Abschneiden der AfD in Sachsen

Hallo,
wie erklärt ihr euch das Abschneiden der AfD nach der Bundestagswahl in Sachsen und Teilen Thüringens?
Was sind die Ursachen, wie kann man diese Leute bis zur nächtsen Wahl wieder zurück holen?
Eine Analyse dazu von 2017 nach der BTW.
https://www.leipzig.de/news/news/oberbuergermeister-burkhard-jung-sachsen-nach-der-wahl-der-musterknabe-hat-sich-verrechnet/
Grüße

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Man holt diese Leute gar nicht zurück. Niemand, um Wiglaf Droste zu paraphrasieren, wählt die AfD, weil man sich über ihre Ziele oder ihre Haltung täuscht, im Gegenteil. Man sorgt dafür, dass die parlamentarischen Repräsentant:innen dieser Leute niemals in die Lage kommen, politische Macht auszuüben. Man mobilisiert die eigene Wählerschaft und demobilisiert die Wählerschaft der AfD. Wer das Projekt verfolgt, Stimmen von der AfD zurückzuholen betreibt damit (glücklicherweise) nicht nur politischen Selbstmord, sondern macht sich auch noch zum Steigbügelhalter antidemokratischer Kräfte. Looking at you, Sahra.

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Dieses „in die Ecke stellen“ ist so bevormundend. Die werden nicht in eine Ecke gestellt, die haben sich selbst dorthin gestellt.

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Warum solle man auch rechts sein nur weil man eine Partei wählt die ebenso wie der Großteil ihrer Substrukturen und Jugendorganisation fast überall vom VS überwacht werden ^^
Man muss keinen Fakelmarsch machen, um rechts zu sein und nur weil jemand (noch) kein verfestigtes NS Weltbild hat heißt es nicht das es kein Problem ist. Die Nazis sind selbst unter den Faschisten das Extrembeispiel die können doch wirklich nicht unsere Messlatte sein.

Was meinst du eigentlich mit kontraproduktiv ? Die Ideologie und Ansichten von Leuten bzw. ihren Unterstützern historisch einzuordnen und damit zu benennen kann ja wohl kaum kontraproduktiv sein. Zu mal wenn es dir darum geht, dass man mit diesen Leuten reden oder sie irgendwie überzeugen muss, unterschätzt du wie viele dieser Leute drauf sind. Ich arbeite in ganz Sachsen in der polit. Jugendbildung. und hab länger in Dresden gewohnt, das ist nicht witzig und für Gespräche mit Afdlern brauchste einiges an psychischer Resilenz und Zeit und ich bin weiß und männlich die Erfahrungen die ich von anderen Leuten mitbekommen habe reichen von extrem belastend über gefährlich bis hin zu unmittelbar gefährlich. Auch im Dresdner linksalternativen Studentenviertel…

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Hallo Hufschmied,
was würdest du denn sagen, wie man AfD-Wählern ein besseres Angebot machen könnte?
Oder wollen die wirklich nur dem System den sprichwörtlichen Schraubenschlüssel ins Getriebe werfen?

Mfg
Matder

ich weiß nicht ganz inwiefern ich den Begriff besseres Angebot meinst. Solltest du es meinen im Sinne einer demokratischen rechts/konservativen Partei ? Dann auf jeden fall, das würde zumindest ermöglichen gewisse Grenzen zu ziehen, welch bei der AfD keine Rolle mehr spielen (neo nazis in der Partei, offen nationalsozialistische Thesen, wie Höcke). Das würde zumindest ermöglichen, dass sich die Leute nicht weiter radikalisieren und es Autoritäten geben würde welche zur Mäßigung aufrufen könnte. Aber wir sind hier halt in einem Kernproblem des heutigen Konservatismus bzw. der Frage was diesen Ausmacht. Ich teile nicht die These dass sich die CDU nach links bewegt hat, nur weil sie bspw. ökologische Themen ebenfalls besetzt hat. Viel hat in der CDU ja eine gewisse Anpassung stattgefunden auf eine sich verändernde Bevölkerung und veränderte Probleme. So ist Umweltschutz bspw. nicht unbedingt links.

