LdN395 Was wählen wenn die demokratischen Parteien versagen?

Naja, die +13% sind halt der Trend. Und da sehen wir leider, dass während bei den letzten Wahlen vor 4-5 Jahren noch die GRÜNEN die massiven Gewinner in der Jugend waren, dies nun die AfD ist. Gleichzeitig gibt das natürlich auch Hoffnung, denn es zeigt, wie schnell sich der Wind bei den Jungwählern wenden kann - aber er kann eben auch ganz schnell in die ganz falsche Richtung gehen.

Ich hoffe in jedem Fall, dass das vergleichsweise gute Abschneiden (erz-)konservativer bis rechtsextremer Parteien bei den jungen Menschen ein Trend ist, der schnell vorbei gehen wird, befürchte aber, dass da einige junge Wähler heranwachsen, die nicht mehr progressiv sind (wie man es von der Jugend eher erwartet), sondern stark konservativ. Mit Glück mäßigen sie sich und wählen „nur“ noch CDU, aber selbst das ist kein allzu sonniger Ausblick.

Also was die +13% für die AfD bei den Jungwählern vor allem zeigen, ist, wie volatil diese Wählerschaft ist und wie wenig „Parteipräferenz“ dort - gerade im Osten - ausgebildet ist.

Das Volk wählt die Leute aus. Die tun dann teilweise das, wofür sie gewählt wurden bzw. hoffen, wiedergewählt zu werden (in manchen Fällen fast in Echtzeit an Umfragen orientiert). Wer ist dann für das Ergebnis hauptverantwortlich? Natürlich die Wähler. Wer denn sonst?

Beide, Wähler und Politiker/Parteien.

Man muss von Politikern auch erwarten können, sich mal gegen den vermeintlichen Volkswillen zu stellen. Das ist genau das Problem, das wir haben, wenn Scholz plötzlich Anti-Migrations-Wahlkampf macht („Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“). In einer Demokratie gehört es auch dazu, dass Parteien Werte vertreten und diverse Angebote machen - wenn Umfragen nun ergeben, dass ein Drittel der Bevölkerung Migration komplett ablehnt und ein weiteres Drittel dem Thema Migration skeptisch gegenüber steht, kann es nicht sein, dass alle Parteien den „Wir sind gegen Migration“-Zug fahren. Es muss auch Parteien geben, die das Drittel vertreten, dass klar pro Migration ist. Wenn alle Parteien hier der „Mehrheitsmeinung“ hinterher laufen, würde ich fast sagen, kann man nicht mehr von einer Demokratie sprechen, weil dem Wähler dann wortwörtlich die Wahl fehlt.

Politiker müssen auch mal den Mut haben, das Richtige zu tun, auch wenn „das Richtige“ gerade im Volk sehr unbeliebt ist. Es ist auch Aufgabe der Politik und vor allem der Parteien, die Meinungsbildung in der Gesellschaft positiv zu beeinflussen - und dazu gehört es, gegen populäre, aber letztlich kontraproduktive Meinungen klar Stellung zu beziehen und die Wähler davon zu überzeugen, dass diese populären Meinungen falsch sind.

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