Abwertung „niedriger“ Jobs

Ich mag den Podcast echt gerne. Aber immer wieder fällt mir auf wie die podcaster gerne so tun als könnte man alles möglich mal kurz schnell Leuten beibringen. Egal ob es gerade in der aktuellen Folge das mal kurz Crash Kurs und dann Busfahrer ist. Oder mal schnell ne Weiterbildung und dann baut man halt pv Anlagen auf Dächer oder sowas.

Bus Fahrer hatten wir bei mir in der Gegend vor 2 Jahren nen Wechsel hier, neues Unternehmen viele „fremde“ die nach einer Ausbildung vom Amt (nicht mal schneller oder so) Ergebnis war alles aber kein brauchbarer ÖPNV. Alles worde kaputt gefahren, Busse, warteplätze, Häuser, Schutz für Fußgänger. Kinder worden auf Feldern raus gelassen, insassen mussten den Weg vorsagen …
Ergebnis mehr Eltern haben Kinder zur Schule gefahren mit dem Auto, allgemein sind Busse heute noch eher gemieden …

Genauso sieht es aus wenn man pv haben will, sowas muss anständig gemacht sein, man muss sich mit den ganzen alten Dächer auskennen …

Sowas lernt man nicht mal schnell. Und wenn man dann nicht mal die Sprache gut kann sicher nicht schneller.

Leute schnell ohne Fachwissen in Jobs bringen, an denen dann wahrscheinlich noch sowas wie Aufenthaltsgenehmigung oder Ähnliches hängen wird keinem helfen. Damit werden weder diese Leute glücklich und schon garnicht die „Kunden“ die für diese Sachen bezahlen und dann halt schlechte Ergebnisse bekommen. Und langfristig erhöht man damit sogar die Ansicht: Diese Leute können ja nichts.
Wie auch wenn sie im Crash Kurs durch geschleift werden was Leute die hier aufwachsen über Jahre und Jahrzehnte gelernt haben.

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Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht. Sowohl beim ÖPNV, also Busfahrer:innen, sind so viele verschiedene Nationen vertreten und es klappt, als auch bei DHL, Hermes usw. sind inzwischen so viele verschiedene Nationen am Start und ich kann nicht sagen, dass durch sie diese Arbeiten nicht gut ausgeführt werden. Klar, viele haben noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, aber die Meisten geben sich extrem Mühe. Wir müssen alle ein wenig geduldig und rücksichtsvoll sein. Wie anders soll Integration denn sonst funktionieren?
Auf alle Fälle besser, als für viel Geld Menschen abzuschieben, um für viel Geld andere ins Land zu holen - absurd.

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Ich habe gerade auch mit erschrecken hören müssen, wie der Satz fiel „wir brauchen ja nicht nur Facharbeiter wie Programmierer oder Ärzte […] sondern auch Menschen die andere Pflegen.“

Ich bin 33 Jahre alt und habe die letzten 6 Jahre als Videojournalist gearbeitet. Im Oktober `24 habe ich mich entschieden eine Ausbildung und Studium in der Pflege zu absolvieren. Ich werde 3 Jahre bis zu meinem Staatsexamen lernen und 4,5 Jahre berufsbegleitend studieren.

Pflegeplanung, Anatomie, Physiologie, Krankheitslehre, Psychologie, Arzneimittellehre, Hygiene, Körperpflege…sind nur kleine Ausschnitte aus dem ersten halben Jahr der Ausbildung.

Meine Profession so abgewertet in einem meiner liebsten Podcasts zu hören ist schon hart. Ich weiß, dass es sicherlich nur so daher gesagt ist. Aber ich finde ihr solltet dahingehend eure innere Haltung hinterfragen.

Wir sind diejenigen, die Kranken, Alten und Sterbenden beiseite stehen wenn sie es am meisten benötigen. In unseren Händen liegt die Verantwortung für das Leben vieler Patientinnen, Klienteninnen, Bewohnerinnen und Gästinnen.

Freundliche Grüße

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Ich sagte ja nicht das diese Leute die Jobs nicht lernen können. Was ich meinte ist nur, das ist nicht mit ner kurzen Schulung oder so getan. Wenn die nicht zufällig passende Kenntnisse haben dauert es mindestens so lange wie bei jedem anderen Menschen von hier. Eher länger weil diese Leute die neu hier sind ja auch noch anderes haben worum sie sich kümmern müssen.

Das ist keine schnelle Lösung, sondern etwas das man perspektivisch angehen muss und genauso gründlich wie bei jedem der diese Berufe bisher gelernt hat.

