Atommüll: Neuer Jahresbericht des KENFO

Hallo zusammen,

der „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ (KENFO) hat einen neuen Jahresbericht veröffentlicht (Link zum Bericht).

Ich bin kein Buchhaltungungsexperte, aber nach meinem Laienverständnis steht dort ein Gewinn (Stiftungsergebnis) von knapp 248 Millionen Euro den Aufwendungen für die Lagerung des Atommülls bzw. die Endlagersuche in Höhe von 1,043 Milliarden Euro entgegen (Seite 44).

Hinzu kommt, dass es sich um das Geschäftsjahr 2021 handelt, das trotz Corona einigermaßen gut lief und in dem der DAX um ca 16 Prozent gestiegen ist. Im aktuellen Jahr gibt es bis jetzt hingegen einen Einbruch von 20 %.

Ich weiß, dass wir das Thema hier im Forum schon mal hatten, aber insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Laufzeit-Verlängerungsdebatte, macht es mMn durchaus Sinn sich auch die laufenden Kosten der bisherigen Nutzung anzusehen.

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Es war immer die Strategie der KENFO, möglichst früh ein Endlager zu finden und einzurichten. Daher sind die hohen Ausgaben aktuell keine Überraschung. Wenn irgendwann ein Endlager gefunden und gebaut ist, sollten die Gewinne aus den vom Fonds gehaltenen Aktien, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen und Real-Estate-Investment-Trusts (REITs) die laufenden Kosten locker decken.
Deutsche Aktien spielen mit 3,3% Anteil am Aktienportfolio quasi keine Rolle - entsprechend ist der Blick auf den DAX nicht besonders hilfreich.
In den Fonds wurden 2021 4,8 Milliarden € investiert. 2020 waren es 6 Milliarden € - voraussichtlich werden es 2022 ebenso wieder etwa so viel.
Ausgaben von einer Milliarde für die Endlagersuche und Kosten für Zwischenlagerung sind also gerade einmal 5% der aktuell etwa 20 Milliarden Assets under Management und kein Grund für Panik - selbst wenn in diesem Jahr die Assets ein paar Prozente an Wert verlieren.
Der Fond ist durch seine breite branchen- und internationale Diversifikation auf langfristige finanzielle Absicherung der Endlagerung ausgerichtet und wird diesen Zweck auch erfüllen können.

Das wollten „Wir“ glaube ich alle, aber wir sehen ja seit Jahrzehnten, das daraus nichts wird. Und das Endlager Asse 2 für leicht- und mittelverstrahlte Materialien, wird derweil ebenfalls zum Milliardengrab: Marodes Atommüll-Endlager Asse: „Löchrig wie ein Käse“ - ndr.de

Stimmt, aber der amerikanische Aktienmarkt hat in den letzten Monaten auch schon im zweistelligen Prozentbereich verloren. Und amerikanische Tech-Aktien sind glaube ich sehr stark vertreten beim KENFO.

Das ist eben das fiese an exponentiellen Entwicklungen. Auf ein Jahr gesehen, sieht das wenig aus, aber Jahr für Jahr kommt da ordentlich was zusammen.

Das hat nichts mit Panik zu tun. Ich weiß, oder fairer formuliert, ich bin absolut davon überzeugt, dass der KENFO die Ewigkeitskosten der Atommüllentsorgung nicht wird stemmen können.

Diese 24 Milliarden waren von Anfang an zu wenig und ich bin sicher, alle Beteiligten wussten dass. Und dass dem Fonds jetzt schon eine Wirtschaftsabschwächung durch den Ukraine-Krieg das Rückgrad brechen könnte, bestärkt mich darin nur.

Und nichts gegen die Leute, die da arbeiten, ich kann mir vorstellen dass die besten Absichten haben und einen guten Job machen, aber du kannst die Titanic halt nicht mit na Rolle Ducktape flicken.

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Der Kenfo hat seinen neuen Jahresbericht zwar noch nicht online veröffentlicht, aber es gibt einen Vorbericht dazu:

Das ist auch abseits der Atomenergie-Debatte wichtig, den es ist ja immer noch eine Aktien-finanzierte Rente nach einem ähnlichem System im Gespräch.

Wie bei anderen Staatsfonds auch, hat der Kenfo unter anderem mit den Wertverlusten bei Staatsanleihen zu kämpfen, die vor ein paar Monaten auch einige Banken in Schieflage gebracht haben.

Der Kenfo hat im vergangenen Jahr statt 1 Milliarde (wie in 2021) nur etwa 600 Millionen Euro ausgeschüttet. So eine Verringerung der Ausschüttung wäre bei einem Rentenfonds natürlich sehr problematisch, den die Leute brauchen ja monatlich konstant ihre Rentenzahlungen.

Solchen Risiken sollte man sich bewusst sein, wenn man über eine verpflichtende Aktienrente nachdenkt.

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Bei der Rentenvorsorge über Aktien schichtet man üblicherweise etwa 10 Jahre bevor man an das Geld ran möchte, nach und nach in sichere Anleihen um. Dadurch sichert man sich gegen plötzlich drastisch fallende Kurse ab, wenn man das Geld dringend braucht. Das ist meines Erachtens kein Hexenwerk. Anyway, das ist offtopic.

Viel spannender fände ich aber die Frage, wieviel die Endlagerung kostet, falls wir es durch Innovation schaffen den Atommüll weiter abzureichern, bspw. in Flüssigsalzreaktoren. Selbst wenn moderne AKW nicht mit EE konkurrieren könnten, könnte sich deren Betrieb (passende Reaktortechnik vorausgesetzt) lohnen um die Dauer der Endlagerung zu reduzieren.

Gibt es dazu passende Schätzungen?

Dazu gibt es beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung eine Übersicht:

Zitate:

Bislang existiert keine industriereife Transmutations-Anlage. Bis dahin könnten - so dass vom BASE in Auftrag gegebene Gutachten - noch viele Jahrzehnte vergehen. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit wäre mit hohen Kosten verbunden.

Laut den Modellrechnungen müssten drei bis 23 dieser auf Transmutation ausgelegten Atomkraftwerke zwischen 55 und 300 Jahren betrieben werden, um einen Großteil der deutschen Transurane zu transmutieren.

Auch mit Transmutation würde ein Endlager für hochradioaktive Abfälle erforderlich bleiben. Dies hat insbesondere drei Gründe:

  • Selbst bei mehrmaliger Transmutation bleiben Transuran-Reste zurück, die einem Endlager zugeführt werden müssten.

  • Langlebige Spaltprodukte (sowohl bestehende als auch neu entstehende) müssten in einem Endlager eingelagert werden.

  • Nur ein Teil der hochradioaktiven Abfälle liegt in Form von Brennelementen vor. Ca. 40% der Abfälle wurden im Rahmen der Wiederaufbereitung verglast. Hier wäre die erneute Partitionierung deutlich anspruchsvoller.

Das Ganze ist also Zukunftsmusik und selbst wenn es im industriellen Maßstab laufen würde, würde wir weiterhin ein Endlager brauchen.

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Danke dir. Super Quelle.

Das war schon klar. Aber möglicherweise könnte dieses Endlager damit wesentlich kleiner sein und müsste nicht mehr tausende Jahre halten, sondern eher hunderte. Nichtsdestotrotz, der Aufwand ist sicher enorm.