Nein, denn die Gesellschaft, die ich beschreibe, hat sich nun jahrelang erheblich eingeschränkt, um Zeit zu gewinnen für die Entwicklung und Verteilung eines wirksamen Impfstoffs, der das Risiko gerade jener Menschen, die du beschreibst, auf vertretbares Niveau zu senken. Das war ein Erfolg, wir haben gleich mehrere Impfstoffe, es war nun ein Jahr Zeit, sich diesen Schutz kostenlos zu holen, und außer ein paar wenigen Immunsupprimierten wirkt er auch bei jedem. Und denjenigen wenigen mit supprimiertem Immunsystem, bei denen auch eine ganze Reihe von Impfstoffen keine Reaktion auslöst, kam dann Omikron zu Hilfe und die Erkenntnis, dass gerade schwere und tödliche Corona-Verläufe oft gar nicht durch das Virus, sondern ein überschießendes Immunsystem mittelbar verursacht werden, was bei gerade diesen Menschen eher unwahrscheinlich ist.
Damit sieht die Gesellschaft das gesamtgesellschaftliche Restrisiko durch das Virus nun so weit gesunken, dass sie die individuellen Restrisiken nun jedem Einzelnen aufträgt, um das Thema Corona irgendwann einmal im Alltag ad acta legen zu können.
Ich kann diesen Wunsch gut verstehen. Wir tun genau das Gleiche in Bezug auf alle anderen täglichen Lebensrisiken auch, nur dass es uns da nicht auffällt, weil der Punkt, ab dem das individuell zu tragende Restrisiko anfängt, dort schon seit langer Zeit ausgehandelt ist und wir als Gesellschaft Wichtigeres zu tun haben, als ständig erneut diesen Punkt zu verhandeln. In Sachen Corona sind wir noch nicht ganz am Ende mit der Verhandlungsphase, aber es wird auch da irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem ein gesellschaftlicher Konsens gefunden ist, und auch da wird es individuelle (und individuell verschiedene) Restrisiken geben, die im persönlichen Rahmen verbleiben. Wie in allen anderen Bereichen auch.
Dagegen hilft eine Brille. Wenn das Kind eigentlich keine bräuchte, gibt es die auch mit „Fensterglas“, sprich null Dioptrien.
Ja, klar. Deswegen heißt es "Selbst"schutz!
Oder meinst du damit, dass du deinen Selbstschutz damit deinen Kindern aufträgst? Das wäre nur dann der Fall, wenn deine Kinder deine sehr hohe Bewertung des unbedingten Schutzes vor Infektion nicht teilen würden. In dem Fall aber würdest du deine Kinder instrumentalisieren, um dein Ziel zu erreichen. Aber das wäre dann dein Tun, deine Verantwortung, nicht das bzw. die des Staates!
Letzteres liegt inzwischen aber hauptsächlich daran, dass viel Personal fehlt, weil es erkrankt ist und mit einer meist harmlos verlaufenden Corona-Infektion zuhause sitzt. Nicht mehr daran, dass die Intensinvstationen überquellen.
Und letztlich kannst du dir diese „belastbaren Zahlen“ selbst ausrechnen. Die Infizierten werden immer noch recht gut erfasst, wenngleich du wie schon immer einen Dunkelzifferfaktor draufrechnen musst, der aber die Größenordnungen nicht beeinflusst, da er ziemlich sicher <10 ist. Die Toten und wegen Corona Hospitalisierten werden auch gezählt. Daraus kannst du dir das persönliche Restrisiko ausrechnen.
Gerade hier gibt es auch leider kaum belastbares Zahlenmaterial über „die Zahl“. Es wurden insbesondere bei Kindern oft Effekte, die eigentlich Ergebnis der Isolations- und Schutzmaßnahmen waren, mit echtem medizinisch bedingten „Long Covid“ in einen Topf geworfen.
Warte mal ein paar Wochen ab, bis die aktuelle Infektionswelle vorbei ist, dann dreht sich dieses Umfrageergebnis.
Ich persönlich hätte jetzt die Maskenpflicht als letzte verpflichtende Maßnahme auch noch ein paar Wochen beibehalten, wenn ich in der Position gewesen wäre, das zu entscheiden. Aber auch nicht mit der Perspektive, das ewig fortzusetzen, sondern damit, die Pflicht nach der jetzigen Infektionswelle fallen zu lassen.