44 Thesen für die Reform der juristischen Ausbildung!

Die juristische Ausbildung leidet an hohen Studienabbruchsquoten, es bestehen Zweifel an der Zukunftsfähigkeit, es mangelt an Transparenz, sie ist geplagt von veralteten Strukturen und Beharrungstendenzen. Das sind einige der Kritikpunkte, die gegen diese Ausbildung vorgebracht werden. Der Verein „Bündnis zur Reform der juristischen Ausbildung“ (kurz: iurreform) startet ab dem 17.01. eine große Abstimmung.

Für wen ist das interessant? Primär natürlich für alle Jurist:innen, solche die es vielleicht mal werden wollen und solche, die es nicht werden konnten, weil die Ausbildung so problematisch ist. Im Grunde aber für alle, die der Lage der Nation zuhören, denn die Ausbildung der Jurist:innen ist wegen des Einflusses, die Praktiker:innen und Rechtswissenschaftler:innen auf die Politik nehmen (rund 20% der Abgeordneten im Bundestag sind Jurist:innen), für alle Menschen im Land ein Thema.

Seit 1869 ist die juristische Ausbildung jedenfalls als zweistufige Ausbildung ausgestaltet. In den mehr als 150 Jahren wurde das Recht mehrfach grundlegend neugestaltet und überarbeitet. Eine große Reform der juristischen Ausbildung gab es allerdings nicht. Seit 2003 ist das Studium um den Schwerpunkt ergänzt. Die Einführung Schwerpunkts hat die Rufe nach einer Überarbeitung der Ausbildung nicht leiser werden lassen – im Gegenteil.

Diesem Diskurs über die Reform nimmt sich momentan ein Verein von jungen Jurist:innen an. Mit der am Montag, den 17.01. startenden Abstimmung von „iurreform“ sollen Studierende, Praktiker:innen und Lehrende die Möglichkeit erhalten, sich zu den vielen Reformvorschlägen, die in den letzten 20 Jahren gemacht wurden, zu äußern.

Aktuell findet dieser Diskurs nur innerhalb der einzelnen Gruppen, also bspw. Studierenden oder Rechtsanwalt:innen statt, aber eben nicht miteinander. Deshalb hat die Gruppe die einschlägige Literatur zu Reformvorschlägen der letzten 20 Jahre ausgewertet und daraus eine Abstimmung mit 44 Thesen entwickelt. Die Fragen betreffen die verschiedenen Bereiche der Ausbildung: Sie reichen von der Einführung eines integrierten Bachelors, dem Umgang mit Legal Tech im Studium, der Stoffmenge und der Bewertung der Klausuren im Examen bis hin zur Rolle der Rechtsdidaktik in der Ausgestaltung des Studiums.

Warum braucht es eine solche Abstimmung? Weil nur mit einer ausreichenden Datenbasis konkrete Aussagen getroffen werden können, über das, was alle wichtig finden. Damit kann auch keine Diskussion mehr abgewürgt werden mit dem Argument, man wisse ja gar nicht, was sich Studierendenschaft oder Praxis überhaupt wünscht.

Bei der Konzeption der Abstimmung hat der Verein u.a. mit dem Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF), dem Deutschen Anwalt Verein (DAV) und der europäischen Vereinigung von Jurastudierenden (ELSA) zusammengearbeitet.

Ab dem 13.01. kann die Webseite der Kampagne „www.iurreform.de“ besucht werden, ab dem 17.01. bis 17.07. ist die Abstimmung dann auch zur Bearbeitung freigeschaltet. Auf der Webseite kann man die Pro- und Contra-Argumente aus der Literatur zu den einzelnen Thesen einsehen, eigene Reformvorschläge einbringen und sich ein Bild von dem bisherigen Diskurs machen. Die Ergebnisse werden anschließend veröffentlicht. Mit den Resultaten möchte der Verein die Reform der Ausbildung anstoßen und auf diese Weise langfristig zur Stärkung des Berufsbilds und zur Modernisierung des Berufsstands beitragen.

Über Interesse - und ggf. auch ein Auseinandersetzen der LdN mit diesem Thema - freuen wir uns.

Wichtigster Link: iurreform.de
Weiterführende Literaturnachweise finden sich dort (ab Online-Schaltung) unter dem Reiter „Reformoptionen“; denn jede These ist wie erwähnt mit Argumenten belegt und diese beruhen wiederum auf der Literaturauswertung.

