Liebes Lage-Team,
dies ist sowohl Feedback zur letzten Folge, als auch ein Themenvorschlag -
In der letzten Lage (422) wurde u.a. über die Koalitionssondierungen gesprochen und eine mögliche Entlastung der Gastronomie durch Absenkung der MwSt. auf 7%. Dabei wurde auch erwähnt, dass hier eine ungleiche Verteilungsdynamik entstünde, da es gerade eher nicht die ärmeren Menschen betrifft, da diese sich ohnehin eher selten bis nie ein Essen auswärts leisten könnten. Eine Absenkung der MwSt würde also vor allem den Menschen zu Gute kommen, die häufig Essen gehen.
Ich finde, dies wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um über eine Alternative zu sprechen, die alle gleich betrifft: Die Abschaffung der MwSt. auf Grundnahrungsmittel.
Wenn auf Mehl, Käse, Gemüse, etc keine Steuern mehr anfielen, wäre dies eine echte Entlastung für alle. In Großbritannien ist dies seit langem üblich.
Die Frage wäre dann natürlich, welche Lebensmittel man zu Grundnahrungsmitteln rechnet und welche nicht. (Hochverarbeitete) Fertigprodukte aus Dosen und für die Mikrowelle könnte man z.B. ausklammern, ebenso wie Alkohol. Aus Umwelt-/Klimaschutzsicht kann man auch diskutieren, ob man etwa verarbeitetes Fleisch (Wurst, etc) auch weiterhin besteuert oder ein Wegfall der MwSt. nur für unverarbeitetes Obst/Gemüse umsetzt. Gerade letzteres dürfte auch der gesunden Ernährung zugute kommen.
Die genaue Ausführung ist also zugegeben sehr diskutabel, aber im Grundsatz wäre dies eine einfach umzusetzende Maßnahme, die eine Entlastung für alle bedeuten würde.
Der Witz an diesem Vorschlag ist, dass er das exakte Gegenteil dessen bewirken würde, was die Gastronomen fordern. Für die Gastronomen ist die Umsatzsteuer auf ihre Einkäufe ohnehin ein durchlaufender Posten. Gastronomen zahlen weiterhin volle Umsatzsteuer, weil sie keine „Grundnahrungsmittel“, sondern „verarbeitete Nahrungsmittel“ verkaufen.
Dadurch wird das „Selber kochen“ im Vergleich zum „Auswärts essen“ günstiger (was ich durchaus bevorzuge, aber das ist eine persönliche Präferenz), sodass die Umsätze der Gastronomen vermutlich zurückgehen würden und zahlreiche Betriebe, die jetzt bereits um’s Überleben kämpfen, damit den Todesstoß versetzt bekämen.
Wir haben es also mit zwei Vorschlägen zu tun, die sich diametral gegenüber stehen.
Da hast du sicher recht! Ich wollte hier nur auf das Thema als solches hinweisen Grundsätzlich würde es sich ja auch nicht widersprechen, beide Vorschläge umzusetzen.
Und vielleicht hilft es auch einfach mal Luxus(lebensmittel) wie Kaviar, Champagner jnd Co mit vollem Mehrwertsteuersatz zu besteuern statt mit dem reduzierten (für Grundnahrungsmittel)…
Die Frage ist am Ende bei vielem aber was Luxus ist und was nicht. Wird Belugakaviar dann anders besteuert als Kaviar von anderen Fischen?
Oder generell wie ist es mit Fisch? Thunfisch aus der Dose ist kostengünstig zu haben, es gibt aber auch Thunfisch der geht für exorbitante Preise über den Laden und wäre definitiv ein Luxusgut.
Wird Champagner dann anders bewertet als andere Schaumweine?
Die Abgrenzung zwischen normalen Lebensmitteln und Luxuslebensmitteln ist in meinen Augen vielfach so gar nicht möglich. Wenn wir also verschiedene Sätze haben, dann sollten diese doch eher objektiven Kriterien folgen.
Eine Möglichkeit wäre z.B. generell 0% auf unverarbeitetes Obst und Gemüse, Rohstoffe wie Mehl und grundlegende Milchprodukte, Nudeln, Brot, etc., 7% auf das meiste was jetzt auch da rein fällt und 19% für Alkohol, Fleisch und Erzeugnisse mit einem zu hohen Zuckergehalt.
