Alltagserfahrung, Arbeiten in einem Mutationsgebiet in der Corona Pandemie

Hallo zusammen,

ich möchte hier mal einen Einblick geben in die tatsächliche Realität wie man sicher in einem sogenannten Virus-Variantengebiet arbeiten kann.

Zuerst einmal möchte ich den Begriff Virus-Variantengebiet kritisieren. Ich finde diesen Begriff diskriminieren und beleidigend gegenüber den Ländern wo Virus Mutationen aufgetreten sind. Es drückt diesen Ländern einen Stempel auf für den sie nichts können und verleitet aktiv dazu diese Länder als verantwortlich und schuldig für die Mutationen zu halten. Es fördert außerdem die Diskriminierung der Menschen die aus diesen Ländern kommen. Ich erinnere nur daran, wie Asiaten in Deutschland im letzten Jahr angegriffen, diskriminiert und verantwortlich gemacht wurden für die Verbreitung von Corona. Die aktuelle Bezeichnung ist nichts anderes und wird auch noch aktiv von deutschen Behörden befördert. Das finde ich nicht richtig.

Nun zu meinem Erfahrungsbericht. Im Monatswechsel Januar/Februar war ich einige Wochen in Südafrika beruflich unterwegs. Da ich Südafrika seit 10 Jahren kenne, war die Vorbereitung natürlich etwas einfacher, da ich viele Strukturen bereits gut kenne. Dennoch waren einige Anpassungen notwendig um der Sicherheit vor Corona sorge zu tragen.
Zu einem muss ich sagen, dass es den Menschen in Südafrika sehr bewusst ist, die Maskenpflicht z.B. einzuhalten. Natürlich ist das bei einem Land das von sozialer Interaktion lebt, noch viel viel mehr als Deutschland, eine Schwierigkeit. Aber man hält sich gut daran. In der Zeit in der ich dort war, war die 2. Welle bereits am abebben. Nach 6-8 schwierigen Wochen ist Südafrika seit Anfang Februar dauerhaft bei max. 2,000 Neuinfektionen pro Tag, Tendenz stark fallend. Aktuell immer öfter sogar nicht mehr vierstellig. In einer Zeit wo die Deutschen Medien noch den Teufel über Südafrika an die Wand gemalt haben, hat sich die Lage wieder verbessert. Man performt sogar mittlerweile deutlich besser als Deutschland. Dafür sorgen eine regelrose durchgesetzte Maskenpflicht sobald man das Haus verlässt. Mit Strafen bis 6 Monaten Gefängnis für die nicht Einhaltung bis zu Corona PCR Tests wo man sich mobile Ärzte nach Hause zur Testtung bestellen kann. Das Ergebnis kommt per E-Mail, ähnlich wie bei Centogene in Deutschland. Autofahrer müssen ebenfalls Maske tragen und im Gegensatz zur normalen Kultur in Südafrika wird beim Autofahren nicht mehr viel gesprochen. Vor jedem Lokal, jeder Mall, jedem Gebäude muss man sich die Hände desinfizieren und bekommt Fieber gemessen und muss sich in Listen eintragen. In Südafrika ist die Gastronomie übrigens geöffnet, auch nur limitiert, aber man kann dort gut und sicher essen. Wohlgemerkt die meisten Südafrikaner:innen bestellen sich Essen nach Hause. Dank eines wunderbar ausgebauten Liefersystems. Südafrika setzt auch auf das Konzept der strikten Ausgangssperre von 22/23 Uhr bis 5/6 Uhr morgens (nur medizinisches Personal, Polizei und Militär sind ausgenommen). Arbeitgeber wurden per Gesetz dazu verpflichtet ihre Mitarbeiter spätestens eine Stunde vor Inkrafttreten der Ausgangssperre in den Feierabend zu schicken. Während meiner ganzen Zeit dort, habe ich im Endeffekt neben der Einhaltung der Regelungen in Südafrika, nichts anders gemacht als ich auch in Deutschland gemacht habe und heute auch noch mache. Auf meiner ganzen Reise von der Abreise bis 15 Tage nach meiner Rückkehr und der entsprechenden Quarantäne habe ich 4 Corona PCR Tests gemacht. Alle negativ.
Wenn man die Hygieneregeln einhält, Maske trägt und Abstand hält, dann ist Südafrika, egal ob mit Mutation oder ohne, nicht gefährlicher als Deutschland. Im Gegenteil, ich fühle mich in Deutschland wesentlich unsicherer als in Südafrika. Das liegt vor allem daran, dass ich den Fortschritt beim Impfen in Deutschland aktuell stark kritisiere. Ich bin dafür sofort alle Hausärzte in die Impfung mit einzubeziehen und somit die Impfung auch für alle zu öffnen.
Ich muss auf Grund meiner beruflichen Erfahrung in Südafrika sagen, dass das schwarze Bild das hier in den Medien von Südafrika gezeichnet wird, massiv unausgewogen. Die deutsche Politik handelt zusehends so, dass man den Eindruck erweckt, dass man keine, absolut keine Ahnung davon hat, was in den jeweiligen Ländern wirklich passiert. Ich habe in Südafrika einige Gespräche mit unterschiedlichsten Personen über Corona geführt. Das Ergebnis für mich als Deutscher war, war verheerend in Bezug auf welches Bild Deutschland ins Ausland transportiert. Über die Art und Weise wie Deutschland z.B. bei Reisebeschränkungen vorgegangen ist, ist massiv Image schädigend für die betroffenen Länder. Die Südafrikaner:innen zeigen uns den Vogel und sagen, ihr seit total hysterisch, irre und rein von Angst getrieben. Im Auge der Südafrikaner:innen übertrifft nur noch die Niederlande die hysterische Haltung. Das faszinierend ist, wenn man als Deutscher für einige Wochen in Südafrika ist, merkt man wie sehr wir hier in Deutschland gerade abdrehen. Ich habe den Eindruck es fehlt uns mittlerweile die notwendige Distanz um das Corona Problem von unterschiedlichen Perspektiven anzuschauen um wieder bessere Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie zu treffen. Mich verwundert das auch nicht, wenn man 12 Monate immer wieder im selben Teufelskreis umher-kreiselt und nicht ausbrechen will, mittlerweile vielleicht sogar nicht mehr kann.

Ich bin froh diese paar Wochen in Südafrika gearbeitet zu haben, da es mir somit möglich war aus diesem Teufelskreis auszubrechen und mal etwas Abstand zu gewinnen.

Soweit meine Eindrücke und Meinungen.

Viele Grüße,
Sven

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