20 Jahre Riester – persönliche Erfahrungen & das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken

Hallo zusammen,

ich möchte hier sehr offen einen Erfahrungsbericht teilen – aus über 20 Jahren Riester-Vorsorge, die meine Frau und ich eher naiv, aber gutgläubig begonnen haben. Nicht als Abrechnung, sondern in der Hoffnung, dass sich vielleicht andere wiederfinden oder zum Austausch motiviert fühlen.

2005 haben wir beide – mitten im Studium (ich im Ingenieurwesen, sie im 2. Semester Medizin) – Riester-Verträge abgeschlossen. Unser erster Sohn war gerade geboren, und durch die Kinderzulagen wirkte das wie ein kluger Einstieg in die Altersvorsorge. Wir waren jung, überzeugt von der Idee staatlich geförderter Vorsorge, und vertrauten auf die Beratung unserer Versicherer.

Was wir nicht absehen konnten:

Dass dieser Vertrag uns über die nächsten zwei Jahrzehnte eher begleiten als unterstützen würde. Mit jedem Lebensabschnitt wurde es komplizierter – von der versäumten Info, dass meine Frau durch das Versorgungswerk nicht eigentlich nciht mehr zulagenberechtigt sind wird, über mehrfach angefallene Abschlussgebühren bei Vertragswechseln, bis hin zu einem Wohn-Riester-Konstrukt, das sich heute als nahezu unbrauchbar entpuppt.

Heute – im Jahr 2025 – stehen wir vor einem Riester-Guthaben, das wir nicht nutzen können.

:point_right: Die gesetzliche Möglichkeit zur Entnahme wäre da.

:point_right: Die Anbieter-AGBs (Wüstenrot, in unserem Fall) erlauben aber keine Teilentnahme.

:point_right: Der gesetzliche Rahmen für Entnahmen z. B. für energetische Maßnahmen greift nur bei Summen >20.000 € - sinnvolle Projekte in unserer Immobilie liegen unter dem Wert.

:point_right: Sondertilgung im Rahmen der Baufinanzierung? Geht nicht – wegen der blockierten Teilentnahme der Wüstenrot AGBs

:point_right: Kündigen? Bringt Verluste bei Zulagen und führt zur Steuerpflicht auf die gesamte Summe.

Wir sitzen auf einer nicht unerheblichen Summe Kapital - die wir faktisch nicht nutzen können – und geben jetzt auf.

Das Kapital bleibt im Vertrag. Wir zahlen nichts mehr ein (Einlagen gehen jetzt in einen ETF) . Und hoffen, dass sich irgendwann etwas ändert. Aber aktuell fehlt uns schlicht der Hebel – oder besser: die Geduld – noch weiter durch dieses System zu navigieren.

Wir sind privilegiert genug, dass diese Summe für uns nicht existenziell ist. Aber gerade deshalb habe ich die Geschichte unserem Bundestagsabgeordneten geschickt – in der Hoffnung, dass Erfahrungen wie unsere auch in politische Entscheidungen einfließen. Nicht jede(r) Betroffene hat die Kapazitäten, sich so lange durch Paragrafen und Anbieterprozesse zu kämpfen.

Mich interessiert sehr:

:small_orange_diamond: Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

:small_orange_diamond: Gibt es Auswege, die wir vielleicht übersehen?

:small_orange_diamond: Oder auch Stimmen, die sagen: Das System ist noch zu retten – aber wie?

Ich habe die gesamte Geschichte kürzlich unserem Bundestagsabgeordneten weitergeleitet. Nicht, weil ich eine Lösung für unseren Fall will – sondern weil ich glaube, dass persönliche Erfahrungswerte in politische Debatten gehören.

Bin sehr offen für den Austausch – und danke schon jetzt fürs Lesen!

Viele Grüße aus Hessen

Max

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Lieber Max, vielen Dank, dass du diese Erfahrung hier teilst.

Ich selber habe mich während meiner Ausbildung zu einem Riester-Vertrag (und einem Bausparvertrag) beraten lassen. Was mir damals nicht bewusst war und meiner persönlichen Erfahrung nach sehr vielen Menschen auch heute nicht: Bankberater sind keien unabhängigen Berater, sondern Vertriebler für Finanzprodukte.

