Aufhebung der Patente bzw. Vergabe von Lizenzen für Impfstoffe?

Ihr Lieben, mich würde es total interessieren, wenn ihr mal die Möglichkeit zur Aufhebung der Patente auf die Impfstoffe diskutieren könntet, wie es ja aktuell auch Indien und Südafrika fordern. Habe den Eindruck das wird in der öffentlichen Debatte noch zu wenig thematisiert, obwohl es doch gerade im globalen Süden wohl unzählige Menschenleben retten könnte. Oder was meint ihr?

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Angenommen wir würden alle Patente aufheben. Damit ist Patentschutz nicht mehr gegeben. Firmen haben keinen Grund mehr überhaupt ihre Erkenntnisse zu veröffentlichen. (Bei der Anmeldung eines Patents muss man genau beschreiben wie das angemeldete Ding funktioniert. Jeder kann sich das angucken.) Das ganze bleibt einfach Betriebsgeheimnis.
Zu den Impfstoffen: Wer soll die nächsten Jahre dann Impfstoffe entwickeln und warum? Für private Anleger spielt dieser Zweig der Medizin dann ja keine Rolle mehr, da man da nichts verdienen kann.

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Eine nette Idee. Die Verteilung in unserer Welt funktioniert aber überwiegend nicht nach Verfügbarkeit und Bedarf, sondern nach Zahlungsfähigkeit.

meiner Meinung nach ist es ohnehin sehr fraglich, warum sich in Sachen Forschung bei Impfstoffen nur Privatfirmen betätigen und nicht auch Staaten zusammenschließen.

Die EU könnte in dem Sinne locker finanzielle Mittel auf die Erforschung von Impfstoffen für unterschiedliche Krankheiten setzen. Das dies nicht geschieht ist für mich ohnehin unbegreiflich.

Ist das wirklich die Welt in der wir leben wollen?
Sind das die Ethischen Grundsätze die unser Handeln leiten sollten?
Da werden Millionen von Menschen sterben weil sie sich den Impfstoff nicht leisten können (wie auch schon bei anderen Krankheiten).

Ich lass da einfach mal diesen Link da - nicht abschrecken lassen vom Titel:

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Angenommen Europa hätte den Impfstoff selbst entwickelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Dosen einfach verschenkt werden würden. Das würde nur Sinn ergeben, wenn die Verbindung zwischen den handelnden Staaten enger wäre. Also Macht gegen Medikamente. Ansonsten würden die Kosten dann externalisiert werden. Also wieder Geld gegen Medikamente. Solange wir Grenzen zwischen Menschen ziehen muss es zwangsläufig Machtkämpfe geben.

Das kann ich mir auch nur vorstellen, wenn bei uns alle erfolgreich geimpft wären und wir noch Dosen übrig hätten.
Oftmals würde es aber schon reichen, wenn Staaten das Mittel Lizenzfrei selbst produzieren könnten.

Ich würde dazu einfach mal 2 Quellen empfehlen.

Das Buch „der Code des Kapitals“ von Katharina Pistor
und die dazugehörige Besprechung mit Ihr selbst
Buchbesprechung mit Katharina Pistor

Nun ja, an dieser Stelle sollte man auch nicht vergessen, dass bereits heute sehr viel der erforderlichen Investitionen zur Medikamentenentwicklung nicht durch die Pharmaindustrie sondern durch die Staaten getätigt werden. Beginnend bei der Ausbildung der späteren Beschäftigten in öffentlichen Hochschulen (erforderliche Schulausbildung geschenkt) sowie der Grundlagenforschung in den Universitäten, der hier gewonnene Erkenntnisgewinn steht der Pharmaindustrie zur Verfügung (bezahl von uns Steuerzahlern). Also zu denken dass nur oder auch nur hauptsächlich die erforderlichen Investitionen, welche für die Medikamentenentwicklung getätigt werden müssen, aus dem privaten Sektor kämen ist falsch. Grade wenn wir hier von Corona Impfstoffen reden ist dass nochmal besonders zu hinterfragen, wie gerecht das Verhältnis von Gewinnen und getätigten Investitionen ist.

