Hr: Buermeyer zieht den Hut

In LdN 398 zieht Hr. Buermeyer zum wiederholten Mal den Hut. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn es dabei nicht um die Tötung und Verstümmelung von Menschen ginge.
In der Lage wird auf Ausdruck geachtet. Nun bei den tötungen im Iran und bei den Pager-Detonationen aber einen Ehrerbietung, denn das Hutziehen ist eine solche, zum Ausdruck zu bringen, ist mir unverständlich. Der ‚Chapeau!‘ kann sogar Freude über jemanden oder eine Leistung ausdrücken. Ich finde den Begriff im Zusammenhang mit dem Tot von Menschen und Verstümmelungen nicht glücklich. Es sei denn, er entsprigt eine Haltung, die solche Handlungen gutheissen.
Ich bezweifle, dass Hr. Buermeyer Töten und Verstümmel gut heisst. Der Bericht endet ja auch mit dem Vermerk, es könnte sich um Terrorismus handeln.
Ich würde aber den Hut ziehen, wenn sich Hr. Buermeyer seiner Rolle und seiner Reichweite bewusst ist, und vielleicht den Hut bei passendere Gelegenheit zieht.

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Ich musste an der Stelle zugegebenermaßen auch kurz schlucken.

Die Frage bei solchen Dingen ist immer:
Kann man die „technische“ Bewertung von der „moralischen“ Bewertung trennen?

Kann man „Respekt“ vor der technisch besonders „starken“ Durchführung von massiven Kriegsverbrechen oder Terrorismus haben oder muss man diese „Leistungen“ wegen der damit verbundenen, sehr negativen, moralische Bewertung zwangsläufig auch schlecht reden?

Also darf man darauf verweisen, dass der Genozid an den Juden eine bürokratische Mammutaufgabe war, die - leider - extrem effizient gelöst wurde? Darf man darauf verweisen, dass die Terroranschläge des 11. September - so perfide sie auch waren - eine hoch-komplexe Organisation bedurften? Dürfte man bei einem Scharfschützen, der einen Politiker aus 2000 Meter Entfernung mit einem Kopfschuss töten würde, davon sprechen, dass es ein „meisterhafter Schuss“ war (der es zweifellos wäre). Wenn der Politiker Hitler wäre, würden wir das wohl ohne Frage anerkennen, wenn der Politiker Obama gewesen wäre, würden wir uns vermutlich schwer damit tun.

Ich glaube, hier fällt schon auf, dass uns das bei „abstrakten“ Sachverhalten wie dem Scharfschützen etwas leichter fällt als bei Sachverhalten mit realen Todesopfern, weil wir bei realen Sachverhalten die Ebene der moralischen Bewertung noch stärker mit der Ebene der technischen Bewertung verbinden.

Unter’m Strich würde ich sagen, dass man exzeptionell starke technische Leistungen durchaus ansprechen und hervorstellen darf, man dies aber immer im Kontext einer Gesamtbewertung tun sollte. Das war hier zumindest, wie du selbst anmerkst, der Fall, denn die moralische Bewertung war ja durchaus nicht positiv. Ich stimme dir aber auch zu, dass „Chapeau“ vielleicht eine zu starke moralische Ebene im Hinblick auf die Gewünschtheit des Ergebnisses bzw. des Respekts vor dem Akteur hat. Ich würde daher eher dazu tendieren, moralisch neutral von einer „technischen Meisterleistung“ zu sprechen, da dies m.E. weniger moralische Implikationen beinhaltet als der Ausdruck „Chapeau“, da „den Hut vor jemanden ziehen“ eben immer auch eine Respekterweisung vor der Person ist. Allerdings bin ich mir bewusst, dass man das auch anders sehen kann.

Ansonsten muss man immer daran denken, dass der Podcast nicht „mit Skript“ aufgenommen wird, sodass es schon Mal vorkommen kann, dass man sich im Register vergreift. Das ist der Preis für eine „natürliche“ Präsentation des Podcasts im Vergleich zu einem vorgelesenen Skript.

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Ich finde es erschreckend, wie schnell bei solchen Abstraktionen und Vergleichen der kategoriale Unterschied zwischen einem gezielten und bewusst gerade nicht tödlichen Angriff auf militärische Ziele (über den man gerne streiten kann) und wahllosen Massenmord aus niederen Motiven verschwimmt.

Diese Unterscheidung tut bei dieser Frage nichts zur Sache.

Allenfalls könnte man argumentieren, dass bei Kollateralschäden noch ein geringerer Maßstab angesetzt werden kann, also eine „positive“ Bewertung der technischen Seite unproblematischer sei, aber selbst wenn man diese Argumentation vertritt, sind die Extrembeispiele nützlich, um die abstrakte Frage nach der Trennung zwischen moralischer und technischer Seite zu diskutieren.

Du interpretierst hier hingegen vermutlich wieder eine böse Absicht hinein, wenn du davon sprichst, dass du es „erschreckend“ findest. Das droht wieder, den gesamten Thread zu derailen. Insofern sage ich ganz klar, dass wir hier den Unterschied zwischen absichtlicher und nicht-absichtlicher Tötung nicht diskutieren werden, das können wir in den dutzenden anderen Threads tun. Das wird hier nicht zum nächsten Nahost-Diskussionsthread derailed…

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Genau das finde ich erschreckend. Aus meiner Sicht ist es ein kategorialer Unterschied, ob ich darüber rede ob ein militärischer Angriff in einzelnen Aspekten positiv bewertet werden könnte oder ob ich das auf einen geplanten Massenmord an Unschuldigen beziehe.
Und bevor du wieder irgendwas in meine Aussagen reininterpretierst, was ich nie gesagt habe, wäre ja vielleicht mal Zeit zu überlegen, ob und wozu es solche Vergleiche überhaupt braucht. Das würde ich mir jedenfalls wünschen.