Wollte Stark-Watzinger unliebsamen Profs die Förderung streichen?

Genau das ist ja der Punkt. Wenn ich es richtig verstanden hab, ging es um die Prüfung. Es war keine Anweisung, bereits ausgereichte Fördermittel zu streichen. Angenommen es gäbe den Fall eines geförderten Forschungsprojekt und es stellt sich heraus, das verantwortliche Personen rassistische oder sexistische Haltungen vertreten. Ich denke, die Forderung nach einer Prüfung der Förderung wäre in 1,2,3 Sekunden im Raum.

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Sehe ich eigentlich nicht so. Mit der Diskussionskultur in Zeiten von social media hast du schon recht, aber offene Briefe gab es eben schon vorher und sie erfüllen in meinen Augen auch immer noch die gleiche Kern-Funktion, nämlich als öffentliche Stellungnahme.

Um eigene Rechtsanfragen, vor allem im Zivilrecht, zu klären. Strafrecht ist mMn eigentlich Sache der Justiz und da der offene Brief durch alle Medien ging, dürfte dessen Inhalt den zuständigen Stellen auch zeitnah bekanntgewesen sein.

Die Kopplung von wissenschaftlicher Karriere und persönlicher politischer Einstellung gab es, so ähnlich, schon z.B. in der DDR, wo nur diejenigen Abitur machen durften, die parteinah waren oder Soldat werden wollten.

Ethische Grundsätze in Förderrichtlinien dürften aber ziemlich sicher nur die Inhalte der Forschung betreffen. Also zum Beispiel wenn die Forschung sich mit dem Thema Klonen beschäftigen würde. Deswegen war das Beispiel mit der Documenta oben auch gut. Da wurde nämlich auf den Inhalt eines Kunstwerkes reagiert.

Du willst hier aber die ganze Zeit die politischen Ansichten der Forschenden reinbringen und das ist mMn schlicht falsch und sollte nicht Gegenstand von Förderrichtlinien sein (und ist es hoffentlich auch nicht).

Israel ist schon immer Verbündeter der USA. Und die wiederum drängten auch schon immer ihre Verbündeten sich für Israel stark zu machen, das konnte man zuletzt unter Trump recht gut sehen. Wegen des amerikanischen Wahlkampfes sind diese Stimmen aktuell natürlich leiser, aber sicher nicht verschwunden.

Das wäre mMn höchstens dann sinnvoll, wenn die Forschung der Person sich konkret mit dem Nahostkonflikt, Israel oder Antisemitismus beschäftigen würde. Das dürfte aber in den allermeisten Fällen nicht gegeben sein.
Wie gesagt, die Förderrichtlinien betreffen mWn die Forschung und nicht die Forschenden.

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In aller Regel kommt die Forderung lange bevor der Fakt belegt ist. Auch hier reicht ein kurzer Blick auf den Brief, dass da nichts auch nur ansatzweise justiziables drin steht. Das kann die Staatssekretärin oder Frau Ministerin auch beim Frühstück selbst erlesen. Da braucht es keine interne Prüfung es sei denn man will etwas finden.

Gegenbeispiel:

Angenommen dein Chef bittet den Firmenjustiziar zu prüfen, ob man dich entlassen oder dir das Gehalt halbieren könne weil du in deiner Freizeit an einer Klimademo teilgenommen hast. Oder einen offenen Brief an Olaf Scholz geschrieben hast, in dem du das Klimageld forderst oder zumindest schöneres Wetter.

Ist das für dich in Ordnung? Es war ja nur eine Prüfung. Oder würdest du denken man wolle dich einschüchtern?

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Ich würde stark dafür plädieren, die Kirche mal im Dorf zu lassen. Es ging hier um eine rechtliche Prüfung, nicht um eine erfolgte Streichung von Fördermitteln und schon gar nicht um Berufsverbote. Diese plumpe Gleichsetzung mit der DDR mag dem emotionalen Wunsch nach maximaler Empörung gerecht werden, hat aber nichts mit dem zu tun, worüber wir hier diskutieren.

Hast du irgendwelche Belege dafür, dass „die USA“ „schon immer“ Verbündete „drängten“, sich „für Israel stark zu machen“ und vor allem für die Behauptung, dass dies konkreten Fall relevant war? Wer genau sind „diese Stimmen“? Und wenn das „schon immer“ so war, warum sind sie dann im Wahlkampf „natürlich leiser“? Sorry aber das klingt für mich schon ziemlich nach Israellobby-Dogwhistling.

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Hast du dazu Belege? Weil so klingt es wie eine Verschwörungstheorie über die da oben und sollte nicht hier verbreitet werden. Da wurde hier schon für Weniger härtere Sanktionen im Forum verhängt.

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Ich wäre überrascht, wenn da eine Begründung herauskommen würde, die nicht zu Lachkrämpfen führt. War ja auch in der LdN Thema. Die Fachebene hat ja zurückgeschrieben, dass das eine dumme Idee ist. Ich glaub, man muss intern auch mal eine dumme Idee haben dürfen.

