Andere Quarantäne-Vorschriften bei mutiertem Virus?

Ich habe eine Frage aus ganz persönlichem Interesse:

Meine Frau war vergangene Woche mit einer Person in Kontakt, von der sich im Nachhinein herausstellte, dass diese Corona-infiziert war. Also Kontaktperson Kategorie 1.
Die Info erreichte uns am Dienstag, also 4 Tage danach.

Um uns zu vergewissern hat meine Frau dann einen PCR Test absolviert. Ergebnis am Mittwoch dann Negativ.
Ok, meine Frau bleibt ja trotzdem bis zum 10. Tag nach Kontakt in Isolation, Rest der Familie aber nicht.

Einen Tag später dann nochmaliger Anruf vom Gesundheitsamt:

Die Person war mit einer mutierten Variante infiziert. Deshalb muss unsere gesamte Familie sofort bis zum 14. Tag nach dem Kontakt in häusliche Isolation!?

Jetzt frage ich mich: Hab ich was verpasst? Auf welcher Grundlage kann das Gesundheitsamt einfach die Regelungen zu Absonderung ändern?

Mich irritiert die Vorgehensweise schon sehr. Einerseits liegt ein negativer PCR Test meiner Frau vor, die ja den eigentlichen Kontakt hatte und andererseits werden alle anderen Familienmitglieder pauschal ebenfalls in häusliche Isolation gesteckt. Keine Testung, nichts.

Hallo Herr Hoermann,
zumindest einen Teil der Frage kann man mit den aktuellen RKI-Empfehlungen beantworten, an denen sich die Gesundheitsämter orientieren:

  • Grundsätzlich kann die Quarantäne von Kontaktpersonen der Kategorie 1 von 14 auf 10 Tagen verkürzt werden, wenn eine negative PCR vorliegt. Diese darf aber frühestens am 10. Tag der Quarantäne abgenommen werden.
  • Ausnahme: Verdacht auf Kontakt mit einer besorgniserregenden SARS-CoV-2-Variante: Dann ist eine Quarantäne-Verkürzung ausgeschlossen.

Quelle: RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - Kontaktpersonen-Nachverfolgung (KP-N) bei SARS-CoV-2-Infektionen

Ich kann dir zwar auch nur als Laie antworten, aber vielleicht hilts ja trotzdem:

Der PCR-Test deiner Frau kann ja noch negativ gewesen sein und vielleicht ist sie doch infiziert.
Bei der „Standard“-Variante von Sars-Cov-2 hat sich diese Art der Quarantäne „eingebürgert“, die riskiert, dass deine Frau sich unerkannt doch angesteckt hat, das an die Familie weitergibt, die das dann ihrerseits weitergibt, bis (hoffentlich?) deine Frau nachgetestet wird und die unerkannte Infektion doch noch erkannt wird.
Ich schätze, dass das Gesundheitsamt bei der Mutante dieses Risiko, dass die Infektion weitergetragen wird, sehr viel dringlicher verhindern will, weil es die Gefahr für die Allgemeinheit durch die höhere Ansteckungsrate als größer ansieht.

Wenn ich dieser eben ergoogleten Quelle [1] (Das muss stimmen, das hab ich doch im Internet gelesen! :slight_smile: ) glauben kann, ist das Gesundheitsamt auch ermächtigt, die Dauer der Quarantäne und wer sie einzuhalten hat (nämlich auch die Familie, die ja nur potenziell infiziert ist), selbst festzulegen (im Rahmen der üblich Grenzen wie Verhältnismäßigkeit, die wohl endgültig nur ein Richter überprüfen könnte).

[1] https://kochneumann.de/2020/03/09/rechtsgrundlage-der-corona-quarantaene/

Das irritierende ist, dass bei den „normalen“ Varianten hierzulande die Haushaltsangehörigen weiter munter durch die Gegend latschen dürfen. Das ist als Quarantänekonzept völlig absurd und trägt sicherlich mit dazu bei, dass die Pandemiebekämpfung in Deutschland so bescheiden abläuft.

1 „Gefällt mir“

Guten Morgen,
das geschieht auf Grundlage der Empfehlungen des RKI, unserer obersten Bundesgesundheitsbehörde, deren Empfehlungen im Infektionsschutzgesetz gesetzlich verankert sind.
Also mit Sicherheit keine Willkür. Die mutierten Varianten sind, das ist jetzt schon sehr oft diskutiert worden, 30-40% ansteckender als die „normalen“ Varianten. Deshalb gibt es im Übrigen auch keine Möglichkeit des „Freitestens“ nach 10 Tagen, viele Kontaktpersonen, wenn auch nicht die Mehrzahl, entwickeln erst gegen Ende der Inkubationszeit Symptome.

Ich habe mich da jetzt eher an der Corona-Verordnung des Landes BW orientiert. Da stehen die 10 Tage nämlich grundsätzlich bereits drin.

