Antisemitismus erkennen

Dazu kann man gar nicht genug machen. Die judenfeindlichen Stereotypen reichen tief und werten oft nicht erkannt - was ich verheerend finde. Ein Beispiel: Der Rat der Stadt Bamberg verabschiedet einstimmig eine Resolution „Solidarität mit Israel“, in der man folgende Passage findet:

In besonderer Weise stehen wir aber auch Seite an Seite mit allen Jüdinnen und Juden hier bei uns in Bamberg. Viele von Ihnen machen sich Sorgen, weil Sie nicht wissen, wie es den Familienangehörigen und Freunden in der Heimat geht.

https://www.stadt.bamberg.de/Schnellnavigation/Nachrichten/Stadtrat-verabschiedet-Resolution-Solidarität-mit-Israel-.php?object=tx,3481.6.1&ModID=7&FID=3481.19457.1&NavID=3481.273&La=1&kat=329.1161

Will sagen: Die Jüdinnen und Juden leben in Bamberg, wählen hier auch den Stadtrat, aber ihre eigentliche Heimat ist Israel. Solche Statements von politischer Seite machen mich einfach nur traurig und wütend!

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Das hätte ich dann doch gern belegt.
Auf dem allgemein bekannten Foto ist das nicht zu lesen.

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Eins der wichtigsten Merkmale von Antisemitismus ist sicherlich, jüdischen Menschen die Schuld für Anfeindungen gegen sie zu geben. Genährt wird das aus dem Gruppendenken, wonach einer erkennbar anderen Gruppe negative Merkmale zugeschrieben werden. Da muss man nur an die Robbers-Cave-Experimente denken. Jeder kann leicht in eine solche Denkfalle tappen. Das ist leider weltweit verbreitet.
Seit über hundert Jahren reiben sich Viele an der zionistischen Staatsgründung. Dabei muss man bedenken, dass das antike Israel durch die Römer zerschlagen wurde. Nach den jüdischen Aufständen in den 70er und 130er Jahren n.u.Z. wurde die jüdische Oberschicht und Stadtbevölkerung vertrieben. Wenn man sagt, „weggegangen, Platz vergangen“, bliebe dieses Unrecht ewig bestehen. Die Folgerung wäre: „Ich muss nur jemanden vertrieben, dann darf der nie wieder zurückkehren!“ Das kann nicht sein. Ein vertriebenes Volk sollte das Recht haben, wieder dorthin zurückzukehren, von wo es vertrieben wurde - zumal kontinuierlich jüdische Landbevölkerung in „Palästina“ von der Antike bis ins 20. Jh. gelebt hatte und die Diaspora immer die Bindung an dieses - und kein anderes - Land kulturell tradiert und bewahrt hat. Da zwischenzeitlich aber Andere sich dort ansiedelten, die dadurch ebenfalls ein Heimatrecht erwarben, drängt sich die Notwendigkeit für einen Interessenausgleich auf. Hier muss die Konfliktlösung gesucht werden: Anerkennung berechtigter Ansprüche beider Seiten, Schadensersatz, Versöhnung.

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Thunberg verweist in ihrem Post unter anderem auf den Instagram-Kanal „Palestinespeaks“ für weitere Informationen. Dort findet man so einiges an Statements. Von dem Account kam ja auch Thunbergs Aufruf zum Generalstreik.
Ich gehe davon aus, dass sie schon viel Feedback bekommen hat. Wenn es ein Versehen oder einfach unbedacht war, hätte sie es raus nehmen können. Tut sie aber nicht, also muss man es ernst nehmen.
Und mit bald 21 Jahren gilt auch kein „ Welpenschutz“ mehr.



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Es ist schon ein Unterschied, ob jemand etwas schreibt, oder einen link postet, wo diese Aussage unter anderem zu finden ist.
Dass sie hier eine schwierige Position vertritt, habe ich an anderer Stelle bereits ebenfalls vertreten. Man sollte aber vorsichtig sein, was man ihr in den Mund legt. Das war klar eine Falschaussage von dir. Darauf eine Argumentation aufzubauen ist unredlich.

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Würdest du mit derselben Begründung auch Sudeten/ wieder haben wollen?
Incl. Vertreibung der jetzt dort lebenden Menschen.