Ich habe während Ausbildung und Studium insgesamt 1.350 € in meinem Riestervertrag angespart und zusätzlich 1.392,71 € an staatlichen Zulagen erhalten. Im Jahr 2018 habe ich begonnen mich ausführlicher mit meinen Finanzen zu beschäftigen und den Ristervertrag im Herbst 2020 schließlich beitragsfrei gestellt. Aufgrund von Ausgabeaufschlägen, Verwaltungsgebühren und insgesamt einfach miesrabler Performance beträgt der Wert aktuell 1.772,02 €, also knapp 1.000 € weniger als von mir inklusive Zulagen investiert wurde.
Dank der Garantie werde ich in circa 35 Jahren zum Renteneintritt vermutlich ziemlich genau 2.742,71 € ausgezahlt bekommen. vielleicht sogar etwas mehr. Was dieses Geld dann noch an realer Kaufkraft besitzt möge der liebe Gott entscheiden. Ich bin einfach froh, dass ich mit diesem schwarzen Loch für Kapital aufgehört habe, bevor es wirklich schmerzhaft werden konnte.

Fairerweise muss man hier zugestehen, dass die grundsätzliche Zugriffsvermeidung ja gewollt war, da die Gelder ja zur Altersvorsorge gedacht sind.

Soweit ich das sagen kann nicht. Allerdings habe ich mich aufgrund praktischer Irrelevanz seit längerem nicht mehr mit den Riester-Regularien beschäftigt. Wenn ihr Glück habt, kommt nochmal eine Reform wie das von der Ampel geplante „Altersdepot“ in den ihr euren Riestervertrag überführen könnt.

Abseits davon habt ihr mit der Umstellung auf einen ETF Sparplan meiner Ansicht nach schon das beste getan, was ihr tun könnt.

Das finde ich richtig gut und unglaublich wichtig, damit sich an diesem Misstand etwas ändert. Insgesatm bin ich der Ansicht, dass es immens wichtig ist, dass Menschen wie du Ihre Erfahrungen mit Riester teilen. Und wenn sich schon nichts ändert sind andere Menschen wenigstens gewarnt.

Ich bin ja persönlich der Ansicht, dass man mit Riester gar nicht genug abrechnen kann. Von selbst rechnet sich da nämlich nichts!

Grüße aus Niedersachsen

Michel

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Guten Morgen Michel,

und da ist er schon – der erste Leidensgenosse. Ich war mir sicher, dass ich mit meinen Riester-Erfahrungen nicht allein dastehe. Danke dir für deine ausführliche und differenzierte Schilderung.

Dem stimme ich mit inzwischen 43 Jahren uneingeschränkt zu. Mit Anfang 20 – wir waren 20 und 24 – bringt man diesem Berufsstand allerdings noch ein gewisses Grundvertrauen entgegen. Die notwendige Lebenserfahrung, um zwischen Beratung und Vertrieb zu unterscheiden, fehlte uns damals schlicht.

Absolut richtig. Ich möchte an dieser Stelle noch etwas zu unserer konkreten Geschichte ergänzen:

Angefangen haben wir mit einer klassischen Riester-Lebensversicherung – also ganz im Sinne der langfristigen Altersvorsorge. Auszahlungen vor Renteneintritt waren dabei selbstverständlich nicht vorgesehen.

Mit der Zeit stellten wir jedoch fest, dass die laufenden Gebühren einen erheblichen Teil der staatlichen Zulagen auffressen. Hinzu kam, dass unser Berater bei Vertragsabschluss schlicht „übersehen“ hatte, dass meine Frau als künftiges Mitglied eines Versorgungswerks gar nicht zulagenberechtigt sein würde.

Wir entschieden uns deshalb – bei einem anderen Anbieter – zu einem Wechsel auf einen Wohn-Riester-Vertrag. Das Ziel: Die angesparte Summe später für die Tilgung unserer Baufinanzierung zu nutzen. Das klang plausibel, und ich war sogar bereit, erneut Abschlussgebühren in Kauf zu nehmen.