Das man die Berufe erlernt hat man sich ja auch nicht aus Quatsch ausgesucht, obwohl man es ja doch in ner kurzen Schulung vermitteln könnte.

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Der Witz ist ja, dass diese Jobs meist wegen des geringen Verdienst abgewertet werden. Nur die Leute die den Job dann machen (und irgendjemand muss es machen) stehen ja vor dem selben Problem: sie müssen mit dem geringen Geld die gleich hohen Mieten zahlen und stehen im Supermarkt vor den gleichen, sprunghaft angestiegenen Lebensmittelpreisen wie alle anderen auch.

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Da hast Du recht, natürlich dauert es. Wahrscheinlich auch ein Jahr länger, denn sie müssen erstmal Deutsch lernen und sollten genau so gut ausgebildet werden, wie jede:r Andere. Das ist immer noch besser, als ewig in den Wohnheimen warten zu müssen und zum Nichtstun verdonnert zu sein. Viele sind schon ausgebildet, es dauert nur ewig, bis das anerkannt wird.
Außerdem gibt es genügend Aushilfsjobs, die sie zu Anfang auch machen und sich dabei besser integrieren können, nebenbei die Sprache ganz gut lernen. Kommt leider vor, dass sie da ausgebeutet werden.
Bei mir kam es nur zu verallgemeinernd an, wie Du geschrieben hast, deshalb habe ich von meiner Erfahrung hier geantwortet.

Liebes Lage-Team

ich bin ein echter Fan von Eurem Podcast, freue mich jede Woche über eine neue Analyse der politischen Lage.
Umso entsetzter und empörter war ich als der Pflegeberuf mit Putzkräften und Busfahrern gleichgesetzt und als Nicht-Fachberuf bezeichnet wurde
Ich bin Krankenschwester und Pflegepädagogin, bilde seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft Pflegefachkräfte aus. Seit einem Jahr führe ich Anerkennungsprüfungen für ausländische Pflegefachkräfte aus.
Der Pflegeberuf ist hoch anspruchsvoll und er ist sehr wohl ein Fachberuf (man redet ja auch von Pflegefachkräften). Professionell pflegen kann halt nicht jeder, dazu braucht es einerseits eine Menge Fachwissen. Ein Mitglied hat schon einen kurzen Abriss gegeben, was Pflegefachkräfte alles können müssen. Zum anderen müssen man in diesem Beruf eine hohe kommunikative Kompetenz mitbringen. Eine qualitativ hochwertige verantwortungsvolle Pflege steht und fällt mit der Kommunikation. Mit dem Verstehen und verstanden werden geht es oft um Leben oder Tod. Wegen mangelnden Deutschkenntnissen und Fachwissen können Asylbewerber nicht eben mal schnell in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser, um den Pflegenotstand zu minimieren. Selbst bei den Anerkennungsprüfungen von ausländischen Pflegefachkräften gibt es eine nicht geringe Anzahl an nicht bestandenen Erstprüfungen, was wieder an oben genannten Gründen liegt.
Ich würde mir gerne ein anderes Ansehen vom Pflegeberuf in der Gesellschaft wünschen.
Vielleicht können Sie mit Ihrem Podcast dazu beitragen?

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Auf jeden Fall sind Pflegeberufe anspruchsvolle wichtige Arbeit.

Allerdings finde ich, man sollte keinen Beruf - auch den des Busfahrers (Verantwortung, Schichten, Konzentrationserfordernis) und der Putzkraft (Hygiene, Schichten, körperlich anstrengend) oder andere - abwerten. Wir brauchen sie alle (aus meiner Sicht sogar mehr als den Fondsmanager :wink:)

Genau diese Abwertung sehe ich bei der Lage aber eigentlich nicht. Ich glaube, es geht mehr darum, wie lang die Ausbildung dauert etc.

Wie ist es denn mit dem Einstieg als „Assistenz“ bzw. „ungelernte Kraft“. Meine Mutter hat im Altersheim als solche gearbeitet, weniger als die ausgebildete Fachkraft verdient, aber sehr wohl gute Arbeit geleistet…

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Ich glaube, man kann Geflüchtete schneller zu Podcastern ausbilden als zu Pflegefachkräften - zumindest was die Podcasttechnik angeht, reicht ein Crashkurs.
Ist ja nicht das erste Mal in der Lage, dass bestimmte Berufe abgewertet werden, das Handwerk ist auch regelmäßig Opfer.

