen Hinwes darauf gibt, das es eine Spätfolge gibt. Das kann man denke ich aus verschiedenen Gründen verneinen.

  1. Die nicht-MRNA Impfungen funktionieren wie viele andere Impfungen auch, es gibt keinen rationalen Grund zur Annahme das hier ein Risiko einer Spätfolge besteht, den man nicht schon von anderen Impfungen kennen müsste. (Im Gegensatz zu kurzfristigen Folgen, die ja inzwischen eindeutig dokumentiert sind).

  2. Ist mir auch abseits von Covid keine einzige Impfung bekannt bei der echte Spätfolgen tatsächlich klinisch Dokumentiert sind. Ich lasse mich hier gerne Korrigieren wenn jemand bei der Suche erfolgreicher war.

  3. Die MRNA-Impfungen halte ich aus mechanistischen Gründen in der Langfrist für absolut unbedenklich: Unser Körper ist den ganzen Tag damit beschäftigt MRNA herzustellen und wieder abzubauen. Jedes Enzym, jedes Eiweiß wird mittels einer solchen „Blaupause“ hergestellt. Die gleichen Mechanismen degenerieren auch die MRNA die per Impfung gegeben wird. Das macht für unseren Körper überhaupt keinen Unterschied. In der Regel arbeitet der Körper dabei sogar so schnell und effektiv (innerhalb von 15 Minuten) dass das stabilisieren der MRNA eine der größten Herausforderungen. Nach ca 50 Stunden ist allerdings bei allen Fortschritten die mrna in der Regel unterhalb der Nachweisgrenze. Man kann sich also ziemlich sicher sein, dass nach einer Woche keine Impf-MRNA mehr da ist. Folglich kann sie auch keinen Schaden mehr anrichten, wobei ich immernoch niemanden gefunden habe der mir erklären kann wie genau die MRNA den Schaden denn auch nur theoretisch anrichten sollte. Sehr empfehlenswert zu genau der Frage:

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Habe ich alles gelesen, auch den Beitrag des ZDF…
Wenig dienlich sind dann widersprüchliche Äußerungen von RKI (siehe oben im Impfbuch), STIKO und PEI.
Generall bleibt für mich die Frage in diesem Thema und anderen, wie kommen wir argumentativ an Zweifler heran? Wie überwinden wir das Abdriften von etwa 20% der demokratischen Gesellschaft in Kanäle, die außerhalb des gewöhnlichen Diskurses liegen?
Denn 20% sind am Ende demokratiegefährdend, bei einer Pandemie sogar weniger.