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Ich wäre sehr gespannt zu hören, was Ulf zu den Problemen der juristischen Ausbildung zu sagen hat. Das etwas getan werden sollte, sehe ich auch so!

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Halte ich für eine sehr interessante Initative. Die hohe Hürde die ein so anachronistisches Ausbildungsverfahren aufestellt, verfestigen andere Gesellschaftliche ungerechtigkeiten.

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Sehr spannendes Projekt - und ein Thema, das mehr Aufmerksamkeit verdient! Man kann es eigentlich niemandem erzählen, dass man das StEx nur 2x schreiben darf und im Zweifel mit leeren Händen nach 5-6 Jahren Studium dasteht …

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Mich würde die Besprechung in der Lage sehr interessieren. Ähnliche Bestrebungen gab es ja bereits bei dem Medizinstudium, es ist also schon über das Juraspektrum hinaus auch für andere Bereiche interessant.

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Fände ich als Thema auch sehr spannend!

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Ist das denn in anderen Studiengängen anders? Bei uns (Mathe/ Physik) hatte man für die einzelnen Module zwar die Möglichkeit von zwei Wiederholungen, aber bei der Abschlussarbeit hatte man auch nur einen zweiten Versuch und dann ist Schicht im Schacht.

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Der Unterschied liegt darin, dass man dort in aller Regel aber nicht mit nichts dasteht; die Credits kann man mitnehmen etc. Im Jurastudium ist aber nahezu nichts transferierbar (eine Kollegin ist bspw durchgerasselt, durfte dann aber im Bachelor Wirtschaftsjura trotzdem genau 1 Semester kürzen).
Davon abgesehen bezweifle (behaupte/Mod.) ich zwar nicht, dass das Mathestudium/Physik irgendwie einfach wäre (iudex non calculat und andere alte Kamellen :sweat_smile:), aber das 1. jur. StEx ist nach 5-7 Jahren die einzig zählende Leistung, weshalb um einiges mehr Druck drauf liegt als bei anderen Studiengängen, wo Leistungen in die Endnote einfließen.

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Nach meinem Kenntnisstand zählt in BA/MA-Studiengängen die Thesis zu einem bestimmten prozentualen Anteil in das Gesamtergebnis. Zumal eine solche über einen längeren Zeitraum angefertigt werden kann. Es läuft schon mal nicht alles auf 6 Klausuren in 2 Wochen hinaus, die über das restliche berufliche Leben entscheiden. Stattdessen werden die StEx-Klausuren jeweils 5-stündig mit Stift, Papier und einem Gesetz geschrieben. Das ist bei BA/MA-Abschlussarbeiten ebenfalls nicht der Fall. Zumal man idR. nicht 5 Jahre bis zur Bachelor-Thesis studiert und sich noch mal mindestens 1 Jahr darauf vorbereiten muss mithilfe externer Personen, weil man es der eigenen Fakultät nicht zutraut. Alleine das Prüfungsformat ist also obsolet. Insofern ja, das ist in anderen Studiengängen ganz anders. Zudem würden mich die Nichtbestehens-Quoten der Abschlussarbeiten bei Ihnen interessieren. Kürzlich sind in einem StEx-Durchgang in RLP ca. 1/3 durchgefallen.
Ich denke aber, dass insb. das StEx ein sehr spezifisches Thema ist, das von außen nicht direkt im ganzen Ausmaß nachvollzogen werden kann. War hier aber auch nur ein Beispiel von vielen, was an der juristischen Ausbildung falsch läuft, sozial unverträglich und veraltet ist.

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Es ist dringend nötig, dass dieses wichtige Thema mehr in die Öffentlichkeit gerät. Auch wenn es häufig nicht so wahrgenommen wird, prägen gerichtliche Entscheidungen häufig unser Leben. Das Richter*innen neutral wären, ist eine schöne Wunschvorstellung, aber eben nicht mehr. Die Grundlagen bestimmter (meist sehr konservativer) Einstellungen werden schon im Studium gelegt. Wer außer der „herrschenden Meinung“ keine kritische Analyse lernt, wird kaum den sich ständig wandelnden Anforderungen gewachsen sein. Das Jurastudium muss weg von der Ausbildung zum Subsumtionsautomaten, hin zu einer Ausbildung, die den gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen des Rechts angemessen Rechnung trägt.