Das wäre klar abgrenzbar. Ob ein Fisch aber jetzt ein Luxuslebensmittel ist oder ein Grundnahrungsmittel sollte in meinen Augen nicht unterschieden werden sondern Fisch wäre dann Fisch und Fischerzeugnis wäre Fischerzeugnis und Schaumwein wäre Schaumwein, egal ob aus der Champagne oder von sonst wo (wobei ich auf Alkohl ja generell 19% befürworten würde)
Ich denke wir sind uns einig, das Fisch(eier) und Sekte keine Grundnahrungsmittel sind egal welche.
Wir reden von Brot, Butter, Eier, Gemüse, Obst, x usw
Und ja es gilt zu differenzieren, aber ich denke das ist leistbar.
Wobei da tatsächlich große Kämpfe zu erwarten sind, was nun genau „Grundnahrungsmittel“ sind. Da sind einfach extrem viele Lobbies betroffen, vor allem aus der Landwirtschaft. Die Milchbauern werden natürlich Milch und Milchprodukte / Käse als Grundnahrungsmittel fordern, die Viehzüchter werden es für Fleisch fordern und natürlich würden die Fischer - wenn sie eine entsprechend große Lobby hätten - es auch für Fische und Fischprodukte (inklusive Kaviar) fordern.
Also wie viele Verarbeitungsschritte darf es geben, damit etwas noch ein „Grundnahrungsmittel“ ist. Da die meisten Leute „Butter“ eindeutig zu den Grundnahrungsmitteln zählen (was ich immer wieder komisch finde… ist für mich ein völlig überflüssiges Luxus-Produkt…) sind schon hier mächtige Kämpfe zu erwarten. Selbst bei „Mehl“ (und erst Recht bei Brot) haben wir es ja nun wirklich schon mit mehrfach veredelten Nahrungsmitteln zu tun, bei „Zucker“ ebenso, vor allem wäre eine Steuerbefreiung von Zucker das Gegenteil dessen, was politisch sinnvoll wäre (Stichwort: Zuckersteuer!).
Also ich würde vorschlagen, erstmal klein anzufangen und die Umsatzsteuer für Produkte auf Null zu setzen, die völlig unbestritten Grundnahrungsmittel sind: Gemüse, Obst, Wasser, vielleicht noch Mehl. Alles darüber hinaus wird einfach zu viele Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten…
Am Ende dieser Diskussion in diesem Forum wird das UST Recht die doppelte Anzahl von Regelungen enthalten wie heute.
Warum? weil auch hier wieder versucht wird den Menschen durch Regeln zu seinem Glück zu zwingen. Dh. am Ende der Diskussion hier wäre dann Hafermilch Grundnahrungsmittel und Kuhmilch keines „is ja schädlich überhaupt und Tier und so“ Bei Sojamilch gibt es dann Streit und man Einigt sich drauf das Sojamilch Grundnahrungsmittel ist wenn der Verkäufer über die Lieferkette nachweisen kann das die Produkte nur mit zero emmision vehicles bewegt wurden und mindestens 75% aus nicht gentechnisch Verarbeitet wurde oder die Bauern den Mindestlohn bekommen haben.
Interessanter Artikel zu MwSt, den Rahmenbedingungen der EU, die gewisse Regeln für MwSt und ermäßigte MwSt vorgibt. Die EU hat 2022 auch 0% MwSt auf gewisse Güter ermöglicht, unter anderem Obst, Gemüse, Trinkwasser, Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Honig sowie Getreideerzeugnisse und Backwaren. Link Wirtschaftsdienst EU
Das wurde von Cem Özdemir aufgegriffen für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte Link Tagesschau , aber leider nicht umgesetzt.
auch. Außer Leitungswasser und Milch alle Getränke.
Sie wird also schon längst vorgenommen.
Ansonsten ist das ein Vorschlag, der eher zu den Grünen passen würde als zur Union. Also wieder mal etwas, das eher ein Projekt für die letzte Regierung gewesen wäre.
In einer Diskussion wurde da mal von einem Gegenüber ein interessanter Aspekt beleuchtet: Vorsteuerabzug benötigt Umsatzsteuer bei den verkauften Waren. Werden Lebensmittel also ohne Umsatzsteuer abgegeben, würde ohne entsprechende Sonderregeln die Vorsteuer für alle Nebenaufwendungen eine zusätzliche Belastung für den Verkäufer bedeuten - ganz abgesehen von der Bürokratie, die Aufteilung der Vorsteuer entsprechend zu ermitteln.
