Wettbewerbsfähigkeit - kritische Betrachtung

Also ich kann falsch liegen, aber verdanken wir diesem wirtschaftlichen Wettbewerb nicht fast alles an Innovation. Man kann ja mal schauen wieviel Innovation aus dem kommunistischen China kam und wieviel aus dem turbokapitalistischen China.

Dieser wirtschaftliche Wettbewerb stellt sicher, dass wir althergebrachtes Wissen ständig auf den Prüfstand stellen und uns verbessern können. Ohne kompetitive Komponenten sehe ich diese Erneuerung nicht. Wir sehen ja wunderbar wie wenig sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren, in denen es uns sehr gut ging und wir uns kaum um Modernisierung gekümmert haben, getan hat.

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Das hab ich nicht überlesen. Der Punkt war, dass „die Probleme zu lösen“ aber überhaupt nicht auf der Agenda steht, das Wettbewerbsfähig-sein ist der Sinn der Veranstaltung. „Erstmal“ und „Weiterhin“ suggerieren, dass danach etwas anderes kommt. Tut es nicht. Wann sollte das auch sein, Geschäfte machen ist ja nicht irgendwann Out und dann lässt man’s.

Ok also Staatenkonkurrenz ja bitte, aber die negativen Folgen davon abmildern, möglichst verschwinden lassen. Man kennts ja von daheim. In der heiligen sozialen Marktwirtschaft gibt’s halt trotzdem noch Armut, und nicht zu knapp, aber hey.
Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich fast sagen du wünscht dir eigentlich Kooperation statt Konkurrenz. Wäre auf jeden Fall sympathisch.

Ich persönlich sehe Carstens Frage immer noch als unbeantwortet an.

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Das ist ein Strohmann, denn das verlangt und will niemand. Aber wirtschaftlicher Erfolg, auch international, hat wenig mit dem zu tun, was von FDP bis CDU und in Teile der SPD hinein mit „wettbewerbsfähig“ gemeint ist.

Darum hatte ich ja geschrieben „wenn alle anderen Faktoren gleich sind“. Und Subventionen senken zwar die Energiekosten, aber das Geld fehlt dann an anderer Stelle, zum Beispiel im Bildungssystem oder für Infrastruktur. Und das senkt dann in der Folge auch wieder die Wettbewerbsfähigkeit, denn es stehen zum Beispiel weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung. Herstellungskosten sind eben nicht alles.

Mich würde interessieren, warum du z.B. Habeck und die Grünen nicht als „progressiv“ (= „Fortschrittlich“) einschätzt.

Hörte sich für mich anders an:

Aber damit wir weiterkommen Gegenfrage: was wird denn gefordert?

Verstehe nicht ganz, warum du hier immer wieder die FDP und CDU „Definition“ erwähnst. Hier geht es doch explizit um linke Parteien - speziell Scholz und Habeck.

Weil der Begriff nicht verstanden werden kann, ohne seine politische Entstehungsgeschichte zu verstehen. Und die beginnt eben nicht in SPD und bei den Grünen, sondern auf der wirtschaftsliberalen Seite des politischen Spektrums.

Ich denke wenn man den Wettbewerb mit der Donut-Ökonomie kombiniert, könnte etwas nützlicheres daraus werden. Denn ein Wettbewerb sollte einen Rahmen haben. Wie im Sport - wir werden keine bessere Schwimmtechnik entwickeln, wenn das Leistungsschwimmen zu einem Doping-Wettbewerb verkommt.
Ähnlich ist es im Wirtschafts- oder Standort-Wettbewerb, wenn der Wettbewerb darin besteht, Mensch und Umwelt am profitabelsten auszubeuten.
Sonst gibt es zusätzlich zu den Verlierern des Wettbewerbs - also den weiter hinten platzierten, noch die, die immer verlieren, obwohl sie gar nicht am Wettbewerb teilnehmen, weil sie von den Teilnehmern um die Wette ausgebeutet werden.
Ein Textilkonzern ist beispielsweise erfolgreicher im Wettbewerb, wenn er an Arbeitsschutz und Unterbringung spart und ein Land ist erfolgreicher, wenn es das zulässt.
Um den Wettbewerb einzuhegen braucht es globale Mindeststandards. Aber da ist wieder das Problem, dass die Wirtschaftsakteure ihre Macht nutzen um Einfluss auf die Politik aus zu üben, keine solchen Standards einzuführen.