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Der Deutschlandfunk hat übrigens auch einen Beitrag gemacht zu der Abstimmung: Ausbildung reloaded: 44 Thesen zur Reform des Jura-Studiums | deutschlandfunk.de

Und LTO, DAV und andere haben heute auch was auf ihren social Media Kanälen gemacht. Hoffentlich bewegt sich was!

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Fände ich ein spannendes Lagethema! Bestimmt auch interessant für Nicht-Juristen!

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Super spannendes Thema, würde ich gerne mehr zu hören (:

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Ein überaus wichtiges Thema, da Jura unser Leben weitaus mehr beeinflusst als „nur“ die angesprochenen 20% Parlamentarier. Gesetze, und insbesondere die Anwendung und Auslegung dieser durch Juristen, bestimmen unser Zusammenleben. Eine Ausbildung muss sich also stets anpassen, um dies abbilden zu können. Ein Beitrag von LdN könnte dieses spannende Thema die nötige Reichweite schaffen und andersherum den vielen Interessierten die LdN näher bringen.

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Leider bin ich mir nicht sicher, ob das Thema wirklich etwas für LdN wäre. Es ist doch schon sehr speziell und für alle die, die keinen Bezug zum Jurastudium haben, wahrscheinlich eher langweilig. Zumal wird oben doch geschrieben, dass das Jurastudium so seit 1869 bestünde - bestimmt nicht ohne Grund. Never change a running system. Das Studium scheint sich ja also bewährt zu haben, sonst hätte sich doch sicherlich schon etwas geändert. Jeder Studienanfänger kann sich vor der Immatrikulation ein eigenes umfassendes Bild über das Studium machen, wie es abläuft und dass am Ende ein Examen steht - das Internet ist voll von Informationen, selbst auf YouTube gibt es genügend Videos über das Thema. Wenn jemand dann also keine Lust darauf hat, kann er oder sie es ja auch einfach sein lassen. Es gibt auch noch andere spannende Studiengänge.
Auch sehe ich nicht, wie sich mit einer solchen Abstimmung und der Veröffentlichung der Ergebnisse wirklich etwas ändern sollte. Letztlich muss sich ein Änderungswille aus der Politik ergeben. Ich bezweifle stark, dass es die politischen Entscheidungsträger interessiert, was junge Juristen da nebenbei erarbeitet haben. Ich glaube das fehlt es noch etwas an Expertise. Und wie soll so eine Studie überhaupt aussehen? Hat ein Experte die Qualität der herausgearbeiteten Thesen überhaupt mal geprüft? Finde ich alles sehr vage.

Glaub mir, kurz vor und nach dem Ablegen eines der beiden juristischen Examina hat man wohl die größte Examensexpertise überhaupt (es sei denn man ist Prüfer:in, das ist dann aber eine andere Perspektive).

Da ich selbst gerade kurz vor der mündlichen Prüfung im zweiten Examen stehe, würde mich die Meinung von Ulf sehr interessieren. Ich bezweifle aber auch, dass das für die Allgemeinheit interessant wäre. Wenn man das Thema für die Allgemeinheit aufbereiten würde, müsste man vieles erst einmal erklären, zum Beispiel die Notenskala, was ein Repititorium ist und wie ein Referendariat abläuft (z.B. fragen mich meine Freund:inn:e:n, die das Referendariat nur vom Lehramt kennen immer WO ich das Ref mache - sie erwarten dann, dass ich zwei Jahre lang nur beim Anwalt oder nur bei Gericht bin). Das wäre dann für Jurist:inn:en wiederum langweilig.

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Vielen Dank für die interessanten Punkte!

Klar, Teile der jur. Ausbildung haben sich bewährt - nicht umsonst ist die Expertise dt. Jurist:innen weltweit gefragt, wenn es um die Bildung von Rechtssystemen etc. geht; nicht umsonst ist das dt. BGB Vorlage vieler Gesetzbücher weltweit. Das ist, zumindest teilweise, in der hiesigen Ausbildung begründet.