Heute zeigt sich jedoch das Dilemma unserer konkreten Konstellation:

  • Unser Darlehen läuft bald aus – danach gibt es keine Restschuld mehr, gegen die das Riesterkapital eingesetzt werden könnte.
  • Sondertilgungen wären theoretisch möglich – jährlich, in begrenztem Umfang.
  • Die ZfA erlaubt Teilentnahmen ab 3.000 € – also grundsätzlich wäre die Entnahme legitim

.ABER:

  • Die AGB von Wüstenrot sehen nur eine Gesamtentnahme vor – keine Teilentnahmen.

Ergebnis:

Wir befinden uns in einer klassischen Zwickmühle zwischen Anbieterregularien und gesetzlichem Rahmen. Der Zugang zum Kapital ist faktisch versperrt – und wir geben den Versuch, es zu nutzen, nun auf. Denn auch die Verwendung für energetische Maßnahmen hat Hürden die wir in unserer Situation überwinden können.

Update zur politischen Seite:

Wir haben eine nette und persönliche Antwort erhalten. Er engagiert sich wohl schon länger für das Thema und fühlte sich durch unseren Bericht in seiner Arbeit bestärkt. Unsere Geschichte will er im Hinterkopf behalten.

Was daraus wird, bleibt abzuwarten – aber allein die Rückmeldung war für uns ein gutes Gefühl. Vielleicht ist es nur ein kleiner Beitrag, aber einer, der sich im Sinne einer gelebten Demokratie sinnvoll anfühlt.

Grüße, Max

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Vielen Dank, dass Du Deine Erfahrungen geteilt hast. Ich war fast 20 Jahre lang bei MLP und habe dort mindestens genau so schlechte Erfahrungen gemacht. Das was mich am meisten gestört hat, waren nicht einmal die horrenden Kosten der Finanzprodukte, sondern dass diese schlicht und einfach auch richtig, richtig schlecht waren. Der entgangene Gewinn im Vergleich zu einem Basis-State of the art Produkt, war höher als die Kosten. Das ist für das Finanzinstitut selbst kontraproduktiv, denn dadurch werden auch die prozentualen Kosten nicht erhöht.
Meine Frau hat bei der Sparkasse auch keine guten Erfahrungen gemacht. Danach haben wir uns einen privaten Vermittler gesucht. Der hat uns zumindest über die Produkte halbwegs aufgeklärt und uns auch passable Produkte vermittelt, doch die Kosten waren exorbitant hoch. Daher sind wir dann gerichtlich vorgegangen.

Fazit: Ich empfehle Dir Dich an die Verbraucherzentrale zu wenden. Ich zitiere da mal unseren Anwalt: „Das sind eine der wenigen Institutionen bei denen man die Chance hat, nicht über’s Ohr gehauen zu werden“.

Ich habe noch einen Rürupp-Vertrag. Da kommt man gar nicht mehr an das Geld ran. Es liegt schlecht angelegt rum und wird wegen der laufenden Kosten einfach immer weniger. Geht also noch schlimmer.

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Finde das Thema interessant aber es fehlen irgendwie eine Reihe von Informationen, deshalb einfach mal ein paar stichwortartige Fragen & Anmerkungen:

  • Ist meine Annahme korrekt, dass das Wohn-Riester-Konstrukt von dem Du sprichst ein Bausparvertrag (BSV) ist?

  • Grundsätzlich ist ein BSV eine gute Idee für den Eigenkapitalaufbau aus folgenden Gründen:
    a) In der Ansparphase spricht man auch vom Training des Sparmuskels
    b) Man zeigt Banken das man dazu in der Lage ist Verpflichtungen langfristig einzuhalten und sammelt dabei imaginäre Punkte für seine Kreditwürdigkeit
    c) Man sichert sich langfristig einen bestimmten Zinssatz für seine Immobilienfinanzierung und verringert dadurch das Zinsänderungsrisiko

Gerade auch als Ehepaar mit einem Kind macht Riester in vielen Fällen Sinn. Es sind die Kinderzulagen, die Spaß machen.

  • Ich kenne nur BSV Produkte der LBS und bei denen kann man BSVs aufteilen. Achtung! Aufteilung ist keine Entnahme.Ggf. mal checken.

Falls es kein BSV ist einfach den obigen Teil ignorieren.

