Diese Fälle sind gänzlich unterschiedlich gelagert.
In den ersten beiden Fällen geht es um eine tatsächliche Gefahr, dadurch, dass man öffentlich als Minderheit auftritt, Opfer von gezielter Hasskriminalität zu werden. Das ist eine berechtigte Angst und würde man hier forschen, könnte man vermutlich auch nachweisen, dass die Gefahr, Opfer von Gewalt zu werden, signifikant erhöht ist, wenn man mit einer Kippa durch die Straßen läuft oder als gleichgeschlechtliches Paar in der Öffentlichkeit (völlig legitime) Zärtlichkeiten austauscht.
Der andere Fall ist eine gefühlte Angst, da eben alle Statistiken zeigen, dass es heute nicht gefährlicher ist, als Frau nachts ÖPNV zu fahren, als dies von 20 Jahren der Fall war.
Die Frage ist doch: Wie kommt es zu diesem kollektiven Gefühl?
Im Dritten Reich gab es das „kollektive Gefühl“, dass „die Juden“ im Hintergrund die Strippen ziehen würden und von ihnen eine massive Bedrohung ausgehen würde. Ja, das haben die Nazis (und mit ihnen die meisten Bürger) tatsächlich geglaubt. Warum gab es dieses kollektive Gefühl? Weil Kirchen, Staat und Medien dieses Narrativ verbreitet haben und so ganze Generationen dieses Narrativ für ganz selbstverständlich angenommen haben.
Ein „kollektives Gefühl“ der Angst muss daher nicht richtig sein. Und das ist genau mein Argument: Wie auf dieses „kollektive Gefühl der Angst“ politisch zu reagieren ist, hängt davon ab, wie begründet diese Angst ist. Ist sie, wie beim Antisemitismus-Beispiel aus dem Dritten Reich, nicht begründet, sollte die politische Reaktion natürlich ein massives Gegensteuern sein. Gleiches gilt, wenn sich eine „kollektive Angst“ vor Migranten bildet, weil immer wieder von allen Seiten propagiert wird, wie gefährlich Migration sei. Auch hier muss die Politik Gegensteuern - so viel sollten wir aus dem Dritten Reich gelernt haben.