Aufrufe, das Lager Lipa zu räumen

In den vergangenen Tagen, gab es – neben den vielen ungehörten – auch einige vernehmliche Warnungen, aus der „humanitären Krise“ in Lipa kein „humanitäres Desaster“ werden zu lassen, sprich: zu verhindern, dass die Leute dort schlichtweg erfrieren. Das Desaster ist freilich in erster Linie politisch, und so rief die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, die Behörden auf, den „politischen Willen“ aufzubringen, „Leben zu retten, und eine langfristitge Lösung [zu] bieten“:

Heute berichtet der Deutschlandfunk, dass verschiedene Hilfsorganisationen, unter anderem Pro Asyl, die Seebrücke, der Paritätische Gesamtverband und Terre des Hommes, zu diesem Zweck fordern, die mit dem Tode bedrohten Geflüchteten sofort aufzunehmen.

https://www.deutschlandfunk.de/lager-lipa-hilfsorganisationen-fordern-aufnahme-von.1939.de.html?drn:news_id=1218175

Über die Lage der dort gestrandeten Menschen berichten regelmäßig nur wenige und zumeist kleine Medien, so etwa die Taz:

Die Berichterstattung aus dem Lager wird nicht nur weitgehend unterlassen, sondern auch aktiv behindert, wie die Seebrücke berichtet:

Viele Organisationen, die sich mit der Situation beschäftigen, wissen längst: Im Sinne der Abschreckung wäre ein „Desaster“ womöglich gerade recht. So schreibt etwa Jonathan Deisler von den NaturFreunden (Berlin):

„Es wirkt fast so, als wären diese Katastrophen von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten gewollt, um mehr Geflüchtete abzuschrecken und weiter an der Festung Europa zu bauen. Die Flüchtlingspolitik der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist mit einer an Menschenrechten orientierten Politik nicht vereinbar.“

Während an den Grenzen Menschen sukzessive erfrieren, Babies von Ratten angeknabbert werden und allenfalls ein vergewaltigten Kleinkind durch die Schlagzeilen in Kerneuropa zuckt, wird ebenda technokratisch distanziert über die Verhinderung von „Pull-Effekten“ sinniert.

Im Lage-Podcast sind immer wieder Appelle an die „Solidarität“ der Hörerinnen vernehmbar: Maske Tragen, um älter Mitbürgerinnen und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen. So richtig glaubwürdig wird Solidarität indes erst, wenn sie nicht nur auf das ohnehin Eigene, seien es die eigenen Großeltern oder die eigene Nation, erreicht, sondern sich so weit streckt, dass sie gerade auch die Anderen und konstitutiv Ausgeschlossenen erreicht. Die Warnungen und die Berichterstattung der vergangenen Tage, sind die unzweideutige Gelegenheit, das Thema im Lage-Podcast endlich aufzugreifen!

Einige Hintergründe und Aufrufe:

https://www.ardaudiothek.de/interview/fluechtlingslager-lipa-humanitaere-katastrophe-interview-nurten-yilmaz-spoe/84712374

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