Anspruch gegen RWE wegen Folgen des Klimawandels

Ich habe das nicht so ganz verstanden mit diesen Verfahren gegen Unternehmen wie RWE. Wie muss ich mir das vorstellen, wenn den Anklägern recht gegeben wird? Muss RWE dann die Kraftwerke abschalten und wir sitzen im Dunkeln? Was ist die genaue Konsequenz im niederländischen Fall um Shell? Kann man den konkreten Energiekonzern dafür verantwortlich machen, dass wir als Gesellschaft auf fossile Energieträger gesetzt haben und noch setzen? Finde ich schwierig, warum soll RWE dafür bestraft werden, die Elektrizität zur Verfügung zu stellen die wir doch alle genutzt haben?

Ich versuche mal, das etwas zu sortieren: Es geht hier um ein Zivilverfahren, das bedeutet, es verklagen sich Private untereinander. Am Ende des Verfahrens steht dann ein Urteil in dem sinngemäß drinsteht: „A ist verpflichtet an B €€ zu bezahlen“ oder auch „A ist gegenüber B verpflichtet XY (nicht) zu tun.“ D.h. mit Strafe oder Ähnlichem hat das ganze nichts zu tun.

Was genau von VW und Co. verlangt wird und demnach im Urteil stehen könnte, ergibt sich aus der Klage. Solange es die nicht gibt, kann man das nicht mit letzter Gewissheit sagen. Wahrscheinlich wird es aber ähnlich aussehen wie im Shell-Urteil. Im Shell-Urteil wurde Shell dazu verpflichtet, die eigenen Emissionen schrittweise zu senken. Im Ergebnis geht es also um ein Unterlassen: Shell wird dazu verpflichtet, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Handlung (Ausstoß von CO2) NICHT mehr vorzunehmen. Ob es am Ende wirklich nur um dieses Unterlassen geht oder nicht doch auch um einzelne Handlungspflichten (zB auf Tochterunternehmen einzuwirken) - darüber kann man sich streiten. Das ist aber erstmal nicht so wichtig. Sowohl Handlungs- als auch Unterlassungspflichten können vollstreckt werden. Das funktioniert in DE über das sog. Ordnungsgeld und die Ordnungshaft (s. §§ 888, 890 ZPO). D.h. wenn dem Urteil nicht Folge geleistet wird, müssen VW und Co Geld zahlen oder ihre Vorstände (die schuldhaft gegen das Urteil verstoßen) können evtl. sogar in Haft genommen werden. So wird Druck aufgebaut, bis dem Urteil Folge geleistet wird.

Das eigentliche Problem an so einem Urteil, das Ulf auch anspricht, ist die sog. Vollstreckungsfähigkeit. Ein Urteil ist nur dann vollstreckungsfähig, wenn es bestimmt genug ist. D.h. ein Urteil in dem drinsteht „A darf B nicht schädigen.“ kann nicht vollstreckt werden, weil es viel zu unbestimmt ist. Die Kunst ist deshalb, ein Urteil zu erwirken, dass bestimmt genug ist, um vollstreckt zu werden, und gleichzeitig unbestimmt genug, um in der Praxis nicht leerzulaufen.

Was die inhaltliche Begründung für einen Anspruch gegen Emittenten angeht, insbesondere auch in Bezug auf die Verantwortung der Endnutzer, verweise ich mal auf den Thread zum Shell-Urteil: LdN - Shell-Urteil

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Danke für diese Einordnung, den Shell-Thread kannte ich noch nicht.