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Ne, muss man eben nicht. Hier gilt so ein bisschen das 80:20 Prinzip. Das ist ähnlich wie bei A.T.U. 80% der Sachen die sie am Auto machen sind relativ simple Arbeiten: Reifenwechsel, Ölwechsel, Luftfilter, etc. Das lernt man recht schnell. Nur für die restlichen 20% brauchst du gut ausgebildete Fachkräfte.

Ähnlich ist es bei PV-Anlagen auf Dächern, diese „Crashkurs Personen“ kümmern sich um die Standarddächer (lies: Neubau). Mit aktuellen Montagesystemen ist das super einfach und schnell zu lernen. PV Panels werden auch einfach mit Steckern verbunden. Die Wechselrichter etc. werden dann natürlich von einem Elektriker angeschlossen.

Was ich mich gerade frage: Könnte man das auch in der Pflege machen? Viele Leute die tägliche Aufgaben übernehmen und damit Fachkräfte entlasten die sich dann auf bestimmte wichtige Aufgaben mehr konzentrieren können?

Ja genau. Und beim Auto ist dann der Öl Deckel vergessen, der Filter falschrum, das Gewinde der ölwanne kaputt, Reifen schief …
Kannst das gerne dann alles auf deine Kosten richten lassen, mal sehen wie schnell du dich lieber zu den ausgebildeten Leuten gehst.

Genauso bei pv ein Bekannter hat mit seiner Firma das bis zur Rente gemacht der zeigt bei rund 30% der Neubauten dir Fehler von außen. Das wird sicher super klappen. Achja, bisschen Schimmel weil Dämmung kaputt oder beim nächsten Sturm Dach kaputt oder so ist ja alles kein Problem.

Hauptsache billig gemacht.

Außerdem was wenn die Nachfrage nachlässt? Diese Leute haben dann ja wieder kein wirkliches Verständnis oder können und bekommen dann die nächste Schulung um irgendwo Fehler als schlechte Hilfskraft zu leisten?

Wir reden ja zu recht von nachhaltig, also sollte man auch bei sowas nachhaltig in eine solide richtige Ausbildung investieren statt sie als billige Arbeitskräfte zu verheizen.

Zumal die hoffentlich nicht dumm sind und das eh merken, und deswegen auch so schlecht arbeiten wie sie angelernt werden.

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Muss auch sagen, dass ich den Part in der aktuellen Folge zu dem Thema Arbeitskräfte nicht gut fand. Ich hatte auch schon öfter Kritik an der Art und Weise wie darüber diskutiert wird. Ich bin ganz klar pro Einwanderung. Wir brauchen mehr Arbeitskräfte. Und ja hauptsächlich für die „einfachen“ Jobs.

Nur, es sagt sich leicht, dass wir Jobs haben für die man in Deutschland keine Arbeitskräfte findet und man daher Zuwanderer braucht, aber vielleicht sollte man vorher mal überlegen wieso diese Jobs so unbeliebt sind. Ja es liegt natürlich an Gehalt und (über) Qualifikation, aber wenn ich nun Einwanderer auf die jobs anlerne, haben die ja trotzdem die gleichen Probleme (hohe Mieten, gestiegene Preise) wie alle anderen auch, die aus den genannten Gründen den Job nicht machen wollen. Man manifestiert damit den Niedriglohnsektor. Wenn man gleichzeitig bei Lehren, Bundeswehr und so weiter immer mehr Gehalt fordert, „bei mehr Gehalt würden den Job auch mehr Leute machen“, wieso dann bei den „einfacheren“ Jobs auf mehr Zuwanderung setzen bevor man das Lohn Problem gelöst hat?

Ein ähnliches Thema aus der Dienstleistungsbranche, worüber man super selten diskutiert: in den letzten zwei Jahrzehnten gehen immer mehr Firmen dazu über Jobs die man Remote aus lagern kann, ins Ausland auszulagern. Früher Indien, jetzt eher rumänien und Bulgarien. Das ganze hat den, aus meiner Sicht abwertenden Begriff, near-shore, weil es hier um Menschen geh. Mittlerweile betrifft das nicht mehr nur „einfachere“ arbeiten die irgendwo im stillen Kämmerlein gemacht werden, sondern auch komplexere Jobs, für die mehr Kommunikation mit Fachabteilungen o.ä. Notwendig ist. Das ganze birgt in der Praxis viele Probleme. Und nein das hat nichts mit Arbeitskräfte Mangel zu tuen, es werden gezielt stellen in Deutschland abgebaut und dort aufgebaut.