Allerdings gibt es seit Beginn und seit einigen Jahren zunehmend intensive Diskussionen um eine nötige, mögliche Reform. Insbesondere das Staatsexamen ist halt nicht vergleichbar. Und das Internet liefert zwar Informationen, ja, klar, aber wirklich umfassende Beurteilung ist, wenn man es nicht selbst durchlaufen hat, schwierig. Der psychische, physische Druck, der auf einer Person lastet, wenn 5-7 Jahre Studium an 2 Wochen Klausuren hängen, ist kaum einzufangen. Mit der Argumentationslogik „wer das nicht will, muss ja nicht“ verkennt man m.E. auch die Bedeutung guter Nachwuchsjurist:innen. Die wachsen ja nicht aufm Baum, aber der Rechtsstaat muss ausgefüllt werden. Und das funktioniert zwar durch alle einzelnen Bürger:innen, aber eben auch durch ein gelebtes Rechtsverständnis der Organe der Rechtspflege, z.B. Anwalt:innen, Richter:innen und Staatsanwält:innen.

Zum zweiten Punkt: Was sich ändern soll durch so eine Abstimmung: Der Diskurs um die Reform ist seit Jahren zersplittert. Es wird viel untereinander, aber nie miteinander diskutiert in den Gruppen. Das führt dazu, dass zwar viele Ideen, aber keine Klarheit herrscht. Diese Abstimmung bringt die Klarheit, solange a) genügend Personen teilnehmen und b) die Ergebnisse Beachtung finden. Natürlich kann der Verein als relativ kleiner Verein nicht garantieren, dass die Beachtung finden. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass auch andere Kampagnen von Erfolg gekrönt waren, die sehr klein waren, z.B. die Abschaffung der Tamponsteuer durch Nanna-Josephine Roloff und Yasemin Kotra.

Im Übrigen denke ich schon, dass politische Entscheidungsträger interessiert, was „junge Juristen da nebenbei erarbeitet haben.“ Es sollte politische Entscheidungsträger interessieren. Was die Expertise angeht: Mal abgesehen von dem impliziten Vorwurf, dass wir nicht ausreichend Expertise hätten, darüber zu reden (wie/können Sie das beurteilen?), haben wir das ja nicht zu fünft im stillen Kämmerlein erarbeitet. Die Thesen sind erarbeitet, überarbeitet und nochmal überarbeitet worden: von Abstimmungen mit juristischen Verbänden (wie dem Deutschen Anwaltsverein) bis hin zu Pre-Tests ist die entwickelt worden. Darüber hinaus sind unsere Lebensläufe weitläufig im Netz verfügbar :slight_smile:

Ich denke, die LdN könnte sich sehr gut mit dem Thema auseinandersetzen. Es ist von überragender Bedeutung nicht nur für Jurist:innen selbst, sondern auch für die Zukunft des Rechtssystems als solches (klar, das ist ein großes Wort, aber wer bestimmt denn über Auslegung und Interpretation von Rechtsnormen? Richter:innen. Wer schreibt Gesetze? Jurist:innen. Wer setzt Ansprüche durch? Anwält:innen).
Das könnte man, denke ich, auch durchaus besprechen ohne, dass es für die ein oder andere Seite langweilig wird. Ulf Buermeyer ist selbst Richter und kann entsprechend die Ausbildung im gegenwärtigen Zustand gut umreißen. Eine kurze Darstellung der Bedeutung wäre sicher auch interessant.

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Der große Unterschied ist, dass man beim Jurastudium die einzig wirklich relevante Leistung ganz zum Schluss ablegt. Im Physik- oder Mathestudium gibt es i.d.R. in den ersten Semestern schon die typischen „Rausprüf-Fächer“, die dafür sorgen, dass Leute, die z.B. in Mathe gar nicht klar kommen, bereits nach spätestens zwei Semestern realisieren, dass sie aktuell vielleicht nicht das richtige studieren. Die Abschlussarbeit in besagten Studiengängen hat nahezu keine Durchfall-Quote - wenn man erst mal so weit ist, dass man die Bachelor-Arbeit anmelden kann, geht’s i.d.R. höchstens noch um die Frage, ob man ein Thema findet (dafür gibt’s aber Hilfestellungen) und wie die Note hinterher aussieht. Nach kurzer Recherche konnte ich jetzt nur die Zahl von 4,1% finden, die in der Bachelor-Arbeit 2014 durchgefallen sind. Nahezu alle davon dürften es im zweiten Versuch geschafft haben, wenn sie nicht abgebrochen haben.

