Dieser Beitrag der Tagesschau hat mich doch sehr erschüttert.
In Kurzfassung:
Männliche Russen, die aktuell in Deutschland sind und bei ihrer Rückkehr nach Russland mit einer Einberufung in die Wehrpflicht und dann möglicherweise einem Einsatz im Ukraine-Krieg rechnen müssten, haben formell einen Anspruch auf Asyl, aber die Voraussetzungen, diesen Anspruch geltend zu machen, sind so absurd hoch, dass sie absolut nie erfüllt werden können. Sie müssten quasi einen schriftlichen Befehl mit einer Aufforderung zu völkerrechtswidrigen Handeln vorlegen. Also zum Beispiel den Einsatzbefehl, in die Ukraine einzumarschieren.
Problem ist halt: Wenn die Leute erst nach Russland zurückkehren und dort zum Wehrdienst eingezogen werden, haben sie keine Möglichkeit mehr, in einem rechtstaatlichen Ansprüchen genügenden Verfahren gegen die Einberufung und im Zweifel auch gegen den Einsatz in der Ukraine vorzugehen. Sie sind dann halt dem russischen System ausgeliefert und müsste aus dem Land fliehen, was mit einem extremen Risiko verbunden ist (ich will gar nicht wissen, wie viele Jahre Arbeitslager darauf stehen, wenn man versucht, das Land zu verlassen, nachdem man zur Meldung zum Wehrdienst aufgefordert wurde…)
Es ist doch absolut offenkundig, dass Deutschland ein großes Interesse daran haben sollte, dass jeder einzelne Russe, der aktuell in Deutschland lebt und bei seiner Rückkehr möglicherweise als Kanonenfutter in der Ukraine landen würde, hier Schutz findet. Gleiches gilt für russische Deserteure. Diesen Menschen einen einfachen Weg zur Asyl zu gewähren ist doch wirklich ein No-Brainer. Warum bekommt unsere Bundesregierung nicht einmal das hin?
Ich finde, ihr solltet dieses Thema in der LdN ansprechen, weil das ein Thema ist, das im Hinblick auf den Ukraine-Krieg mehr öffentlichen Druck benötigt. Viel mehr öffentlichen Druck.
Jeder einzelne Russe, der deutsches Asyl dem russischen Angriffskrieg vorzieht, ist ein Schritt in die richtige Richtung - und eine Unterstützung für diejenigen, die in der Ukraine gerade für unsere Werte kämpfen. Jeder Russe, den wir nun wegen abgelaufenen Visa gegen seinen Willen nach Russland zurückschicken, schadet uns. Was gibt es da überhaupt zu überlegen? Welche Argumente sind überhaupt für die Position da, den Russen das Asylverfahren zu erschweren? Wieder mal „Angst vor Migrationsanreizen“ oder „Angst vor Putins Reaktion“?
Es sind solche Dinge, wegen denen ich mich von nahezu jeder deutschen Regierung der letzten Jahrzehnte unterrepräsentiert fühle.