Rolle der Pharmakonzerne: Wer hat den Corona-Impfstoff erfunden? | tagesschau.de
"Mehrere Staaten haben Milliarden Euro an Förderung bezahlt. Deutschland hatte extra ein Förderprogramm über 750 Millionen Euro aufgelegt - aus dem BioNTech bereits mehr als 300 Millionen erhalten hat und weitere knapp 50 Millionen in diesem Jahr bekommen kann. "

Des weiteren sollte bedacht werden, dass wir Corona erst richtig im Griff haben, wenn wir es Weltweit im griff haben!

Meine Empfehlung zu dem Thema:
media.ccc.de - Patente töten.

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Ich denke auch, dass man Wissen nicht einsperren sollte. Und genau das ist ja die Idee von Patenten. Die Patentierenden sind gezwungen ihr Wissen zu veröffentlichen. Ohne Patent, hat man keinen Grund seine Erkenntnisse offenzulegen und die bleiben dann ein Betriebsgeheimnis.

Wenn man Wissen produzieren will, dass gemeinfrei ist, dann muss das also in der Regel aus gemeinschaftlichen Ressourcen finanziert werden. Staaten könnten zum Beispiel dies zur Bedingung jeder Förderung machen.

Das ist die Idee von Patenten? Nicht wirklich! Also ja wer Patente anmeldet ist gezwungen sein Wissen zu teilen aber ja grade nicht um damit zu ermöglichen, dass andere auf dieses Wissen zugreifen und es direkt nutzen können sondern um genau dies zu verhindern!

Hat jemand ein Patent auf auf ein Produkt darf man ja grade nicht dieses Wissen nicht mehr nutzen (selbst wenn man selber, aber halt nicht als erstes, darauf kommt) um auch dieses Produkt zu erstellen (wie z.B. einen Impfstoff). Geht es nicht genau darum Wissen zu dokumentieren um auf dessen Nutzen ein Monopol zu haben (oder um die Erlaubnis des Nutzens zu „verkaufen“). Daher geht es nicht darum Wissen zu „teilen“ sondern darum Wissen „einzusperren“ um bei deinen Begriffen zu bleiben.

Ob und wie sinnvoll das Patentsystem tatsächlich ist sei einmal dahingestellt aber spätestens beim Thema Corona werden wir (wie in der letzten Lage auch erwähnt) mit der BWL-Logik sicher nicht die besten Ergebnisse für die Gesellschaft erreichen.

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Hier noch weitere Links zum Thema:

https://www.zeit.de/kultur/2021-02/impfstoffpatent-biontech-peng-kollektiv-plakataktion-freigabe-corona-leak-plattform

(Folgendes ist weitergeleitet vom kommening E-Mail Verteiler)

  • Rechtlich die Impfstoffe als Commons sichern: DEFINE_ME

  • Produktionswissen großzügig teilen: COVID-19 technology access pool und müsste sich m.E. auch auf die industrielle Produktion beziehen)

  • auf dezentrale Produktionsstrukturen setzen

*Hier eine Petition: Patente töten. Oder: Medizin für Alle!

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Es ist unglaublich verlogen, was die Bundesregierung, gerade die SPD da macht. Am 25.3.20 sagt Heiko Maas noch: „Im Vordergrund steht für die Bundesregierung, unser Handeln weltweit mit Partnern zu koordinieren und dort solidarisch zu sein, wo auch immer wir Spielräume dafür haben.“
Dann, wenn es z.b. um die Freigabe der Patente geht sagt das Justizministerium unter Lambrecht (SPD): „keine Belege dafür, dass gerade der Schutz geistiger Eigentumsrechte eine angemessene Versorgung mit Produkten behindert“

Das ist eine kapitalistische, neokoloniale, rassistische Politik, die auch Deutschland am Schluss schaden wird.
Kapitalistisch: Schulden vergesellschaftet (Entwicklungsgelder für die Impfstoffe aus Steuergeld bezahlt), Gewinne dann privatisieren
Neokoloniale: Man legt denen Steine in den Weg, die auch aufgrund des deutschen Handelns in Armut leben müssen
Rassistisch: Nach dem Motto: „Die sind zivilisatorisch nicht in der Lage, ein Medikament herzustellen“
Schaden für Deutschland: Man legt die Hürden höher für ärmere Länder, den Impfstoff zu produzieren. Damit sorgt man potentiell dafür, dass in den Ländern mehr Menschen sterben, weniger Impfstoff hergestellt wird und mehr Mutationen entstehen die dann auch in Deutschland schaden anrichten.

Ich finde, dass das ein sehr under-reportetes Thema ist. Bitte macht doch mal etwas dazu.