LdN 382 Rente mit 63

Ich sehe nur nicht, weshalb das aus den Rentenkasse bezahlt werden soll. Das ist doch ein Fall für das Bürgergeld. Ich weise gerne nochmal daraufhin, dass die Gemeinschaft der Rentenzahler und Rentenbezieher bei weitem nicht deckungsgleich mit der gesamten Gesellschaft ist. Warum soll die Rentenkasse zur Finanzierung von Sozialleistungen herhalten, wenn nicht alle (z.B. Beamte, Ärzte und wer noch alles) dazu beitragen?

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Insgesamt hat die zweite Eigenschaft meines Erachtens weniger mit Solidarität zu tun, als man denken würde.

Wenn Entgeltpunkte zu keinem Unterschied führen, benötigt man das Konzept von Entgeltpunkten nicht. Das Argument für die zweite Eigenschaft kann man in zwei Teile zerlegen:

„Wenn man Entgeltpunkte verwendet, ist es wünschenswert, dass diese zu einem (signifikanten) Unterschied führen“. Wenn man für konstante Renten ist, ergibt das Konzept der Entgeltpunkte nicht viel Sinn und man kann das System vereinfachen.

„Das Konzept von Entgeltpunkten (bzw. einer beitragsbezogenen Rente) sollte existieren“. Wenn ich das richtig einschätze, ist dies der kritische Punkt. Ein wichtiges Argument ist, dass es auch ohne Entgeltpunkte die Möglichkeit gibt, Einkommen/Vermögen in die Zukunft zu verschieben, zum Beispiel über private Vorsorge. Ich denke, dass es zumindest das Angebot von staatlicher Seite zur Altersvorsorge geben sollte, weil man hier mMn ein besseres Angebot als private Unternehmen machen kann (insbesondere kann man sich die staatliche Förderung dieser privaten Produkte dann sparen). Ob man dazu verpflichten sollte, wie im aktuellen System, ist nochmal eine andere Frage.

Aus welcher Kasse das bezahlt wird, spielt für die Frage erst einmal keine Rolle. Es geht um die Leistungen auf individueller Ebene und die Gesamtbelastung durch diese Leistungen. Im aktuellen System wird die Grundsicherung im Alter auch nicht aus der Rentenkasse bezahlt. Trotzdem ist es ein durchaus relevanter Vergleich den Leistungsumfang von jemanden, der nicht in das System eingezahlt hat (0 Entgeltpunkte), mit jemandem zu vergleichen, der Entgeltpunkte in dem System gesammelt hat.

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So, zu den ganzen theoretischen Überlegungen hier mal ein Bericht aus der Praxis:
Ich gehöre zu den bösen Ausnutzern, die nach nur 48 Jahren Vollzeitarbeit mit 63 Jahren und 2 Monaten in Rente gegangen sind. Von dieser Zeit habe ich 44 Jahre, meist im 3 Schichtsystem in der Plege gearbeitet (die meiste Zeit auf der Intensivstation). Ich war sehr froh über mein „Rentengeschenk“. Die letzten Jahre sind mir nämlich sehr schwer gefallen. Man merkt, dass die körperliche Leistungsfähigkeit nachlässt, die Anforderungen bleiben jedoch gleich.
Wenn weiterhin alle Berufe über einen Kamm geschoren werden, kann ich nur jedem jungen Menschen abraten einen Pflegeberuf, oder einen anderen körperlich schweren Beruf zu ergreifen. Ihr werdet mit Rentenkürzungen belohnt werden, wenn ihr nicht bis zum Schluss durchhaltet.

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Wie wäre es denn, wenn man Rente, die unterhalb der Grundsicherung liegt, als „Hinzuverdienst“, ähnlich dem Zuverdienst im Bürgergeld bewertet (Stichwort: Negative Einkommensbesteuerung)? Denn nüchtern betrachtet handelt es sich um genau das, Auszahlungsansprüche (Einkommen) aus geleisteten Beiträgen.

Natürlich müssten die Anteile der Rente, die zusätzlich zur Grundsicherung behalten werden können, anders berechnet und der Übergang zu einer Rente, die gerade noch über Grundsicherung liegt sinnvoll gestaltet werden.

Etwas zynisch, aber nachvollziehbar. :wink:

Aber offenbar entsteht schon der Eindruck, das man in unserer Gesellschaft keinen Wert mehr hat wenn man nicht arbeitet, und man sich gerne die Ausgaben „Nicht-Arbeitender“ sparen bzw reduzieren will.
Und dabei die Komplexität des Themas völlig ausblendet.