Was ich mich dann aber Frage ist, welchen Anspruch Du an Änderungen der Regeln hast?

  • Mit der Vollendung des 18 Lebensjahres ist man in Deutschland voll geschäftsfähig und verantwortlich für abgeschlossene Verträge.
  • Das bei Vertragsänderungen, Übertragungen, etc. Gebühren in vielen Fällen anfallen, sollte einem eigentlich klar sein und entsprechend vorab klären.
  • Man erhält in vielen Fällen auch automatisch die VVI der Anbieter (verpflichtend), wo auch aufgeführt ist ob der Berater zB eine Provision bekommt woraus man ggf. auf Interessenskonflikte schließen kann.
  • Du sagst ja selber, dass Regelungen der AGB greifen. Diese sind dann ja sicher im Vertrag oder durch Aushang bekanntgegeben worden.
  • Das Risiko schlecht beraten zu werden gibt es natürlich immer und läßt sich kaum ausschließen aber in Zeiten von öffentlichen Google Bewertungen kann es sich eigentlich kaum ein Finanzdiensleister erlauben schlecht zu beraten. Und Fehler passieren da wo Menschen arbeiten auch immer wieder.

Ich tue mich daher schwer hier irgendeinen Anspruch an die Politik oder Wüstenrot abzuleiten und sehe Dich hier tatsächlich in der Verantwortung für von Dir abgeschlossene Verträge. Wenn es tatsächlich in die Richtung schlechter Beratung geht, würde ich Dir raten den Anbieter entsprechend zu bewerten und/oder mit dem Anbieter zu besprechen ob sie ggf. Willens sind aus Kulanz eine einvernehmliche Lösung zu finden. Viel Glück!

Hier machst Du es Dir zu einfach. Es gibt viele Beispiele, wo auch erfahrene Menschen in dubiose Geschäfte verwickelt wurden und plötzlich war ihr Geld weg.
Ja, viele gehen zu naiv an die Sache heran, Einige lassen sich von hohen Renditeversprechen ködern und fallen der Gier anheim und vielleicht geschieht es denen dann auch ganz recht.
Aber gerade der Riester ist ja ein staatlich gefördertes Projekt, das gerade auch den finanziell unerfahrenen Kleinsparer ansprechen sollte. Die Versicherungsbranche hat sich nun in vielen Fällen auf deren Kosten bereichert und die Provisionen so angepasst, dass sie die staatliche Zulage einfach auffressen. Als der Staat seinen Fehler erkannte, ist er nicht dagegen vorgegangen, sondern hat mit Rürup ein Konzept entwickelt, das anscheinend laut @FlorianR auch in manchen Fällen zum Boomerang wird.
Gerade junge Leute sind dankbare Opfer. Sie wissen, das sie vorsorgen müssen, wissen aber noch gar nicht, wie der Finanzmarkt eigentlich funktioniert. Also geht man zum Experten und hofft auf gute Beratung. Der sollte dann auch seinen Experten-Job gut machen, denn sonst steht, ob zu Recht oder nicht, wegen diesem Experten, der seinen Experten-Job nicht gut gemacht hat, die ganze Branche am Pranger.
Du gehst doch auch nicht in die Autowerkstatt, und wenn sie billige Ersatzteile verbaut haben, aber den vollen Preis berechnet haben, zuckst Du mit den Schultern und sagst: Mist, hätte ich mal die AGB gelesen. Nächstes Mal passe ich besser auf. Sondern wirst die Schuld bei der Werkstatt suchen.

Nachtrag:

Deutsche Vermögensberatung AG: Sie wollte alles richtig machen. Jetzt ist sie finanziell abhängig | ZEIT ONLINE

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Ich vermute sie Gesamtentnahme ist zweckgebunden, oder? Sonst wäre es ja einfach: Geld entnehmen, Projekt umsetzen und Rest in ein ETF stecken.

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Grundsätzlich bin ich auch ein Befürworter der Eigenverantwortung. Ich denke aber wie @der_Matti, dass die staatliche Förderung ja durchaus als Gütesiegel verstanden wird (und idealerweise auch werden sollte).