Aber grundsätzlich bleibt Einhegung der Kerngedanke, einen rationalen Kern wird man hier schwerlich finden. Die Ideologie passiert ja spezifischen Narrativen die man nicht zuletzt nicht Deutschland nie aufgearbeitet hat, diese Ressentiments sind ja auch auch bei vielen Wählern anderer Parteien vorhanden. Am besten wohl personifiziert durch den Esoteil der Querdenker, welche die Grünen ja auch lange ignoriert haben. Nicht falsch verstehen es ist wichtig mit den Leuten zu reden, je Nach Demografie geht das sicherlich auch. Man muss in der Betrachtung halt unterscheiden zwischen jenen mit gefestigten Weltbild und jenen ohne bzw. mit welchne man auch reden kann. Beide haben sich durch ihre Stimmabgabe für die AfD zu rechten erklärt, jedoch nur ein Teil muss es sein Lebenlang bleiben. das Ist ja immer eine Moment Betrachtung.

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Auf zeitonline gibt es ja eine sehr schöne Darstellung der Gewinne und Verluste der Parteien. Hier finde ich die Interpretation des Wahlergebnisses insbesondere in Sachsen sehr schwierig. Die Karte Gewinne und Verluste zeigt das die AFD in Sachsen geringe Verluste hinnehmen musste. Die CDU hat einfach deutlich mehr verloren. Die AFD ist für mich nicht der Gewinner sondern nur der kleinere Verlierer.
Die SPD, die Grünen und die FDP konnten in Sachsen und Thüringen Zugewinne verzeichnen.
In Summe haben sich also auch in Sachsen und Thüringen mehr Menschen gegen einen national-konservativen Kurs entschieden.
Das sollte m.E. nach insbesondere der CDU bei ihrer Neuausrichtung zu denken geben.

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Hallo Hufschmied,

wenn richtig darüber nachdenke, habe ich mit meiner Frage eigentlich 2 Dinge gemeint:

  1. Von welcher anderen, zumindest nicht Verfassungs- und Demokratie-feindlichen Partei kann man AfD-Wähler, am ehesten überzeugen.
  2. Wo muss man da ansetzen. Welche Argemente brächte man.
    Sind natürlich auch keine einfachen Fragen.

Mfg
Matder

Was das Engagement im kleinen angeht gebe ich dir teilweise Recht. Man kann zwar ohne Probleme in Parteien eintreten oder auf dem Land mit ein paar Jahren Aufwand ein kleines kommunales Amt bekleiden aber wieviel man da reißt ist sich die Frage.

Das mit der KPÖ ist da natürlich ein schönes Gegenbeispiel. Aber die mussten sicher auch für die Maßnahmen, die sie da gemacht haben kämpfen.

Das ist natürlich Mist, sowas sollte eigentlich aus der sprichwörtlichen Mitte der Gesellschaft kommen.
Aber angesichts des Wegzugs junger Menschen ist das natürlich schwierig. Ich sehe das mangelnde kulturelle Angebot auch als einen der Knackpunkte. Aber das bekommt man schwer ausgeglichen solange nicht die gesamte Gesellschaft bereit ist, dafür gewisse Kosten zu übernehmen.