Bei Jura reden wir aber eben von Durchfallquoten von je nach Jahrgang und Bundesland etwa 20-40% im ersten Staatsexamen. Und wer einmal durchfällt, fällt oft auch zwei Mal durch - eben weil es konkrete, mehrstündige Prüfungssituationen sind, wohingegen man bei einer Bachelor-Arbeit gut aus seinen Fehlern lernen kann (und man spätestens im zweiten Versuch vermutlich auch mal nen Experten über die Arbeit lesen lässt, bevor man sie einreicht…).

Kurzum: Das Problem ist im Jura-Studium schon eine ganz andere Nummer.

Ich mag diese Binsenweisheit wirklich nicht. Die Frage ist halt immer: Wie definieren wir ein „running system“? Windows 3.1 würde heute auch für viele Verwaltungstätigkeiten noch funktionieren, aber eben nicht so gut wie ein modernes System.

Wenn es um die Frage eines Systemwechsels oder generell einer Reform geht, sind die Fragen halt immer: Wie viel besser wäre das neue System? Welche Kosten verursacht der Wechsel? Wann hat sich der Wechsel amortisiert?

Natürlich kann man, wenn man die Sache sehr kurzfristig betrachtet, immer gegen jede Reform sein. Denn jede Reform wird erstmal Kosten verursachen, ohne einen Nutzen zu bringen. Die Nachteile summieren sich über die Jahrzehnte aber eben auf. Und dann hat man den Reformstau, hält an einem alten, ineffizienten System fest, weil man die Reform scheut. Das ist nicht gut.

Kurzum:
Langfristig ist es durchaus sinnvoll, ein „running system“ zu ändern, bevor das System völlig kollabiert. Im Bezug auf das Jurastudium wäre dieser Kollaps der Zeitpunkt, zu dem wir feststellen, dass die Qualität der Rechtsprechung und des Rechtsschutzes maßgeblich zu leiden beginnt, z.B. weil die Nachwuchs-Richter fehlen. An diesem Punkt sind wir langsam schon, daher ist eine Reform mehr als überfällig, auch wenn das System noch irgendwie mit Ach und Krach läuft…

Es gibt aber auch genug Leute, die gerne Jura studieren würden, aber eben nicht im aktuellen System. Und das Problem ist aktuell, dass es zu wenig gute Absolventen gibt, um alle Richterstellen zu besetzen. Und das bedeutet, dass es auch im Interesse des Staates ist, die potentiellen Studierenden nicht mit einem angestaubten Studium aus dem vorletzten Jahrhundert zu vergraulen.

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Man könnte ja auch Master of Laws Absolventen zum Richteramt zulassen, wenn sie sich in einem 2‑jährigen Referendariat bewährt haben.

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Ehrlichgesagt finde ich gerade das Referendariat anachronistisch. Es ist schon absurd, dass deutsche Jura-Absolventen nach dem ersten Staatsexamen in einem anderen EU-Land als Anwalt praktizieren dürfen, in Deutschland aber nicht.

Insbesondere trifft die Referendariats-Pflicht für die Rechtsanwalts- und Richter-Zulassung Menschen, die Jura auf dem zweiten Bildungsweg studieren - und zu denen gehöre ich auch. Wenn man einfach schon voll im Berufsleben steht und Jura neben dem Job studiert hat und dann vor der Wahl steht, seinen sicheren Job aufzugeben und statt der bisherigen >60k im Jahr wieder 15k als Referendar zu verdienen… tja, wer macht das schon?

Ein zwingendes zweijähriges Praktikum - und nicht anderes ist das Referendariat - gehört meines Erachtens nicht in das 21ste Jahrhundert. Wer das erste Staatsexamen bestanden hat, hat einen Studienabschluss eines 10-semestriges Studienganges in der Tasche - das heißt quasi ein Äquivalent zum Master-Abschluss. Da dann noch zwei Jahre Praktikum auf Mindestlohn-Basis zu verlangen, um mit diesem Studienabschluss auch etwas „Richtiges“ tun zu dürfen, ist einfach absurd.

In keinem anderen Bereich im Staatsdienst werden so hohe Anforderungen gestellt.

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