Bei jedem Gesetz dieser Art gibt es immer lebhafte Diskussionen - Ulf und Philip bemängeln hier ja auch des Öfteren, dass man gerade in Deutschland im Vorfeld jeden Edgecase ausdiskutieren möchte und so nie zu Potte kommt. Würde man jetzt ein solches Gesetz in einer Minimalausführung etablieren - etwa ausschließlich für frisches Obst/Gemüse, die ich jetzt mal als „undiskutabel“ betrachte - könnte man sich im Nachhinein mit allen anderen Arten von Lebensmitteln befassen.
Oder: Man bezieht eben alle Lebensmittel ein, die die EU bereits zulässt:
Hier hätte ich die SPD im Sinne gehabt. Sozialer Ausgleich, Entlastung aller und so.
Insgesamt finde ich die Diskussion aber auch in diesem Forum schon spannend: Niemand lehnt den Vorschlag generell ab, es werden lediglich Umsetzungsschwierigkeiten betont.
Die SPD hat ihren sozialen Kompass schon längst verloren.
Nachdem Grünen-Agrarminister Özdemir eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse ins Spiel gebracht hatte, haben Vertreter:innen der FDP dem Vorschlag eine klare Absage erteilt. Auch aus der SPD kommt Widerstand. FDP gegen Abschaffung der Mehrwertsteur auf Obst, Gemüse – Euractiv DE
Ausflug: Ich verstehe, dass das Beispiel plakativ gewählt wurde, will an der Stelle aber eine Anmerkung geben, weil es dazu in der Bevölkerung tatsächlich viel Unwissen gibt:
Die Verwendung von GMO/genverändertem Soja (und anderen Pflanzen) für den direkten menschlichen Verzehr ist in der EU streng reguliert (EU-Verordnung 1829/2003).
Es gibt meines Wissens keinen einzigen Pflanzendrink, welcher die Zulassung dafür hat. Dies müsste auf der Verpackung auch entsprechend gekennzeichnet sein.
In Produkt-Proben konnten nur einzelne Spuren nachgewiesen werden.
GMO-/genverändertes Soja, welches häufig nicht gerade wegen der Genveränderung sondern wegen der Anbauweise (Stichwort Regenwald-Rodung) problematisch ist, wird bei uns fast ausschließlich für die Tierfütterung verwendet.
Als jemand, der in Küstensichtweite aufgewachsen ist, ist es durchaus ein Grundnahrungsmittel, auch historisch. Heutzutage könnte man jedoch diskutieren, ob man Fleisch/Fischprodukte aus Klimaschutzsicht noch fördern möchte.
Und dann beschweren sich wieder alle über zu viel Bürokratie (die nämlich nötig ist die ganzen Sonderlocken zu kontrollieren). Einfach alles auf 0%. Aber das geht ja in D nicht
Was heißt „einfach alles“?
Generell auf jegliche Lebensmittel, also auch auf Wagyu-Steak, Schoko-Doppelkekse, Tiefkühlpizzen, Aufbackbrötchen, Fassbrause und scharfen Senf?
Wenn man so eine Maßnahme in Erwägung zieht muss eine Grenze gezogen werden und dafür gibt es keine „Basta“ - Lösung.
Das ist ja der Widerspruch, alle wollen weniger Bürokratie die sie einschränkt, aber alle wollen Bürokratie die sie schützt. Und da bei 82Mio Sonderlocken viel vom eigenen Standpunkt abhängt, kriegt man das eben nicht deckungsgleich.
Ich könnte mir vorstellen, das ein Kommission die die Produkte definiert, vergleichbar wie z.B. beim Warenkorb für Inflationsberechnung.
Ob dann Produkte nicht dazu zählen die zu viel Zucker haben, ist ja politisch auszuhandeln, genauso wo man die Grenze für „Luxus-Lebebsmittel“ zieht.
Pauschal, alles was ess- und trinkbar ist auf 0% zu reduzieren, halte ich für nicht zielführend.
Es soll ja wenn im Alltagsbedarf entlastend wirken.
Ja, im Zweifel alles. Sonst muss man eben wieder Listen von Produkten pflegen, jemand muss das dann in den Betrieben umsetzen, das muss überprüft werden. Dann sind wir wieder ganz schnell da, wo wir jetzt sind. Zudem versteht niemand wieso Kuhmilch 7% und Hafermilch 19% sind. Liste beliebig erweiterbar.
Zusätzlich Extrasteuern weg, also Kaffee-Steuer z.B.