Um das nochmal klarzustellen: Mich stört nicht, dass es dieses „Rentengeschenk“ gibt, sondern, die Art und Weise wie es ausgestaltet ist. Zum Beispiel könnte man einfach 3 Entgeltpunkte schenken, wenn 45 Versicherungsjahre erreicht sind. Dann hättest du dir selbst überlegen können, ob du noch weiter arbeitest (und damit Geschenk + weiteres Einkommen hast) oder mit ähnlichem Bonus, abhängig vom Einkommen, in Rente gehst.

Mit welcher Begründung denn? Warum soll die Dauer der Einzahlung anders als die Höhe der Einzahlung gewertet werden?

Die 45 Jahre können ja sogar in Teilzeit erreicht werden.

Ein Student, der neben dem Studium gejobbt hat, kann die 45 Jahre erreichen, obwohl er in der Zeit nur sehr geringe Rentenbeiträge eingezahlt hat.

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Was ist deiner Meinung nach denn eine gute Alternative? Wenn man es nur auf Grundlage der Höhe macht, ist es proportionale Bezuschussung. Beim Corona-Bonus hat man auch jedem 300€ gegeben und nicht jedem 30% Zuschlag. Wenn Versicherungsjahre nimmt, ist es ein absoluter Zuschlag pro Versicherungsjahr.

Siehe dieser Post für eine Begründung.

Das gleiche gilt für die aktuelle Rente mit 63. Da enablen diese Jahre mit geringer Einzahlung, dass alle Einzahlungen proportional bezuschusst werden. Um dem Punkt mit sehr geringen Rentenbeiträgen entgegenzuwirken, könnte man es wie bei den Grundrentenzeiten machen, wo es erst ab 0,3 Entgeltpunkten angerechnet wird.

Ja, das war eine überproportionale Bezuschussung kleinerer Einkommen, das kann man damit begründen, dass die Inflation kleine Einkommen überproportinal belastet hat. Aber was hat das mit der Rente zu tun? Warum habe ich einen anderen Anspruch, wenn ich 15 Jahre Vollzeit arbeite als jemand der 45 Jahre eine Drittelstelle hat? Das konntest du auch mit dem Inflationsausgleich nicht begründen. Die Rentenversicherung hat auch keinen Vorteil durch eine lange Einzahlungsdauer, es zählt alleine die Höhe der Einnahmen. Durch das System der Rentenpunkte muss auch der Zeitwert der Einzahlungen nicht berücksichtigt werden.

Ich sehe aktuell wirklich das Problem, dass die Anreize zu arbeiten zu gering werden könnten, wenn an allen Ecken und Enden überdurchschnittliche Einkommen überproportional zur Kasse gebeten werden.

Dank der Einkommenssteuerprogression zahle ich überproportional Steuern, in der Krankenkasse zahle ich den Höchsbetrag und bekomme die gleichen Leistungen wie jemand, der nicht oder nur sehr wenig einzahlt. Ich bezahle den Höchstbeitrag für die Krippe (6.000€ im Jahr), bekomme die gleichen Betreuungsbedingungen wie jemand, der seine Kinder kostenlos betreuen lassen kann.

Mit den meisten Maßnahmen bin ich ja auch total einverstanden. Ich habe aber etwas dagegen, wenn auch noch mit der Rentenversicherung Sozialpolitik betrieben werden soll, dafür gibt es bereits andere Einrichtungen. Für die Politk ist es natürlich attraktiv, der Rentenversicherung weitere Aufgaben zu übertragen und die Beitragszahlenden finanziell zu belasten, weil sie dafür kein Geld finden müssen. Klar gibt es den Bundeszuschuss, aber wie wir aktuell sehen, ist der Verhandlungsmasse. Und der normale Wähler blickt sowieso nicht mehr durch. Auch, dass es große Gruppen gibt, die nicht in die Rentenversicherung einzahlen scheint nicht allgemein bekannt zu sein, sondern man kennt halt nur die gesetzliche Rente - das geht auch hier im Forum regelmäßig unter. Jede Bevorzugung kleinerer Rentenansprüche muss ich letztlich privat kompensieren.