Bei der gesamten Vorgehensweise bin ich deshalb irritiert, weil ich - laut Drosten-Podcast - immer davon ausgegangen bin, dass eine Infektion sich spätestens nach 5-7 Tagen anhand von Symptomen zeigt und in dieser Zeit der/die Infizierte auch selbst infektiös ist.

Wenn nun - so wie in unserem Fall - nach 4 Tagen ein PCR-Test genommen wird und dieser negativ ausfällt, dann war mein Verständnis dass zu diesem Zeitpunkt der Test aussagekräftig ist.

Jetzt hat man Panik vor der mutierten Variante - die meines Wissens der PCR-Test aber auch erkennt - aber ich frage mich ob das verhältnismäßig ist. Warum kann die Familie nicht nach 7 Tagen eine Testung durchführen und dementsprechend dann die Quarantäne verkürzen?

Hätte ich persönlich einen guten Anwalt meines Vertrauens, würde ich das tatsächlich prüfen lassen.

Das schon, aber die Verordnung hat, soweit ich das sehe, nichts mit der Quarantäne, die vom Gesundheitsamt angeordnet wird, zu tun.

Die Verordnung regelt, wenn ich sie richtig verstehe, nur, dass unabhängig von einer verhängten Quarantäne, bestimmte Menschen von bestimmten Dingen ausgeschlossen sind.
Ich wäre sehr zuversichtlich, dass ein Anwalt dir nur raten könnte, die verhängte Quarantäne durchzumachen.

Davon abgesehen halte ich persönlich die Entscheidung des Gesundheitsamtes für sehr sinnvoll und hoffe, dass sie dazu beiträgt, eine dritte Welle mit der Mutante zu verhindern. Ich kann aber verstehen, dass es sehr ätzend ist, zwei Wochen nicht mal spazieren gehen zu dürfen.

Die Inkubationszeit beträgt max. 14 Tage, die Mehrheit zeigt nach 4-5 Tage Symptome, das ist richtig, aber eben nicht alle. Bei uns werden Kontaktpersonen (zumindest derzeit, in der Phase etwas niedrigerer Fallzahlen) immer zweimal getestet: einmal nach 4-5 Tagen, ein zweites Mal nach 12-14 Tagen, auf freiwilliger Basis, nach den Vorgaben des RKI. Das gilt aber alles nur für die „normale“ Variante des SARS COV2. Bei den „Mutanten“ gibt es keine Verkürzung und eine Testpflicht für Kontaktpersonen.

Noch ein Nachtrag: ich habe mir gerade die CoronoVO NRW angesehen, auch dort stehen die 14 Tage für Kontaktpersonen explizit drin. Die Möglichkeit des Freitestens am Tag 10 besteht. Aber auch diese CoronaVO orientiert sich am Infektionsschutzgesetz, das sich wiederum, wie bereits erwähnt, an den Empfehlungen des RKI ausrichtet. Damit sind, genau wie in meinem Bundesland, die Mutanten ausgeschlossen und Kontaktpersonen der Kat2 werden in der Regel wie Kontaktpersonen der Kat1 behandelt. Da wird Ihnen jeder informierte Anwalt und wir hatten schon etliche Widersprüche, dasselbe sagen.

Das ist schlichtweg falsch. Haushaltsangehörige gehen auch bei der „normalen“ Virusvariante als Kontaktpersonen der Kat1 in Quarantäne. Vorgehensweise wie bereits beschrieben.

Das bezog sich doch gar nicht darauf, dass ein Haushaltsangehöriger erkrankt ist, sondern wie bei @thomashoermann, dass ein Haushaltsangehöriger Kat1 von irgendjemand anders ist. Der wird dann in „Quarantäne“ nach Hause geschickt, aber die anderen Haushaltsangehörigen stehen nicht unter Quarantäne und laufen frei rum. Das ist doch totaler Quatsch und widerspricht jeder bisherigen Definition von Quarantäne in der Menschheitsgeschichte.

Nach jeder für mich irgendwie denkbaren Logik müsste doch entweder der ganze Haushalt unter Quarantäne gestellt oder die potenziell infizierte Person auch von der Familie isoliert werden. Z.B. in einem Quarantänehotel, wie es sie in anderen (gegen das Virus erfolgreicheren) Ländern gibt, aber bei uns komischerweise nicht. Liegt aber wahrscheinlich bloß daran, dass diese Länder auf Inseln liegen oder Diktaturen sind oder [insert random Ausrede hier]. :roll_eyes:

Wie meine Vorredner schrieben: Die Inkubationszeit beträgt bis zu 14 Tage, d.h., die PCR kann auch bis Tag 13 negativ sein und an Tag 14 positiv werden. Die Virusmenge im Rachen verändert sich im Laufe der Erkrankung, die PCR ist sehr sensitiv und wird in einem relativ großen Zeitraum der Erkrankung positiv, aber bei einer im Einzelfall sehr langen Inkubationszeit kann man trotzdem zu früh sein. Das ist selten, aber möglich. Die Abkürzungen und das frühere Freitesten sind letztlich pragmatische Kompromisse zwischen Sicherheit und persönlicher Freiheit.