Diese dumme Idee hätte man aber in einem 5-Minuten-Gespräch bei einer Tasse Kaffee mit dem Verfasser der ersten Antwortmail (Zitat: „Ich bin etwas verdutzt…“) abräumen können. Stattdessen wurden gleich mehrere Referatsleiter in den Mailverkehr mit reingezogen. Ich finde das ist schon mehr als eine dumme Idee.

An dieser Stelle einen Dank an Ulf & Philipp für die Behandlung des Themas in der aktuellen Lage. Ich fand es besonders gut, dass ihr die generelle Abhängigkeit der Forschung (und übrigens häufig auch der Lehre) von sogenannten Drittmitteln noch mal so hervorgehoben habt. Und da muss man deutlich sagen, dass ist ein Umstand, den die FDP natürlich nicht geschaffen hat, aber der zu einer FDP-Ministerin passt wie A… auf Eimer.
Gut fand ich auch, dass ihr auf die strafrechtliche Einordnung durch das BMBF eingegangen seid, weil die ja auch hier im Thread kontrovers diskutiert wurde.
Auch was das Krisenmangagement der Ministerin (wenn man es überhaupt so nennen mag) angeht, gehe ich mit Euch mit. Ich habe vorher nichts von ihr gehalten und halte nun noch weniger von ihr.
Ich würde auch die Art und Weise, in der sie den Offenen Brief kritisiert hat und vor allem die Art und Weise wie die Bild-Zeitung das ausgeschlachtet hat, heftig kritisieren. Aber grundsätzlich finde ich schon, dass eine politische Kritik - in diesem Fall am Inhalt des Offenen Briefs - wichtig und berechtigt ist und dass diese auch von einer amtierendenen Bundesbildungsministerin geäußert werden darf.

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Moin Forum, es gab oben Fragen zur Projektförderung, die ich mal versuche einzuordnen mit meinem beschränkten Wissen aus der Forschung:

Die (Unter-)Finanzierung von Universitäten und FHs liegt soweit ich weiß in der Verantwortung der Bundesländer - die darauf auch immer sehr rumreiten. Diesen Schuh braucht sich der Bund (und das BMBF) nicht anziehen. Ich war z.B. immer froh, eine sog. „Landesstelle“ zu haben in der Forschung, da es etwas sicherer war, als ein Drittmittel-Schleudersitz.

Die Drittmittel, also Projektförderung, wird natürlich durch das BMBF vergeben um die politischen Ziele die vom Bundestag vorgegeben wurden umzusetzen. Hier findet aber eine enge Abstimmung mit ForscherInnen z.B. über Expertengespräche und anschließende Projekt-Begutachtungen statt.

Wichtig ist mE, dass hier auch die Wissenschaftsfreiheit nur bedingt als Argument taugt. Der Bund hat politische Ziele und stellt dafür Forschungsgelder zur Verfügung. Diese Ziele sind vom Bundestag (demokratisch legitimiert) über das Haushaltsgesetz vorgegeben und werden vom BMBF als Exekutive umgesetzt. Die Umsetzung ist dann natürlich freier - und das gilt auch für die Forschung: Denn WIE das Ziel erreicht wird, dafür können und sollen die Forschenden ja gerade frei Vorschläge machen.

Für die „freie Forschung“ haben wir zudem ein riesen System der außeruniversitären Forschungsinstitute (HGF, WGL, MPG, FhG) sowie die DFG (ja ich weiß, ist bisserl was anderes). Hier ist die Einflussname des Bundes mehr Kontrolle (sind am Ende ja doch alles Steuergelder und auch Forschende dürfen halt nicht alles tun was sie wollen - siehe FhG letztes Jahr) und nur sehr begrenzt inhaltlich. Und wer rechnen kann, sieht, dass hier mittlerweile auch sehr viel Geld vom Bund ausgegeben wird.

Vorgaben für die Projektförderung ergeben sich aus den Grundsätzen der Bewirtschaftung öffentlicher Gelder ( Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG) und sind eher administrativer Natur. Hier geht es u.a. um den möglichst effektiven Einsatz von Steuergeldern (Minimal- und Maximalprinzip: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Oeffentliche-Finanzen/Haushaltsrecht-und-Haushaltssystematik/das-system-der-oeffentlichen-haushalte.pdf?__blob=publicationFile&v=7) und natürlich gibt es noch 1000 andere Regeln (viel zu viele) wie Beihilferecht (AGVO), Nebenbestimmungen die sich aus dem Haushaltsrecht ergeben (u.a. NKBF, NABF, BNBest)… ist schon ein ziemlicher Dickicht. Aber hier geht es nicht um eine politische Gesinnungsprüfung o.ä.

Die Projektförderung wird m.W.n. zudem nicht Instrument genutzt für „sachfremde“ Erwägung wie Abstufung von bestimmten Profs o.ä… Die Mitarbeitenden im BMBF erlebe ich als fachlich versierte und überwiegend politisch neutrale Überzeugungstäter.

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Wir sollten nicht immer nur das negative (die Ministerin) sehen, sondern auch das Gute an der Geschichte: Eine, in diesem Fall offenbar funktionierende, Ministerial-Bürokratie, die sich gegen solch undemokratische und illiberale Maßnahmen stemmt.

