Alle sind gleich, manche sind Speicher! Über die Benachteiligung von Pumpspeicherkraftwerken. (Urteil BGH, 17.11.2009 - EnVR 56/08)

Immer wieder werden Pumpspeicherkraftwerke (PSKW) als zentraler Baustein für die Energiewende genannt.

Sie besitzen eine Reihe von Eigenschaften, welche sie allen anderen Energiespeichern überlegen macht:

  • sie sind unendlich oft be- und entladbar (wie cool ist das denn!)

  • sie besitzen einen hohen Zyklenwirkungsgrad von 80-85 % (da müssen sich Batteriespeicher schon anstrengen)

  • sie können gigantische Energiemengen von mehreren GWh speichern

  • sie besitzen Anschlussleistungen von Atomkraftwerken

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für die kurzzeitige und mittelfristige Speicherung von großen Energiemengen keine geeignetere Energiespeichertechnologie gibt.

Den Fakten zufolge müssten PSKW die bevorzugte Speichertechnologie aller Energieerzeuger sein und durch die Politik massiv gefördert werden.

Warum ist das aber nicht so?

Das Problem ist ein Urteil (EnVR 56/08 - Pumpspeicherkraftwerke) vom Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH). Es stammt vom 17.11.2009 und besagt:

„Der Betreiber eines Pumpspeicherkraftwerks, der für dessen Betrieb aus dem Netz Strom entnimmt, ist Letztverbraucher i.S. des § 3 Nr. 25 EnWG und damit entgeltpflichtiger Netznutzer nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV.“

Oder in anderen Worten:

PSKW sind beim Einspeichern von (Überschuss)Energie wie Verbraucher zu betrachten und müssen deswegen Netzentgelte bezahlen.

Aber, PSKW müssen auch beim Einspeißen von Energie Netzentgelte zahlen. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass eine Speichertechnologie, welche unsere Netze entlastet und stabilisiert, doppelt zur Kasse gebeten wird.

Somit werden alte, schon gebaute PSKW, wie das PSKW Niederwartha bei Dresden, nicht mehr betreiben/instandgesetzt, weil es unter den jetzigen Rahmenbedingungen schlicht nicht wirtschaftlich ist.

ABER: Batteriespeicher werden doch auch so behandelt?!

Jein! Da Batteriespeicher meistens erst neu installiert werden gilt laut „Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG)

§ 118 Übergangsregelungen“:

(6) Nach dem 31. Dezember 2008 neu errichtete Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie, die ab 4. August 2011, innerhalb von 15 Jahren in Betrieb genommen werden, sind für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt.

Konstruktive Fragen:

  • Wie kann diese strukturelle Ungleichbehandlung von PSKW beendet werden?

  • Sind sich die Politiker und Verantwortlichen dieser Problematik überhaupt bewusst?

  • Wie kann das Urteil angefochten werden? Wäre eine Neuklage mit der Begründung, dass „ Die Errichtung und der Betrieb von Energiespeichern sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen.“ erfolgreich?

Überlegung: Speicher (egal welcher Bauart) müssen von der Entrichtung von Netzentgelten befreit sein!

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Interessantes Thema.

Grundsätzlich gilt der von dir zitierte § 118 Abs. 6 S.1 EnWG für alle Energiespeicher, also auch Pumpspeicherkraftwerke, wobei die i.d.R. eben schon älter als 2008 sind. Für Pumpspeicherkraftwerke gilt ergänzend noch § 118 Abs. 6 S.2 EnWG, dieser besagt:

Das ist grundsätzlich ein Privileg von PSKW, wobei man darüber streiten kann, ob es sinnvoll ist, dieses Privileg an eine Erhöhung der Kapazität zu binden, da diese in einigen Fällen nicht wirtschaftlich möglich ist.

Durch Gesetz. Wenn es der Wille des Gesetzgebers ist, wird er eine weitere Privilegierung von PSKW beschließen, wenn das Thema der Bevölkerung wichtig ist, wird sie die Parteien dazu drängen, genau das zu tun - was leider nicht der Fall ist, weil das Thema zu unbekannt ist…

… was wiederum zu diesem Punkt führt. Die Lösung wäre also, dass entsprechende Interessengruppen (Umweltschutzorganisationen, Wissenschaftler und co.) das Thema stärker in die Öffentlichkeit tragen und Druck aufbauen. Desto bekannter das Thema in der Bevölkerung ist, desto eher beschäftigen sich auch Politiker damit.

Gegen Beschlüsse des BGH (es war kein Urteil!) kann nur innerhalb eines Monats Verfassungsbeschwerde eingelegt werden, die Frist ist rum. Wollte man das Thema neu klären müsste man einen neuen Fall durch alle Instanzen treiben und wenn man dann der Meinung ist, dass es aussichtsreich sei, vor’s BVerfG oder auch den EuGH ziehen, könnte man dies tun. Aber bis die Sache durch wäre, wären wir im Jahr 2040, also abgesehen davon, dass ich der Sache keine hohen Chancen einräume (die Entscheidung, welche Technologien gefördert werden, liegt wohl noch im Ermessensspielraum der Politik) würde es auch einfach zu lange dauern.