Gleichzeitig sehe ich im Bekanntenkreis, wie Gutverdienende und Vermögende reihenweise die Rente mit 45 Beitragsjahren in Anspruch nehmen und zwischen Kreuzfahrten, City-Trips und Strandurlaub kaum noch Zeit finden. Das widerspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden, da dieser Zuschuss natürlich die Rentenkasse belastet. Ich gönne jedem eine vernünftige Rente, mit der er oder sie ein vernünftiges Leben leisten kann. Aber es muss alles finanziert werden.

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Ja, die Idee mit den 3 zusätzlichen Rentenpunkten nach 45 Jahren finde ich auch in Ordnung.

Ich denke darum geht es ja.

Darauf wird es vermutlich hinauslaufen. Natürlich wird das ganze dann nur von den „starken Schultern“ getragen. Also allen, die mehr als 50k Brutto im Jahr verdienen. Bei den richtig reichen Menschen wird schon nichts passieren.

So pauschal würde ich dem nicht zustimmen, weil die Wertentwicklung möglicherweise als zu gering eingeschätzt werden kann.

Das Anreizproblem ist am größten im geringen Einkommensbereich, weil man kaum bessere Leistungen als die Grundsicherung bekommt. Im aktuellen System gibt es eine proportionale Bezuschussung im Rentensystem (wovon hohe Renten am stärksten profitieren). Zusätzlich gibt es den Effekt, dass Lebenerwartung mit Einkommen korreliert, daher profitieren überdurchschnittlich hohe Einkommen zusätzlich überproportional.

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Dafür haben wir ja die Beitragsbemessungsgrenze.

Die liegt bei 90.600 brutto im Jahr.

Das gilt aber nur für die Rentenversicherung. Mein Beitrag bezog sich auf die generelle Abgabensituation. Bei den Rentenansprüchen sehe ich es aber auch so, dass Rentenansprüche nicht 1:1 mit dem Bürgergeld verrechnet werden dürfen. Wer eingezahlt hat, sollte mehr bekommen, als jemand der nicht eingezahlt hat.

Der eine Punkt ist, dass der Staat für die Grundsicherung aufkommen muss. Das gilt genauso für den Obdachlosen im Alter, der immer nur Gelegenheitsjob hatte, wie auch den selbständigen Berater, der nie wo eingezahlt, aber immer über seine Verhältnisse gelebt hat.
Die zweite Frage ist, wie viel mehr.
Soll wirklich der, der immer über oder an der Beitragsbemessungsgrenze verdient hat, das vierfache bekommen von dem, der immer Mindestlohn verdient hat? Man muss ja auch sehen, dass der mit Mindestlohn nie ernsthaft sich einen Kapitalstock aufbauen konnte.
Außerdem käme doch keiner auf die Idee, jetzt eine bessere Krankenversorgung oder ein Einzelzimmer im Altenheim zu fordern, nur weil er mehr Beitrag geleistet hat als sein Nachbar oder seine Ehefrau.

Zu diesen Zweck würde ja die Grundrente eingeführt.

Mit der neuen Grundrente ergeben sich auf Basis der Werte für Juli 2024 nach 45 Jahren Arbeit in Vollzeit, zum gültigen gesetzlichen Mindestlohn von 12,41 Euro, rund 1.129 Euro Rente (nach Sozialbeiträgen). Ohne die vorgesehene Grundrente wären es nur 884 Euro.

Die Höchstrente (90 Rentenpunkte, 45 Jahre oberhalb der derzeitig ca. 90.000 Euro Bruttoverdienst) liegt derzeit bei 3538,30 Euro.

Ich finde jedoch, wie oben beschrieben, ein „Rentenhinzuverdienstmodell“, dass Renten nicht 100% auf die Grundsicherung abrechnet, sinnvoller.

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Könntest du dazu einen etwas konkreteren Vorschlag machen, also zum Beispiel eine ungefähre monatliche Rente in Abhängigkeit der Entgeltpunkte angeben? Insbesondere ist relevant, wie viel man pro Entgeltpunkt im Vergleich zum Status quo mehr an Rente bekommt. Es macht einen sehr großen Unterschied, ob das 10€ monatliche Rente oder 30€ sind und „Hinzuverdienstmodell“ kann beides heißen.

Ja, er hat ja auch entsprechend mehr eingezahlt! Wie gesagt, in meinen Augen sollte die Rentenversicherung nicht (noch mehr als sowieso schon) zur Umverteilung genutzt werden. Dafür gibt es Steuern und die sozialen Sicherungssysteme, mit denen das fairer und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfolgen kann.

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