Mfg
Matder

Hallo aus Sachsen :wink:
ja, es gibt auch Lage-HörerInnen aus Sachsen (Chemnitz) und vielleicht habe ich daher eine andere Perspektive auf das Ganze. Was mir persönlich (negativ) auffällt ist, dass zwar lautstark über „den Osten“ und die Afd gesprochen wird und das hier ganz dringend politische Bildung nachgeholt werden muss, aber das auch hier in Sachsen die Afd im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 Prozente verloren hat (-2,4%) wird dabei nicht erwähnt. Gleichzeitig konnten die Grünen +4% zulegen, die FDP +2,8% und die SPD sogar +8,7%. Der Kommentar von Herrn Wanderwitz, der in der letzten oder vorletzten LdN genannt wurde, wurde hier im Osten eher negativ wahrgenommen. Es hatte sich angefühlt als würde man uns in den Rücken fallen und mal wieder alle pauschal als Nazis abstempeln. Ich denke das dieser unbedachte Kommentar von Herrn Wanderwitz auch ausschlaggebend für die -9,7% Verlust der CDU war. Es ist einfach ein Vertrauensbruch. Ich würde mir in der öffentlichen Diskussion mehr wünschen, dass endlich aufgehört wird zwischen Osten und Westen zu unterscheiden, dass endlich aufgehört wird von außen lautstark zu überlegen was „der Osten“ will oder ob vielleicht das Bildungssystem schuld ist. Genau solche Diskussionen führen doch dazu, dass man hier wiederrum denkt „ihr habt doch gar keine Ahnung von uns“ und sich abgrenzt.

FunFact: Von dem ca. Dreiviertel der Wahlberechtigten in Sachsen die an der Wahl teilgenommen haben, haben 75,4% die Afd NICHT gewählt (Zweitstimme)

Das ist nur teilweise richtig. Corona kennt wie alle Viren keine Landes- oder Staatsgrenzen. Da im letzten Herbst das Nachbarland Tschechien eines der höchsten Infektionszahlen in Europa aufwies und viele Sachsen/Tschechen über die Landesgrenzen pendeln ist es kein Wunder das zuerst der Erzgebirgskreis und schließlich ganz Sachsen von der zweiten Welle voll erwischt wurde. Als in Tschechien das Land dann in den Lockdown ging (Schließung von Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen) nahm das leider unsere Bundesregierung nicht wahr, was dazu führte das hier in Deutschland (Sachsen und Bayern) eingekauft etc. wurde und sich das Virus damit sehr schnell verbreitete. Die erste (und vierte Welle) war hier in Sachsen quasi nicht Existent (Siehe RKI Dashboard), dafür aber in vielen anderen Bundesländern. (Warum fragt hier eigentlich keiner „liegt es vielleicht daran das im Westen X oder Y?“). Damals fragte man sich z.B. in Zeitungsartikeln, ob die Impfpflicht in der DDR etwas damit zu tun hat, das „im Osten“ so wenige Menschen infiziert sind. Ich kann nur den Kopf schütteln über das ständige „liegt es vielleicht daran, das damals in der DDR X oder Y?“.

Naja immerhin 331.917

Woher weißt du eigentlich das sich Dresden nicht für Pegida interessiert? Es finden regelmäßig Gegendemos statt - just saying

Das ist einfach nur falsch. Laut Bundeswahlleiter hat die NPD bei der Europawahl 2019 nur 1,3% erhalten (-3% zu 2014).

CDU: 27,4%
AFD: 28,1%
(knappe Sache)

letztendlich hilft es uns nicht weiter, das rechte Problem in den Osten zu verbannen. Wir sehen in den letzten Jahren in ganz Europa leider einen ruck nach rechts, da hilft es nicht nur auf Sachsen zu schauen, da das Problem weit größer ist.

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Ich würde gerne auf die Fragen von Matder zurückkommen. Es sind schon die richtigen Fragen, sie sind schwierig zu beantworten. Hufschmied hat es versucht, aber ich bin mit der Antwort nicht zufrieden. Das liegt aber weniger an der Ausführung von Hufschmied als mehr an der Komplexität der Frage.

Was ich daran so schwierig finde, ist die Tatsache, der Inhalt der Frage, wie ich jemanden überzeuge, eine verfassungs- und demokratiefeindliche Partei nicht mehr zu wählen. Hier frage ich mich wirklich, ob das geht. Ich möchte jemanden der gegen Demokratie ist wieder in das demokratische System zurückholen.
Das Hauptargument was man immer von diesen Personen hört, laut Medien und auch Anekdotisch, ist das man sich im Stich gelassen fühlt, das man sich „von denen da oben“ ignoriert fühlt. Dafür wählt man dann eine Partei, deren Gesinnung in erster Linie für die gesamte Situation verantwortlich ist.
Die meisten sozialen Angebote, die kommen, werden mit dem Argument verworfen, das entweder Sozialismus sei oder wenn die Steuern dafür erhöht werden müssten, man ihnen etwas wegnehmen würde.
Das deckt sich durch das Lesen der Wahlprogramme. Hier geht es immer nur darum anderen etwas wegzunehmen, weil die es ja nicht verdient haben.