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Für manche mag das zutreffen. Aber nach meinem Wissensstand wünschen sich viele Unternehmen sowas wie ein Lieferkettengesetz, damit eben auch ihre Konkurrenz gezwungen ist, diese Standards einzuhalten und sie selbst dadurch keinen Nachteil am Markt mehr haben.

Ich Sperre mich gar nicht gegen die Idee, dass etwas Besseres als die soziale Marktwirtschaft existiert. Auch wenn ich persönlich skeptisch bin - ich kann mich halt irren. Was aber relativ offensichtlich ist, ist dass wir aktuell nichts besseres haben. Was genau soll man also fordern? Was für eine Reform der internationalen Wirtschaft stellst du dir vor? Und woher weißt du dass sie besser als eine (wahrscheinlich auch nie erreichbare) globale soziale Marktwirtschaft ist?

Genau. Sie wollen nicht im Wettbewerb verlieren, nur weil sich sich an Regeln halten, die aber nicht für alle gelten. Daher hätten sie lieber ein ebenes Spielfeld. Offenbar haben aber die, die unterhalb wünschenswerter Standards operieren, mehr Einfluss. Und in der Textil- oder Energiebranche sind die „guten“ wohl auch eher in der Minderheit (bezogen auf Kapital).

Habe ich auch nicht gesagt, …

Vielmehr ist es aus meiner Sicht so, dass andere Ziele (Klimaschutz, Umverteilung, …) so weit über eine gut laufende Wirtschaft gestellt werden, dass Maßnahmen vorgeschlagen werden, die eine Deindustrialisierung billigend in Kauf nehmen.

Aus meiner Sicht wird dabei aber vergessen, dass eine funktionierende Wirtschaft die Grundlage ist, um nachhaltig in Klimaschutz zu investieren und um etwas umverteilen zu können. Wer soll denn investieren, wenn nicht die Unternehmen? Was soll umverteilt werden, wenn unsere Wirtschaft nichts mehr erwirtschaftet? Jetzt kann man natürlich Schulden rufen, aber ohne eine funktionierende Wirtschaft ist das auch ein Kartenhaus.

Unternehmen investieren hauptsächlich woanders wegen zu viel Bürokratie und wegen des Fachkräftemangels. Keiner hat mit seinen Klimaschutzzielen oder Umverteilungszielen die Intention, die Wirtschaft zu schwächen.

Warum glaubst du, dass Wirtschaft vernachlässigt werden würde?

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Schau dir doch mal die aktuelle wirtschaftliche Lage im Vergleich zu anderen Ländern an, und sprich mit Vorständen und Geschäftsführern von Unternehmen.

Klimaschutz heißt in der EU häufig sehr viel Bürokratie. Die CSRD fordert von Unternehmen extrem viel an Dokumentation. Dabei sagen Unternehmer selbst, dass sie die Zeit diese ganzen Papiertiger zu erstellen lieber nutzen werden um etwas zu machen, das sie wirklich nachhaltiger macht. Bürokratie und Klimaschutz hängen auch zusammen.

Leider werden solche Argumente der Wirtschaft aus meiner Sicht von links zu häufig nur mit „die wollen ja nur mehr Geld verdienen“ abgetan. Wenn man das in die Debatte einbringt, bspw. FDP, gilt man schnell als verlängerter Arm von Lobby-Organisationen :wink:

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Sorry, aber die freiwillige Selbstverpflichtung wurde 16 Jahre gemacht ohne Erfolg. Diese ist nur ein Freifahrtschein nichts zu tun. Dass es der Wirtschaft schlechter geht liegt an den eigenen enormen Mangementfehlern. Die Wirtschaft kann mit mehr Freiheit schlicht nicht umgehen und wird diese nur nutzen um Dinge nicht zu tun in dem Wissen, dass der Steuerzahler schon einspringen wird.

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Das Argument mit dem Managementfehlern trägt aber nicht weit. Oder meinst du in den entwickelten Ländern wurden im Grunde nur in Deutschland viele Managementfehler von tausenden von Entscheidern gemacht? In den anderen Ländern aber überall im Grunde nicht? Klingt sehr unwahrscheinlich und damit nicht plausibel. Also geht es um auch strukturelle und damit zum relevanten Teil um staatliche Themen.

