Ansteckung durch Geimpfte

Mein Eindruck - aus dem was ich über die Impfstoffe weiß - ist, dass bei der Frage ob Geimpfte weiter ansteckend sind zu viel über einen Kamm geschert wird.

Das RKI hat bereits im Januar im epidemiologischen Bulletin 2/2021 die Challenge-Studien zu den Impfstoffen in Mäusen vorgestellt, wobei sich gezeigt hat dass beim ChAdOx1-Impfstoff von AZ die PCR für 7 Tage positiv bleibt und auch die Viruslast gleich hoch bleibt wie bei der Kontrollgruppe. Nun sind Mäuse keine Menschen, aber dass ~35% der mit AZ geimpften Menschen in den Phase-3-Studien trotzdem Symptome entwickelten spricht ja für eine erfolgreiche Virusinfektion, was Replikation bedeutet was wiederum auch Ansteckungsfähigkeit bedeutet.

Die Studien die das RKI in der Antwort auf die Frage ob man Geimpfte mit negativ getesteten gleichstellen kann heranzieht kommen aus Israel und beziehen sich dort nur auf mit dem Biontech-Impfstoff geimpfte. Da ist die Datenlage auch eine andere: 90-95% der Geimpften wurden in den Phase-3-Studien nicht symptomatisch und in der Challenge-Studie in Mäusen wurde die PCR nach einem Tag wieder negativ.

Daraus folgende finde ich man kann die Frage ob Geimpfte ansteckend sind auch aus Public-Health-Gesichtspunkten nicht einfach abtun und auf 5-10% die vielleicht ansteckend sein mögen verweisen.

Der zweite Punkt der bei der Frage nicht beachtet wird sind die Immun-Escape-Varianten wie P.1 und B1.351, die zwar bei Geimpften vielleicht kaum schwere Verläufe machen aber definitiv für erfolgereiche Infektionen sorgen, die Geimpfte wiederum ansteckend werden lassen können.

Wenn wir irgendwann mal eine durch Impfung weitgehend immune Bevölkerung haben spielt das was ich geschrieben habe keine Rolle mehr, denn Geimpfte sind vor schwerer Erkrankung geschützt. Aber solange bis zu 35% der Geimpften potentiell weiter ansteckend sein könnten und auf derzeit ~80% Ungeimpfte treffen fände ich es fahrlässig sie aus der Risikobetrachtung rauszunehmen.

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Vorsicht, so ist die Efficacy nicht zu verstehen, es infizieren sich ja nicht alle aus der Kontrollgruppe und nicht alle geimpften der Phase 3 sind dem Virus auch ausgesetzt. Es handelt sich um (je nach Studie, ich würde bei AZ die aktuelle amerikanische nehmen) eine relative Risikoreduktion sich symptomatisch zu infizieren von ca. 75%.

Zu den Varianten: Die spielen aktuell in Deutschland ja keine Rolle. Leider kann man sich natürlich gut vorstellen, dass politisch zugeschaut wird, ob die auch in Deutschland wirklich zu einem Problem werden (vgl. B 1 1 7), wenn dann eine gewisse Immunität herrscht und die häufiger auffallen, aber wie du ja auch sagst, haben wir bis dahin hoffentlich eine ausreichende Impfquote.

Studien zur Infektiösität Vektorgeimpfter fehlen allerdings soweit ich weiß tatsächlich noch in der Qualität wie es sie für Biontech aus Israel gibt.

Ich finde trotzdem, dass man rechtzeitig darüber nachdenken sollte, welche Messlatten/Risikobewertung man anlegt, wenn dann mal ein Großteil der Bevölkerung dereinst mal geimpft sein wird (auch wenn die Impfung teilweise „nur“ vor schweren Verläufen und nicht vor Übertragung schützt). Wenn eine entscheidend große Zahl an Personen geimpft ist, sinkt natürlich auch das Ansteckungsrisiko für ungeimpfte und für nicht impfbare Personen – und bei denen ist dann wiederum das Risiko eines schweren Verlaufs unter Umständen auch anders verteilt, als zur Zeit gerechnet auf die ungeimpfte Bevölkerung.

Eigentlich ist doch die Frage, ob sich Geimpfte dennoch testen sollten. Könnten man das nicht mal einfach ausprobieren - und wenn sich herausstellt dass nach einiger Zeit alle bei Geimpften gemachten Schnelltests negativ sind dann bringt diese Maßnahme halt nichts? Müssen wir das denn diskutieren bevor wir das austesten konnten? Sonst würde ich argumentieren dass aus Public health Gründen weiterhin gilt testen, testen, testen.

Ich kenne bereits einige Kandidaten die ankündigen, dass sie „endlich normal leben“ werden sobald sie die doppelte Impfung haben und damit das Risiko für einen schweren verlauf nicht mehr haben. Dann haben diese Personen zwar ein 90% geringeres Grundrisiko eine Infektion zu bekommen aber riskieren im Zweifelsfall auch viel mehr. Und wenn sie sich infizieren, dann viel wahrscheinlicher mit einer Variante - und wenn diese erstmal anfangen im Anteil der Viruspopulation exponentiell zu steigen tun wir alle wieder schockiert und müssen nochmal durchgehen mit den Impfungen…