Das ist auch kein Ost-West-Phänomen. Man könnte vielleicht darüber argumentieren, das „die im Osten“ sich mehr „vor denen da Oben“ schützen wollen. Das halte ich aber für eine falsche Debatte. Es wird immer wieder gesagt, es sind die Vergessenen, die Zurückgelassenen. Das ist falsch. Es sind besten Falls Leute die sich zurückgelassen fühlen (Quelle).

Die AfD ist eine Anti-Establishment-Partei. Sie ist dagegen. Das sah man an den Äußerungen der Partei während Corona. Das funktioniert in meinen Augen in einer Demokratie aber nicht. Es fällt mir hier wirklich schwer, zu sehen, wie man solche Leute von Demokratie überzeugen soll.

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Ich erkläre es mir mit der Schwäche der CDU. Der Osten hat sich Merz oder Söder als Kanzlerkandidaten gewünscht, bekommen haben sie Laschet. Eine rheinische Frohnatur, der in der Flüchtlingskrise Merkel den Rücken gestärkt hat. Der SPD haben viele im Osten Hartz IV und andere soziale Grausamkeiten nicht verziehen. Das war ja 1998 der erste demokratische Machtwechsel, den die Menschen im Osten live miterlebt haben. Und während viele AkademikerInnen im Westen Hartz IV nur vom Hörensagen kennen, waren die Beschäftigungsverhältnisse im Osten 2003 längst nicht so stabil. Die Grünen werden als Verbotspartei wahrgenommen, die dafür sorgt, dass Benzin, Strom, Heizung etc. immer teurer werden. Das macht insbesondere der ländlichen Bevölkerung Angst, die auf ihr Auto angewiesen ist. Ein Teil wirft den Grünen immer noch die Kriegseinsätze in Serbien und Afghanistan vor. Die Ablehnung von militärischen Auslandseinsätzen Deutschlands war tief in der DNA der DDR-BürgerInnen verankert, daran hat auch die Wende nichts geändert. Die Linke schafft es nicht mehr als Interessenvertretung der Ostdeutschen wahrgenommen zu werden. Außerdem dürften die Aussagen von Wagenknecht viele verstört haben, die sich politisch links einordnen. Daher hatten es alle Parteien bis auf die AfD schwer ihre WählerInnen zu mobilisieren.

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Da finde ich in weiten Teilen meine Region, Niederbayern, wieder.
Hier haben 15% die AFD gewählt, vor vier Jahren waren es 20%.
Manche lästern, dass hier 1949 noch gekämpft wurde, weil solange keiner mitbekam, dass der Krieg schon zu Ende war.
Die mangelnde Infrastruktur hat ähnliche Effekte, was Angst vor hohen Spritpreisen betrifft, genauso vor Ausländern, die einem den Job wegnehmen könnten, den man selbst eh nicht machen würde und die Tradition mit Füßen treten könnten (wobei dafür auch ein Münchner oder Berliner reicht).
Es stellt sich mir also die Frage, ob man nicht auf den Osten projiziert, was alle abgehängten Gemeinden betrifft.
Im Osten tritt es halt geballter auf, weil zu wenig politischer Wille da war, das Vorhandene zu fördern und statt dessen die Treuhand das Tafelsilber hat verscherbeln lassen.

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Auf Twitter hatte jemand herausgearbeitet, dass die Landkreise in denen die AFD aktuell sehr stark ist, die waren in denen die CDU in den 90er Jahren an der Regierung war. Den Tweet finde ich dazu leider nicht. Ich fand es allerdings interessant, da es in mein Weltbild passt. Denn die CDU hat mit ihrer Politik, z. B. im Bildungsbereich, schon eine Tendenz dazu die Demokratie zu erodieren und damit die AFD zu stärken.