237: Tatsächliche Auswirkungen des Mietendeckels

Moin,
ich hatte seit November monatlich 300€ auf meinem Sparkonto geparkt. Die sind jetzt weg. Also persönlich bin ich sicher kein Fan dieser Entscheidung.

ABER:
Ich finde, in Eurer Bewertung und dem Ausblick Richtung BTW kam viel zu kurz, dass der Mietendeckel kontraproduktiv war - Verfassungsrecht hin oder her. Natürlich muss sozialpolitisch was passieren, damit sich auch Leute mit (leicht unter-) durchschnittlichen Einkommen Wohnungen in der Stadt leisten können. Aber der Berliner Mietendeckel hat doch den Wohnungsmarkt nur noch weiter verknappt und ganz ganz wenige hatten das Glück, eine neue Wohnung günstiger zu bekommen als vorher. Da muss ich Linksgrünversifter einfach mal zähneknirschend Herrn Luczak Recht geben und RRG muss sich neue Methoden ausdenken, wie sie das Problem lösen.

Und nebenbei: Die heiß diskutierte Frage nach dem Eingriff ins Eigentumsrecht würde wohl auch bei einem bundesweiten Mietendeckel vorm BVerfG landen. Wie das ausginge, ist m.E. auch noch komplett offen.

Schönes WE Euch und bleibt gesund!
Matthias

Die Idee war ja auch die Zeit zu nutzen um mehr Wohnraum zu schaffen.
Das wird wohl jetzt nicht passieren, da alle auf das Urteil gewartet haben und man in dem Jahr nicht wirklich was auf den Weg bringen konnte

Diese Frage kann auch noch vom Ersten Senat des BVerfG in naher Zukunft entschieden werden. Wie in der aktuellen Lage berichtet wurde, liegen vor dem Ersten Senat mehrere Verfassungsbeschwerden zum Berliner Mietendeckel. Auch wenn mit der Entscheidung des Zweiten Senats diese Verfassungsbeschwerden gegenstandslos wurden, kann der Erste Senat trotzdem noch in der Sache entscheiden, wenn es auch möchte. Dabei ist zwar das Ergebnis schon klar, aber es könnte noch Maßstäbe setzen.

Ich habe das BVerfG - auch v.a. durch den Südwestrundfunk - als ein eng vernetztes Kollegialorgan kennen gelernt, das sich regelmäßig zwischen den beiden Senaten austauscht. Ich vermute sehr stark, dass der Erste Senat wusste wie der Zweite Senat entscheiden möchte. Aber da habe ich keine Quellen, ist nur eine Vermutung. Ich vermute ebenso, dass der Erste Senat wusste, wann dieser Beschluss veröffentlicht werden wurde. Zwei, streng voneinander abgekapselte Senate sind das wahrlich nicht.

Das war auch schon die „Idee“ bzw. erklärte Absicht, als man die Rechtsverordnung zum In-Kraft-Setzen der Mietpreisbremse im Jahr 2015 erlassen hat. Passiert ist seitdem indes wenig. Ich lass mal beispielhaft nur den Link hier: Bund bietet Flächen zum Vorzugspreis: Berlin zeigt wenig Engagement bei vergünstigten Immobilien - Berlin - Tagesspiegel

Wir werden in Berlin leider so unfassbar schlecht regiert, wenn es die Begrifflichkeiten der Verantwortungsdiffusion und organisierten Unzuständigkeit nicht schon gäbe, man müsste sie für Berlin erfinden.

In der Sache hätte ich mir auch gewünscht, dass der erste Senat entschieden hätte und die Sache auch inhaltlich geklärt oder sich in anderer, geeigneter Weise inhaltlich positioniert hätte. Weil die Erzählung von Mietendeckel-Befürwortern geht ja jetzt so: „Im 2. Senat war das ja zu erwarten, die sind doch alle (…) , im 1. Senat wär das alles ganz anders ausgegangen. Ab September machen wir das gleiche im Bund!!11“

Das etwas passieren muss steht für mich außer Frage. Eine pauschale Deckelung der Mieten war und ist jedoch keine geeignete Antwort.

Und zum Thema Rückstand und Kündigungsmöglichkeit bzw. -gefahr (ich hatte bei Twitter schon nen kurzen Kommentar dagelassen, aber für die, die dort nicht sind):

Der aktuelle FAZ-Podcast für Deutschland "3 Tage bis zur #BTW: Panik in begehrter Lage – „Vom Mietendeckel profitieren die Falschen“ beschäftigt sich mit dem Thema Mieten und Wohnen u.a. auch der Berliner Initiative zur Enteignung der Wohnungsgesellschaften. Letztlich werden da aber nur die bekannten Argumente vorgetragen.

Wirklich interessant fand ich das Interview mit einem Harald Simons (so etwa ab Minute 13). Der gibt einen interessant Blick auf das geschehen am Immobilienmarkt. Laut ihm waren die Preistreiber in den Städte nicht die Dinge, die wir hier so diskutieren - Zinspolitik, Spekulation etc. - sondern die Unterschiede im Wanderungs- und Mobilitätsverhalten der verschiedenen Alterskohorten. Echt interessant, ob das wirklich die Erklärung ist, ist eine interessant Frage.