AKW anwerfen mit alten Brennelementen - Technikkompendium

Auch wenn es für die politische Bewertung egal ist, wer

wollte ich doch einmal erklären wie die jährliche Revision und das neu anwerfen von AKWs funktioniert:

Ein Brennelement kann etwa 4 Jahre verwendet werden. Jährlich wird eine Reaktor-Revision durchgeführt. Während dieser wird ein Viertel der Brennelemente aus dem Reaktor entfernt und ins Abklingbecken überführt. Dieses Viertel sind die „abgebrannten“ Brennelemente.
Anschliessend wird der Reaktor neu beladen - sprich das Viertel an freien Slots wird mit neuen Brennelementen gefüllt.
Mit bestandener Revision wird der Reaktor wieder hochgefahren. Hierzu werden zwischen den Brennstäben befindliche Steuerstäbe, welche die Kernreaktion regeln, herausgezogen um eine höhere Kernreaktivität zu ermöglichen.
Je abgebrannter Brennelemente sind, desto weniger reaktionsfreudig sind sie.

Bei neuen Brennelementen ist die Reaktion über Jahrzehnte erforscht, daher ist die Regelung über die Stäbe hundertfach erprobt, um den Reaktor zügig wieder auf Volllast zu bringen. Beim Hochfahren mit neuen Brennelementen ist ein Reaktor üblicherweise mit einen viertel drei Jahre alten, einem viertel 2 Jahre alten, einem viertel einem Jahr alten und einem viertel neuen Brennelementen gefüllt. Dies gilt natürlich nicht bei neu gebauten AKWs, welche daher im ersten Jahr behutsam auf Vollast gefahren werden - und nicht wie nach einer Revision üblich innerhalb von wenigen Tagen.

Selbst das AKW Emsland hat zum Jahreswechsel 2020/21 bei der letzten Revision noch 44 neue Brennelemente bekommen. 44 von 193 Brennelementen entspricht 22,8% der Brennelemente - also fast dem oben angesprochenen viertel. Diese zum Atomausstieg zu etwa 50% abgebrannten Brennelemente werden dann Ende 2022 ins Abklingbecken überführt, es wird also noch nutzbares Brennelement verworfen.

Wird ein Reaktor nun nicht mit neuen Brennelementen beladen hochgefahren, betritt man Neuland.
Wie hoch müssen die Regelstäbe gefahren werden um die gewünschte Reaktion zu erzeugen - aber nicht mehr? Niemand weiss es genau. Dies innerhalb von der geforderten einen Woche auszutüfteln ist mutig. Sogar auf den Strom angewiesen zu sein und entsprechend möglicherweise Leistungsdruck vor Sicherheit zu stellen, ist eine extrem mutige Strategie.

Wer näheres hierzu lesen will, dem sei das Buch „Kernphysik - Brennstab, Steuerstab, Moderator“ von Lisa Behnke empfohlen.

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Auch wenn das für diese sehr interessante und wahrscheinlich stimmige Einschätzung unwichtig ist, diese Szenarien stelle man sich mal aktuell für das Ukrainische Atomkraftwerk SAPORISCHSCHJA vor!

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Empfiehlst Du dieses Referat einer Schülerin als Buch?
Und war das evtl. auch Deine Quelle für Dein Technikkompendium?

Naja, sie hat immerhin eine „1^“ dafür erhalten…

Kernphysik - Brennstab, Steuerstab, Moderator

Referat / Aufsatz (Schule), 2006
4 Seiten, Note: 1
L B LISA BEHNKE (AUTOR:IN)

Warum auch nicht? Ich habe hier im Regal noch ein schönes Buch aus den 80ern stehen, das heißt „Tatsachen über Kernenergie“ und das war damals im Studium mein „Lehrbuch“ im allgemeinwissenschaftlichen Wahlpflichtfach „Kernenergie“. Rückwirkend betrachtet entpuppt sich das Buch als Greenwashing Lektüre der Atomlobby. Da es vor Tschernobyl und Fukushima geschrieben wurde, sind solche Szenarien nur als „hypothetischer GAU“ definiert, der natürlich niemals eintreten wird. Auch der schon geschehene Unfall von Three-Mile-Island wird im Buch verharmlost.
40 Jahre später sind wir aufgrund der Ereignisse nun doch etwas schlauer geworden. Und die „Tatsachen“ von damals entpuppen sich als „Fake Facts“.

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Bist Du da sicher? Ich kann mich mit 61 Jahren nun an viele Störmeldungen in AKWs erinnern, bei denen es dann hieß, dass der Reaktor vom Netz ging. Wenn wir aber einen Reaktor nur mit neuen Brennelementen „hochfahren“ können, dann würde das ja im Umkehrschluss bedeuten, dass nach jedem dieser Störfälle der entsprechende Reaktor mit neuen Brennstäben hätte bestückt werden müssen, was ja nicht von heute auf morgen geht. Trotzdem finde ich in der Google Suche Dinge wie „Atomkraftwerk Isar 2 wegen Störung heruntergefahren“ (10.01.2022) und einen Tag später dann „Atomkraftwerk Isar 2 läuft nach Störung wieder“. Also nicht mal 24 Stunden Downtime.

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Der Unterschied liegt in der Länge der Downtime. Nach einem Tag hochfahren ist etwas anderes als nach wochenlangem Stillstand nach einer Revision. Hätte ich vielleicht konkretisieren sollen.

„Während der Revision wurden – anders als in den Vorjahren – keine neuen Brennelemente mehr in den Reaktordruckbehälter eingesetzt. Vielmehr wurde der Reaktor mit den vorhandenen Brennelementen so bestückt, dass eine Stromproduktion bis zum Ende der gesetzlich definierten Laufzeit möglich ist.“

Also geht auch das anfahren ohne neue Brennelemente nach Stillstand für die Revision.

Das ist schwer vergleichbar, handelt es sich doch um ein Abschalten über mehrere Wochen und anschliessendes langsames Hochfahren. Die eine Woche Vorlauf, die Habeck fordert, wäre hier durchaus ein neues und ungeprüftes Verfahren.

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