Ich will das hier anmerken, weil mich die Debatte wie hier geführt teilweise wirklich wütend macht. Große Teile meiner Familie sind dem Holocaust zum opfergefallen, waren in Auschwitz oder im Warschauer Getto sie sind gestorben als Juden aber es waren Menschen. Sie waren keine Zionisten und verurteilten ihn aus Angst er würde zur Aberkennung ihrer Identität und Nationalität als Ukrainer führen und letztendlich zu ihrer Vertreibung als ungewollte Minderheit ins heutige Israel, (einer der größten Faktoren die zur Gründung Israels führten war Antisemitismus, verknüpft mit der Hoffnung man würde die Juden loswerde) aber auch verurteilten sie ihn als Siedlerkolonialismus der in heutigen Worten die Menschenrechte der Palästinenser missachtet und zwangsläufig verletzt. Es macht mich wütend heute ihr Menschsein in Statistiken auf ihre Religion reduziert zu sehen es macht mich wütend, ihren Tot instrumentalisiert zu sehen, für einen Staat den sie abgelehnt hätten. Sie haben einen Judenstern getragen und heute macht die Israelische Regierung aus ihrem Leid Politik.

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Also, ich könnte die Sudetendeutschen gar nicht „wiederhaben“ wollen, weil ich - übrigens Nachfahre sudentendeutscher Flüchtlinge - kein Tscheche oder Pole bin, wo ggf. Zusammenrücken angesagt wäre. Die Konstellation ist auch eine unvergleichbar andere: Sie wurden vertrieben und sind geflohen - nach Deutschland, in eine bestehende Nation, in der sie Zuflucht und Schutz finden konnten, wo ihnen keine Pogrome drohten und drohen, wo sie allgemein akzeptierter Teil der Bevölkerung wurden, so dass im Alltag gar nicht die Frage nach der Herkunft aufkommt.
Wenn es um Restitution für damals verlorenes Eigentum gehen sollte, möchte ich erst mal erläutert haben, inwieweit Deutschland zu Reparationen für all die u.a. an Polen und Tschechen begangenen Verbrechen bereit ist. Danach, wenn also Billionen der Wiedergutmachung geflossen sind, kann meinetwegen darüber verhandelt werden, inwieweit die Vertreibung der osteuropäischen Deutschen nach dem 2. Weltkrieg Unrecht war und wie eine Wiedergutmachung aussehen könnte. Wer jetzt schon zurück will, kann im Rahmen der innereuropäischen Freizügigkeit jederzeit seinen Umzug planen und durchführen. Eine Staatsgründung ist dort selbstverständlich nicht nötig, denn es gibt, wie gesagt, bereits einen deutschen Staat als Zufluchtsort für den Fall der Fälle.
Warum eigentlich gleich vollständige (brutale) Vertreibung? Umsiedlung findet selbst hier statt, wenn z.B. ein Kohletagebau geplant wird (wurde); dann müssen Ortschaften weichen, weil ein übergeordnetes Interesse besteht. Landkauf ist auch eine Möglichkeit; der Preis sollte dann so hoch sein, dass am neuen Ort der Aufbau einer guten Existenz möglich wäre.
Besser vergleichbar hielte ich die Sinti und Roma, wobei die leider vergessen haben, woher sie ursprünglich kamen (ich vermute, dass es sich um ungebildete Landbevölkerung handelte, die intellektuell-organisatorisch nicht in der Lage war, historisches und kulturelles Wissen zu tradieren). Wenn das bekannt wäre, wäre ich dafür, dass sie dorthin zurück könnten und einen eigenen Staat bilden dürften, damit ihre jahrhundertelange Entrechtung ein Ende fände.
Bis auf Weiteres sind Nationen/Staaten der letzte Rückhalt, wenn Grund- und Menschenrechte mit Füßen getreten werden und niemand einem Schutz gewährt. Völker, die keinen Staat haben, sind Spielball anderer Nationen und deren Willkür ausgesetzt.

Die Sudetendeutschen wurden vertrieben, weil sich Russland im Norden einen Teil Polens genommen hat.
Deutschland musste dann im Süden Ausgleichsfläche abgeben und so wie Russland im Norden die Polen vertrieb, mussten im Süden die Deutschen weichen.
Die Frage nach deutscher Reparation ist also eine ganz andere Baustelle als die Grenzfrage.
Polen war übrigens von 1795 bis 1918 vollständig von der Landkarte getilgt. Auch Hitler und Stalin wollten Polen unter sich aufteilen und damit in ihre Länder eingliedern.
Auch davor war Polen im Mittelalter zerschlagen worden und durch deutsche Siedler wurde versucht, es Deutschland einzugliedern. Polen hat eine sehr wechselhafte Geschichte und weiß im besonderen was es bedeutet einen eigenen Staat zu haben.

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Ich fände es schön, hier wieder zum Thema zurückzukommen: Das Erkennen von Antisemitismus.
Vielleicht verschiebt ihr die Debatte zu den Deutschen in der Tschecholslowakei in einen anderen Thread?

Ich wollte die Debatte gar nicht in diese Richtung lenken, sondern eher darauf aufmerksam machen, dass man keinen historischen Anspruch auf Gebiete ableiten sollte, nur weil man irgendwann von dort vertrieben wurde.