Gerade (finanziell) ungebildete Menschen könnten sich wahrscheinlich wochenlang durch die 47 Seiten VVI, AGB oder sonst einen Schrott lesen, die werden es ihren Lebtag nicht verstehen. Und wenn ich dann die Alternativen habe gar nichts zu tun, weil ich keine Ahnung von Finanzen habe, dann vertraue ich halt auf den Staat und/oder den Bankberater und nehme den Riester-Vertrag.

Das trifft nur in ganz seltenen Fällen zu. Im Regelfall ist die Performance über den langen Zeitraum bis zum Renteneintritt derart mieserabel, dass sich Riester trotz der Zulagen nicht lohnt.

Trifft auf den Fall von @schnaxlhuber nicht zu, da er seinen Vertrag bereits vor über 20 Jahren abgeschlossen hat. Mittlerweile sieht er Riester ja deutlich kritischer.

Da stimme ich dir zu. Die Einführung von Riester an sich war auch nicht das Problem. Aber wenn du als Staat nach 10 Jahren feststellst:
„Oh, da haben wir einen Fehler gemacht. Das Konstrukt rechnet sich ja gar nicht und subventioniert lediglich die Rendite von Versicherungen.“

Dann kann deine Reaktion nicht sein:
„Naja, Fehler passieren halt. :man_shrugging:
sondern
„Oh, da ist uns ein Fehler passiert, dass sollten wir dringend in Ordnung bringen.“

Und da liegt eben auch mein (und @schnaxlhuber ?) Anspruch an die Politik. Wenn wir ein staatlich gefördertes privates Altersvorsorgeprodukt haben (was ich befürworte), dann reformiert das Ding gefälligst in eine zeitgemäße Form, von der Sparer tatsächlich profitieren!

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Ich bin heilfroh, dass ich mich damals dagegen entschieden habe. Ich würde hier gerne noch anmerken, wieviel Werbung damals für Riester gemacht wurde. Als ich vor ca. 15 Jahren Mitglied in der KSK wurde, stand auf jedem Bescheid drauf, dass man noch separat Vorsorgen soll, zum Beispiel mit der Riester Rente. Es wurde auch manchmal noch mit extra beigelegtem Infomaterial auf Riester aufmerksam gemacht. Was ich daran schlimm finde ist, dass das ja von staatlicher Seite kam und suggeriert wurde, dass Riester ja so toll und sicher ist und man das unbedingt braucht. Menschen, die jetzt in so einer Situation stecken wie die oben genannt, verlieren doch das Vertrauen in diese Art von Altersvorsorge. Wenn von der aktuellen Regierung jetzt ein neues Konzept käme - ich würde mein Geld da nicht reinstecken. Dann lieber in ETF’s über die ich Kontrolle habe.

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@Piranhia1 – Meine Frau und ich sind uns sehr bewusst, dass wir keinerlei Anspruch auf Entschädigung oder eine nachträgliche Änderung der Rahmenbedingungen haben. Wir übernehmen selbstverständlich die Verantwortung für unsere Entscheidungen – darum geht es in meinem Beitrag auch nicht.

Vielmehr möchte ich – wie auch @der_Matti – auf die strukturellen Fallstricke des Riester-Systems aufmerksam machen und mit unserem Fall einen politischen Impuls setzen. Denn das gesamte Konstrukt wirkt rückblickend betrachtet schlicht zu komplex, zu unflexibel und für viele Lebenssituationen ungeeignet. Gerade jetzt, rund 25 Jahre nach dem Start von Riester, dürfte es zunehmend Erfahrungsberichte geben – die ersten Verträge laufen ja bereits in die Rentenphase.

@Schorschie – Ob eine Verwendung förderunschädlich ist, entscheidet allein die ZfA. Sie erlaubt ausdrücklich auch Teilentnahmen (mindestens 3.000 € Entnahme bei mindestens 3.000 € Restkapital). Aber: Der Anbieter – in unserem Fall Wüstenrot – regelt in seinen AGB, dass nur das gesamte Bausparguthaben auf einmal entnommen werden darf. Das führt dazu, dass man theoretisch eine Entnahme vornehmen darf – praktisch aber durch den Anbieter blockiert wird. Eine klassische Situation, in der sich das System selbst im Weg steht.