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Was mir etwas zu kurz kommt: der ursprüngliche Impuls, der besagte Brief, wurde von Medien als Brief von ProfessorInnen aufgegriffen. Geht man die Liste durch, und sieht sich die Fachgebiete der Unterzeichnenden an, wird der Brief deutlich homogener. Zudem sind der Großteil der Unterzeichnenden keine ProfessorInnen, sondern bspw. Dozierende aller möglichen Universitäten und Hochschulen.

Während das Verhalten des Ministeriums sehr viele Fragen aufwirft. Aber der Brief selbst ist mE äußerst schwierig und fordert eine maßregelnde Reaktion, zumal der Großteil auch nicht an der FU beschäftigt ist (genauso wie viele der Protestierenden keine Studierenden sind).

Egal in welche Richtung man blickt, man kann leider nur den Kopf schütteln und sich sorgen, wie in diesem Klima freies Studieren und Forschen möglich sein soll.

Das Ganze ist noch nicht vorbei:

[Die über Frag den Staat veröffentlichten Daten] belegen außerdem: Externe Partner des Ministeriums wurden offenbar unter Druck gesetzt, Namen für die umstrittene Liste kritischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu liefern
[…] Die Auswertung des Materials legt nahe, dass die im Ministerium gewünschten Überprüfungen umfangreicher waren, als bisher bekannt - und dass sie mit großem Druck durchgesetzt werden sollten
[…] Kurznachrichten aus Messengerdiensten fehlen bei den bisher veröffentlichten Unterlagen völlig.

Edit:
Hier wird noch eine alternative Quelle ohne Paywall erwähnt:

Was genau ist an diesem Brief zu „Maßregeln“?

Hier geht es vornehmlich um das Grundrecht auf Versammlung, und fast gar nicht um den Naukonflikt. So etwas mit dem Totschlagargument „Antisemitismus“ vom Tisch zu wischen (Wie es nach meiner Erinnerung Frau Stark-Watzinger und gerade wieder Table.Today getan hat), ist geradeaus unseriös!

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Wenn du schon eine Kritik pauschal als „Totschlagargument“ abtust, fände ich es redlich und hilfreich, Quellen zu den entsprechenden Aussagen zu nennen.

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Zumindest in puncto Digitalkompetenz scheint das BMBF keine Peinlichkeit auszulassen. Frag den Staat hatte eine Anfrage zur Fördermittelaffäre gestellt, die das Ministerium zu spät beantwortet hat. Die Ausrede der Ministerin: Die Datei sei mit 33 MB für den Server von Frag den Staat zu groß gewesen, doch laut Frag den Staat

  • zeigt der Logfile eindeutig, dass die Mail den Server des BMBF nie verlassen hat
  • war die Datei nur deshalb so groß, weil das BMBF erst ausdruck, dann auf Papier schwärzt und dann wieder einscannt anstatt digital zu schwärzen
  • bietet Frag den Staat mit jeder Anfrage einen Upload-Link an, damit genau solche Probleme nicht auftreten.
    Quelle: x.com [Post von Frag den Staat]
    Mag in dieser Cause eine Nebensache sein, spricht aber m. E. Bände darüber wie ein Bundesministerium 2024 arbeitet und lügt.
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Würdest Du auch so argumentieren, wenn die Professoren einen offenen Brief unterzeichnet hätten, der die Remigration bestimmter Ausländer fordert?

Ich bin froh den Wissenschaftsbetrieb vor einigen Jahren verlassen zu haben. Nirgendwo sonst in der Gesellschaft habe ich annähernd soviel Antisemitismus erlebt wie an der Uni. Es sind auf alle Fälle nicht nur Einzelfälle gewesen. Dass solche Strukturen auch noch mit meinem Steuergeld gefördert werden, finde ich persönlich einfach zum Kotzen.

Ist das wirklich die gleiche Ebene, wie der Brief, der hier vorliegt?

Ich finde allerdings besonders irritierend, dass es sich um eine liberale Ministerin handelt und ihre Partei an dem ganzen Vorgang scheinbar auch keinerlei Anstoß nimmt. Passt für mich eher bspw. zur Union.

Ich kann mir vorstellen, dass diese Partei schon vor langer Zeit verdrängt hat, dass es eine Bildungsministerin in Deutschland gibt.

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Jein. Der Brief per se ist neutral und daher m.E. im engeren Sinne nicht zu beanstanden. Die berechtigte Frage ist allerdings, wie wir als Gesellschaft (und insbesondere „Linke“) darauf reagieren würden, wenn es rechte Gruppierungen gewesen wären, die die Uni besetzt hätten, um z.B. über „migrantische Gewalt“ zu demonstrieren, wobei Teile davon in schwammigen aber unmissverständlichen Worten eine Remigration gefordert hätten. Hätten die Unidozenten dann auch auf das Versammlungsrecht etc. gepocht? Vermutlich nein.

Wer die Proteste gutheißt bzw. gewähren lässt, muss dies konsequenterweise dann auch bei anderen Themen machen, sonst kann er sich nicht auf Neutralität berufen.

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