Das heißt nicht, dass ich Israel das Existenzrecht absprechen wöllte, aber man sollte dieses Existenzrecht von heute nicht mit Besiedlung und Vertreibung von vor 2000 Jahren begründen.

Denn sonst könnten noch andere ehedem vertriebene Völker auf die Idee kommen, mit derselben Begründung einen eigenen Staat im alten Siedlungsgebiet haben zu wollen.

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Thunberg postet selber Bilder von sich, auf denen „Free Palestine“ gefordert wird. Dann ruft sie in ihrer Story zum Generalstreik auf. Diesen Aufruf hinterlegt sie mit einem Link zu dem Kanal „Palestine speaks“. Dort wird der Terror der Hamas als Befreiungsaktion gefeiert und „from the river to the sea“ gefordert.

Sie wurde mehrfach gebeten, sich von dem Kanal zu distanzieren und sich nicht mit den Forderungen gemein zu machen. Tut sie aber nicht. Also nehme ich sie ernst, was ich nicht für unredlich halte.

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Ein kleiner Exkurs, um mal einen Punkt zu verdeutlichen ist ja auch völlig ok. Ich wollte nur verhindern, dass der Thread völlig derailed.
Auf Deinen Einwand würde ich gerne noch entgegnen, dass der Verweis auf die jüdische Geschichte in der Region ja zumindest hier nur eine Antwort auf den Claim war, die arabische Bevölkerung sei quasi zuerst dagewesen. Ich halte generell wenig von solchen Argumenten, aber wenn man sie kritisiert, sollte das auch für alle gelten. Dann muss man m. E. auch darauf reagieren, dass diese spezifische Variante des Kolonialismus-Diskurses bei Israelhasser:innen ziemlich hoch im Kurs steht.

@der_Matti Wenn du das Beispiel Thunberg nicht gut findest bzw. die Grenze zum Antisemitismus nicht überschritten siehst, ist das völlig ok für mich.

Mich würde aber mal interessieren, ob dir ein Beispiel einfällt, an dem man besser diskutieren könnte.

Der Account von FFF International taugt durchaus dafür.
Grundsätzlich: Wer eine Linie von der Weltverschwörung in George Soros und Bill Gates zum israelischen Staat schlägt, dürfte sich anrechnen lassen müssen, sich antisemitisch zu äußern.
Die meisten in der Öffentlichkeit werden aber vorsichtig genug sein, dass ihre Aussagen nicht eindeutig zuzurechnen sind.

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… Abs. gel. Mod. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/heimat-integration/expertenkreis-antisemitismus/expertenbericht-antisemitismus-in-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=8

Lieber Ulf, Lieber Philipp,
Ich möchte ein paar Worte zu euren Beiträgen zum Krieg in Gaza, der Rolle Israels und auch der Kritik an Israel verlieren.
Ich möchte das Leid der Menschen in Gaza mit meinem Beitrag hier überhaupt nicht kleinreden, und dafür, dass so viele Menschen leiden und sterben, ist Israel auch zu kritisieren.
Dennoch hätte ich mir in euren Beiträgen eine klarere Abgrenzung von antisemitischen Positionen gewünscht und eine differenziertere Betrachtung der speziellen Lage, in der Israel sich befindet, gewünscht.
Meiner Meinung nach kam es zu kurz, dass Israel es ausschließlich mit Feinden zu tun hat, die sich offen dazu bekennen, Israel von der Landkarte tilgen zu wollen, und offen bekennen, Israel zu hassen.
Zudem hat die Strategie der Hamas, militärische Stützpunkte gezielt in Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen einzubetten, auch eher wenig Beachtung erhalten. In dieser extremen Situation gelang es dem israelischen Militär, ein Verhältnis von 1:1 von getöteten Kombattanten und Zivilisten zu erreichen. In Konflikten wie diesen ist ein Verhältnis von 1:9 üblich.
Quelle hierzu: Israel Has Created a New Standard for Urban Warfare. Why Will No One Admit It? | Opinion - Newsweek

In Anbetracht dieser Tatsachen finde ich eine ganz klare Abgrenzung zu dem Vorwurf an Israel, einen Genozid zu begehen, absolut notwendig. Israel verfolgt definitiv die Absicht, die palästinensische Bevölkerung auszulöschen.
Diesen Vorwurf an das einzige Land der Welt zu erheben, in dem Juden sicher leben können, ist mehr als zynisch. Hier erwarte ich von einem Journalismus wie eurem eine ganz klare Abgrenzung. Diese war meiner Meinung nach deutlich zu waschig.

Ein sehr zu empfehlender Beitrag zum Vorwurf des Genozids ist hier zu finden:

Viele Grüße
Janina

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