Sprich mal mit Wirtschaftsentscheidern oder höre ihnen zu. Die Analysen stimmen auffällig häufig überein.

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Was glaubst du denn, warum die aktuelle wirtschaftliche Lage so ist wie sie ist?

Natürlich könnte man Klimaschutz besser gestalten. Aber von sich aus wird es die freie Wirtschaft in relevanter Masse wohl kaum tun, sonst wäre es passiert. Also musst du das über Regularien steuern. Dass sowas so unbürokratisch wie möglich sein sollte, sind wir einer Meinung. Aber das geht wohl Hand in Hand mit der Digitalisierung.

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Nö, aber andere Länder lassen Manager über die Klinge springen die Mist bauen. Bei uns telefonieren sie befreundete Vorstände ab und wechseln zum nächsten Unternehmen. Auch die Aufsichtsräte verdienen diesen Namen oft nicht und sind zersetzt von Gönnern und ehemaligen Vorständen.
Es sagt viel aus, dass bis heute Mitarbeiterbeteiligungen unerwünscht und äußerst selten sind. Man scheint sich seine Angestellten lieber fern halten zu wollen, dabei weiß doch niemand besser wo die Probleme im Unternehmen liegen.

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Schon wieder so ein Strohmann Argument. Und zu behaupten, es hätte seitens der Wirtschaft n den vergangenen Jahren gar keine Fortschritte gegeben, ist ja auch einfach falsch.

Nenne ein Beispiel wo die freiwillige Selbstverpflichtung die sich selbst auferlegten Ziele erreicht hat.
Beim Lieferkettengesetz ist es ja recht eindrucksvoll gescheitert und dabei hätte die deutsche Wirtschaft als ganzes profitiert, denn so hätte sie die Bedingungen festlegen können. Jetzt macht es ein Gesetz.

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Ich bin nun wirklich kein Kapitalismus-Verfechter, aber man muss schon anerkennen, dass die letzten hundert Jahre globaler Kapitalismus die Menschheit weltweit in wahrscheinlich jeder Messgröße um Größenordnungen weitergebracht haben (Bildung, Kindersterblichkeit, Lebenserwartung, Armut, etc.) [1]
Das ist so der eine Vorteil von Kapitalismus: er treibt Weiterentwicklung an (mitunter um jeden Preis…)

Das heißt allerdings natürlich nicht, dass das immer so weiter geht und auch nicht dass aus dem System nicht gleichzeitig auch massivste Ungerechtigkeiten und Schäden entstehen.
Die gibt es definitiv und da finde ich die kritische Frage allein schon deshalb richtig, weil man ruhig öfter und konkreter darüber nachdenken sollte, wie man diese (fundamentalen) Probleme lösen kann. Es ist definitiv eine Problem des „kapitalistischen Realismus“, dass sich kaum jemand noch ein anderes System außer der kapitalistischen Realität vorstellen kann. Dagegen hilft es aber auch nicht, die real existierenden Vorteile des kapitalistischen Systems völlig auszublenden.

(Ich schreibe übrigens bewusst vom Kapitalismus und nicht wie andere hier von Marktwirtschaft oder ähnlichem, und zwar aus zwei Gründen: Erstens gibt es sozialistische Theorien, die auch Marktdynamiken beinhalten und zweitens wird gerade der Begriff „soziale“ Marktwirtschaft mMn oft einfach nur als Euphemismus für Kapitalismus verwendet - obwohl die Begriffe nicht das gleiche bedeuten -, da letzterer im Deutschen keine so positive Konnotation hat.)

Studie DAX Union Investment

Auch wenn keiner davon spricht, dass die Lösung ausschließlich eine freiwillige Selbstverpflichtung ist: Diese Grafik zeigt ja, dass es Beispiele für Unternehmen hier schon weiter sind als die Ziele der EU vorgeben.

Auch wenn man sich die Reportings dazu sowie die Zielerreichungen in der Vorstandsvergütung - die fast alle auch CO2 als Ziele haben - anschaut: Es geht insgesamt in die richtige Richtung. CO2-Preise würden das ganze sicherlich noch weiter beschleunigen.