Ich würde noch einen Scbritt weiter gehen:
Die staatliche Förderung ist eine Werbung für das Produkt, und liefert den Anbietern entscheidende Argumente beim Verkauf.
Viele Sparer sind finanziell von der Förderung abhängig. Ihnen ist klar, dass sich das Produkt nur damit (vermeintlich) lohnt. Von den niedrigen Sparraten allein baut sich in der Regel kein nennenswertes Kapital (über die Einzahlungen hinaus) auf. Die Zuschläge kaschieren die niedrigen Renditen.

Den Leuten wird Angst gemacht, sie müssten für’s Alter vorsorgen. Kapital dafür ist dünn gesäht. Um den staatlichen Zuschuss zu bekommen, müssen Sparer sich an die AGB privatwirtschaftlicher Versicherungen binden. Insofern handeln hier eben nicht nur zwei freie Vertragsparteien, der Staat mischt hier mit, weil er seine Bürger in solche Verträge zwingt.

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Also ganz so dick auftragen würde ich nicht.

Aber vielem des hier im Thread geschriebenen stimme ich zu. Riester ist einfach ein ganz schlimmes Renditegrab. Die betriebliche Altersvorsorge wird die nächste große Pleite sein. Über die werden wir in 5 bis 10 Jahren ähnliche Beiträge lesen wenn die ersten Leute realisieren was am Ende bei rum kommt. Danach wird die private Vorsorge wahrscheinlich komplet verbrannt sein.

Zur Wahrheit gehört auch, dass sich viele Leute sich nicht mal rudimentär mit dem Thema beschäftigen wollen, und insbesondere in Deutschland diesbezüglich eine weit verbreitete „Vollkasko-Mentalität“ herrscht. Wenn man aber lieber zu Pseudoberatern geht statt einige Stunden für eine derart weitreichende Entscheidung zu investieren darf man auch keine Top-Performance vom Produkt erwarten. Aber etwas solideres als ein Riesterdesaster natürlich schon. Fairerweise muss man sagen, dass ohne die Eurokrise und die daraus folgende Niedrigzinsphase unter Umständen auch Riesterverträge besser funktioniert hätten.
Trotzdem ist es mir unverständlich, dass so mancher lieber Joghurtpreise vergleicht und dann zwei Supermärkte aufsucht um 9ct. zu sparen, statt sich ab und zu mit Finanzen zu beschäftigen.

Kann man gar nicht oft genug wiederholen. Ich würde noch hinzufügen:

  • Wenn ich ein Konstrukt nicht verstehe ist es für mich Müll.
  • Wenn sich ein Konstrukt nur rechnet wegen „Steuern sparen“ und „staatlichen Zulagen“ ist es für mich Müll.

In einigen Fällen kann dieses oder jenes natürlich schon Sinn machen, aber alleine eine Rechnung die 30 Jahre Steuern sparen einpreist ist doch komplett unseriös. Als wüsste man im Voraus wie sich das Gehalt, die Steuern, Lebensumstände usw. auf Jahre hinaus entwickeln. Gerade der Eröffnunspost zeigt wunderbar auf, dass das Leben in den seltensten Fällen geradeaus verläuft.

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@Piranhia1 so wie du schreibst würde ich dich bitten mal offenzulegen, ob es einen „Interessenskonflikt“ bei dir gibt.

Das stimmt, das wusste der Gesetzgeber aber auch. Trotzdem hat er es versäumt, den Anbietern bzgl. Kosten irgendwelche Vorgaben zu machen. Oder auch nur Pflichten zur Transparenz der Kosten gefordert.

Eigentlich hätte es Untersuchungsausschüsse zum Thema Riester geben müssen…

Ja. Vertragskonstrukte bei denen man mir nicht vorrechnen kann, ob die bAV den Verlust an Rente sicher ausgleichen wird…

@schnaxlhuber 2 Möglichkeiten. Beitragsfrei lassen und in 20 (?) Jahren über das Urlaubsgeld freuen oder kündigen und z.B. in ETF oder Sondertilgung stecken. Einfach mal kalt durchrechnen, welche „Rendite“ die Beitragsgarantie euch bringt und dann danach handeln.

So oder so den Fehler abhaken und als Lehrgeld für Personal Finance betrachten, du bekommst es nicht wieder.